Wer bereits obdachlos ist, hat es sehr schwer, wieder eine Bleibe zu finden. Doch Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, kann oft geholfen werden. Dies berichten Mitarbeiter des Projekts „Klar zur Wende – Wohnungslosigkeit in Überlingen beenden“ im Ausschuss Bildung, Kultur und Soziales. Seit April 2023 gehen sie das Thema dank einer umfassenden Förderung der EU und des Bundes im westlichen Bodenseekreis an. Als Vorhabenträger fungiert die Stadt Überlingen, wo Maryia Lohvina mit der Projektkoordinatorin betraut ist. Ihre Stelle hat einen Umfang von 75 Prozent. Die operative Arbeit leisten drei Sozialarbeiter des Caritasverbands Linzgau, die sich eineinhalb Vollzeitstellen teilen.
27 Menschen leben in Unterkünften
Maryia Lohvina fasst im Ausschuss die Ziele des Projekts zusammen und erläutert, was bisher umgesetzt wurde. Angefangen haben die Caritas Mitarbeiter damit, die Menschen, die zurzeit in den beiden Obdachlosenunterkünften Reutehöfe und Ottomühle leben, aufzusuchen und ihnen das Beratungsangebot vorzustellen. Zurzeit leben dort 27 Menschen, 20 Männer und sieben Frauen, berichtet Lohvina.
Dazu gibt es mit dem Frühstücks-Café einmal in der Woche in den Räumen der Tafel ein neues Angebot, das allen offensteht. Neben Austausch und Beratung haben die Besucher hier zusätzlich die Möglichkeit, Tablets zu nutzen und sich im Internet zu informieren.
Angebot für Wohnsitzlose
Zu den Zielen, die bis zum Ende der Projektlaufzeit im September 2026 angestrebt werden, gehört mit dem Café Wende die Etablierung einer Tagesstätte. Die solle möglichst in der Stadt angesiedelt sein und dem Thema Sichtbarkeit zu verleihen.
„Die Menschen sind da!“, betont Maryia Lohvina. „Wir wollen keinen Hehl daraus machen, eine Einrichtung wie die Herberge würde auch hier im Bodenseekreis guttun“, sagt OB Jan Zeitler dazu. Die Herberge in Friedrichshafen ist unter anderem eine Tagesstätte für Wohnsitzlose, wo neben Mahlzeiten und sanitären Anlagen auch Beratung und sozialpädagogische Betreuung angeboten wird.
Als weitere Ziele nennt Lohvina den Aufbau eines Netzwerks von Ehrenamtlichen sowie die Gewinnung von Peer-Beratern. Damit sind Menschen gemeint, die selbst in die Obdachlosigkeit gerutscht waren und nun andere Betroffene als Ratgeber unterstützen.
Ausstellung soll Öffentlichkeit sensibilisieren
Um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und das Thema aus den Randgebieten der Stadt zu holen, planen die Projektpartner eine Ausstellung, wofür noch die passenden Räume gesucht werden. OB Zeitler schlägt den Vorraum des Ratssaals vor. Bettina Dreitseitl-Wanschura (LBU/Grüne) regt an, bei einer der Banken am Ort nachzufragen.
Auf die Frage von Günter Hornstein (CDU), wie die präventive Arbeit aussieht, antwortet Sozialarbeiter Jürgen Thurner. „Zwei Drittel der Arbeit ist Beratung!“, sagt er. Also läge der Schwerpunkt auf der präventiven Arbeit, da sie so vor allem Menschen helfen könnten, die von Wohnungslosigkeit bedroht seien.
Wohnungssuche bleibt schwierig
„Die Personen befinden sich in sehr verschiedenen Situationen“, so Thurner. Das gelte sowohl wirtschaftlich als auch psychisch. Wenn jemand beispielsweise keine Sozialleistungen beziehe, könnten sie helfen, den Antrag auf Bürgergeld zu stellen. Außerdem nehmen die Berater gegebenenfalls Kontakt mit Vermietern auf oder helfen wirtschaftliche Engpässe zu überbrücken und so eine Kündigung abzuwenden.
Als Bettina Dreitseitl-Wanschura nach Schnittstellen zum Integrationsmanagement fragt, macht Maryia Lohvina deutlich, dass das Projekt sich nicht an Geflüchtete wendet. Ralf Mittelmeier (FWV/ÜfA) erkundigt sich nach einer Erfolgsbilanz bei der Vermittlung in Wohnraum in Anbetracht des angespannten Wohnungsmarktes am See. „Der Titel des Projekts weckt hohe Erwartungen, aber wir sind keine Makler“, sagt Jürgen Thurner. „Wir können nur Tipps geben, wie man suchen kann und wo es Hilfe gibt.“ Bei ihrer Arbeit gehe es vor allem darum, Wohnungslosigkeit abzuwenden, solange es nicht zu spät sei. „Wir als Stadt sind gefragt, preiswerte Wohnungen zur Verfügung zu stellen“, schließt OB Zeitler die Diskussion.