Seit 1. April darf unter bestimmten Umständen in aller Öffentlichkeit Cannabis geraucht werden. Auch in Überlingen. Ein flächendeckendes Verbot, mit dem die Stadt die Freiheiten des neuen Cannabisgesetzes aushebeln wollte, ist vom Tisch. Der Gemeinderat korrigierte in seiner Sitzung am Mittwoch eine Änderung der städtischen Polizeiverordnung.
Die Sorge, dass sich jemand am Gestank eines Joints stören könnte, äußerte Oberbürgermeister Jan Zeitler nach wie vor. Es sei das Bemühen „um die beste Lösung für die Stadt“ gewesen, als der Gemeinderat im Juni beschlossen hat, den Konsum von Betäubungsmitteln (BTM) in der Öffentlichkeit über die städtische Polizeiverordnung verbieten zu lassen. Nicht bedacht wurde dabei, dass Cannabis gar nicht mehr als Betäubungsmittel gelten könnte.
Anwalt rät zum Abwarten
Mittlerweile ließ sich die Stadtverwaltung von einem Fachanwalt beraten und erhielt die Auskunft, dass es besser sei, mit eigenen Regeln, die über das Gesetz des Bundes hinausgehen, abzuwarten. Manfred Schlenker, der für die öffentliche Ordnung zuständige Fachbereichsleiter im Rathaus, empfahl dem Gemeinderat daher, „noch von einem flächendeckenden Verbot des Cannabiskonsums abzusehen“. Die Betonung liegt auf „noch“. Auf Grundlage weiterer Beobachtungen sei es denkbar, in der städtischen Polizeiverordnung „konkrete Regelungen“ aufzunehmen die – so die Erwartung – dann auch rechtssicher sind.
In der Sache einig, im Grundsatz nicht
Der Gemeinderat stimmte der Empfehlung mit großer Mehrheit zu, war sich in der Bewertung des Vorgangs aber uneins. Ralf Mittelmeier (FWV-ÜfA), hält den neuen Beschluss für richtig und verwies auf jüngere Mitglieder seiner Wählervereinigung, die meinten, „dass es ja nicht sein kann, dass wir in einer Verbotsgesellschaft leben“. Dem gegenüber signalisierte Andrej Michalsen (LBU/Grüne), dass er sich ein flächendeckendes Verbot wünsche, weil er die Beschränkungen im neuen Cannabisgesetz für nicht kontrollierbar hält.
Benedikt Kitt, ebenfalls LBU/Grüne, hält Alkohol für viel gefährlicher und findet, dass man im gleichen Zug genauso über ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen debattieren könne. Kitt: „Alkohol ist die gefährlichere Droge als Gras.“ Dem widersprach Sonja Straub (CDU), die Cannabis als „Einstiegsdroge“ bezeichnete, „die Kindern ein Matschgehirn macht“.