Autofahrer haben sie im Fußbereich, um Unfälle zu verhindern. Zumindest symbolisch gibt es eine Bremse auch in der Politik, und zwar für den Immobilienmarkt. Hier ist sie eine Maßnahme, um den Anstieg von Mieten zu verlangsamen. Bislang galt die Mietpreisbremse nur für Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt, Landesregierungen legten per Verordnung und Kriterienkatalog fest, welche Kommunen darunter fallen. In der Bodenseeregion sind das unter anderem Friedrichshafen und Überlingen.
Aber auch in kleineren Gemeinden gibt es einen angespannten Wohnungsmarkt. Im Bodenseekreis sind Neuvertragsmieten fast ein Drittel oder mehr über der ortsüblichen Vergleichsmiete, wie der SÜDKURIER in einer Analyse veröffentlichte. Der Mieterbund Bodensee brachte deshalb die Idee ins Spiel, dass eine wirksame Mietpreisbremse auch für Gemeinden greifen sollte. Und was sagen die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden dazu?
Bermatingen hoch im Kurs
Das größte Gefälle zwischen Bestandsmieten und Angebotsmieren besteht im Bodenseekreis in Bermatingen. Hier liegt die Bestandsmiete bei durchschnittlich 7,63 Euro pro Quadratmeter, die Angebotsmiete bei etwa 12,63 Euro. Wer also innerhalb Bermatingens umzieht, zahlt danach etwa 5 Euro mehr pro Quadratmeter. Bürgermeister Martin Rupp ist sich dieses Problems bewusst. „Wie im gesamten Bodenseekreis ist die Situation am Wohnungsmarkt auch bei uns angespannt“, sagt er. „Insbesondere für Familien scheint es schwer, eine bezahlbare Wohnung zu bekommen.“
Diesen Abstand erklärt er damit, dass Bermatingen als Wohnort sehr beliebt sei, wegen der guten Infrastruktur, des dörflichen Charakters und einer guten Ortsgemeinschaft. Außerdem seien in den vergangenen Jahren einige größere Neubauten in Ortskern Bermatingen und im Teilort Ahausen entstanden. Sollten bei der Erhebung mehrere zufällig ausgewählte Mieterhaushalte in solchen Neubauten wohnen, macht dies gegenüber dem Altbestand einen enormen Unterschied, sagt Rupp. „Der Altbestand ist auch in Bermatingen weiterhin günstiger als Neubauwohnungen.“
Von einer Mietpreisbremse für kleinere Gemeinden hält Rupp aber nichts: „Das ist aus meiner Sicht nicht erforderlich oder zielführend.“ Vielmehr sollte mit Bürokratieabbau und Abbau von Baustandards dafür gesorgt werden, dass Bauen wieder günstiger werde und nicht neue „ordnungspolitische Maßnahmen“ ergriffen werden, die die Investitionsbereitschaft eher dämpfen. Allgemein seien dafür ohnehin der Bund und die Landesregierung in der Pflicht. „Wir können das vor Ort mit Bebauungsplänen für Geschosswohnungsbau und Nachverdichtung flankieren, dazu müssen uns als Kommunen aber auch die Flächen zugestanden werden“, sagt er.
In Hagnau geht es um Verfügbarkeit von Wohnraum
Hoch im Kurs ist auch die Gemeinde Hagnau: Hier liegen gemäß der Analyse die Bestandsmieten bei durchschnittlich 8,72 Euro pro Quadratmeter und die Angebotsmiete bei 12,87 Euro. Hagnaus Bürgermeister Volker Frede lässt auf Anfrage durchblicken, dass er die Mietpreisbremse in seiner Gemeinde nicht für angemessen hält. Er verweist dafür auf die Kriterien für die Maßnahme bei der Einführung. Demnach mussten in mindestens vier Kriterien Grenzwerte überschritten sein.
„Bei uns in Hagnau waren es zwei von fünf Kriterien, daher gilt hier auch keine Preisbremse“, sagt er. Das heißt für ihn aber nicht, dass es keine Probleme auf dem Wohnungsmarkt gebe. Statt einer Mietpreisbremse sieht er den seit 2012 regelmäßig erstellten qualifizierten Mietspiegel als „Richtschnur“. Das grundlegende Ziel sei es, dass überhaupt Wohnraum vorhanden sei, ein ausreichendes Angebot reguliere naturgemäß auch den Preis. „Wir sind daher aktuell in der Erarbeitung einer Zweckentfremdungssatzung, die uns als Gemeinde mehr Möglichkeiten gibt, steuernd einzugreifen und fest vermietbaren Wohnraum zu erhalten“, sagt er.
Eigene Ansätze statt Mietpreisbremse
Zu den Spitzenreitern im Bodenseekreis gehört auch die Gemeinde Frickingen. Hier liegt die durchschnittliche Bestandsmiete bei 7,11 Euro auf den Quadratmeter, die Angebotsmiete bei 11,23 Euro. Bürgermeister Jürgen Stukle kennt das Problem, eine konkrete Meinung zu einer Mietpreisbremse äußert er auf Anfrage aber nicht.
Er verweist auf Lösungsansätze zum Thema Wohnen in der eigenen Gemeinde. Dafür habe sich der Frickinger Gemeinderat bei einer Klausurtagung im vergangenen Herbst beschäftigt. Als Lösungsansatz nennt er, bei Leerständen mit Eigentümern Lösungen zu finden, um auf diesem Wege neuen Wohnraum zu schaffen.