Wer dieser Tage durch die Überlinger Innenstadt schlendert, sieht besonders eins: Leerstand. Bei einem Rundgang des SÜDKURIER fallen mehr als zehn leere Geschäfte auf. Es sind zum Beispiel ehemalige Friseursalons, Reformhäuser oder Kleidungsläden.

Eine Nachfrage bei der Stadtverwaltung bezüglich einer konkreten Anzahl der leerstehenden Geschäfte bleibt unbeantwortet. Das Thema werde am 22. November im Gemeinderat behandelt, bis dahin gebe es keine Informationen, heißt es von der Pressestelle aus dem Rathaus.

Blick in die Christophstraße in Überlingen: Ein trostloses Bild mit zahlreichen leerstehenden Geschäften auf beiden Straßenseiten.
Blick in die Christophstraße in Überlingen: Ein trostloses Bild mit zahlreichen leerstehenden Geschäften auf beiden Straßenseiten. | Bild: Mona Lippisch

Auch mögliche Gründe für den Leerstand nennt die Stadt nicht. Anders sieht es bei Menschen aus, die täglich in der Innenstadt arbeiten. Für Einzelhändlerin Jeanine Groh beispielsweise sind die leeren Geschäfte nur eine logische Konsequenz. Sie betreibt seit 40 Jahren eine Benetton-Filiale an der Ecke Christophstraße/Marktstraße und sagt: „Die Innenstadt ist nicht mehr attraktiv genug für den Einzelhandel. Wenn die Stadt das Interesse zur Verbesserung nicht wahrnimmt und nichts dagegen unternehmen wird, dann bleiben die Leerstände.“

Dieser Meinung ist auch Anka Keim vom Geschäft La Vogue. Die Einzelhändlerin ist seit 30 Jahren in der Innenstadt ansässig und bekräftigt: „Ohne Stammkundschaft gäbe es mich nicht mehr. Es fehlt an vielem in der Stadt.“

Eines von mehr als zehn leerstehenden Geschäften in der Überlinger Innenstadt ist dieses hier in der Christophstraße.
Eines von mehr als zehn leerstehenden Geschäften in der Überlinger Innenstadt ist dieses hier in der Christophstraße. | Bild: Mona Lippisch

Die Stadtverwaltung nimmt zwar keine Stellung zum Leerstand, betont aber, dass sie das Stimmungsbild der beiden Einzelhändlerinnen nicht nachvollziehen könne. „Es wird vielmehr wahrgenommen, dass die Stadt Überlingen erhebliche Mittel in die Ertüchtigung der Hafenstraße, Klosterstraße und der Jakob-Kessenring-Straße investiert“, heißt es von der Pressestelle.

Zudem gebe es mobile Pflanzbehälter, „die seit Jahren das Erlebnis ‚Innenstadt‘ bereichern“. Jeanine Groh und Anka Keim wünschen sich jedoch, dass mehr getan wird. „Ich könnte mir zum Beispiel eine Baumallee vorstellen, damit es grüner in der Stadt wird und Sitzmöglichkeiten für mehr Aufenthaltsqualität“, nennt Groh Beispiele.

Auch die ehemalige Marc-O‘Polo-Filiale an der Hofstatt steht mittlerweile leer.
Auch die ehemalige Marc-O‘Polo-Filiale an der Hofstatt steht mittlerweile leer. | Bild: Tabea Müller

Wunsch nach mehr Sauberkeit

Auch in puncto Sauberkeit hat die Stadt den beiden Einzelhändlerinnen zufolge Nachholbedarf. Laut der Stadtverwaltung allerdings könne Überlingen mit einer „überdurchschnittlichen Sauberkeit aufwarten“. Die Innenstadt werde täglich von vier Mitarbeitern des Betriebshofs gesäubert: Abfallbehälter würden geleert, Müll von der Straße gesammelt und die Wege im Stadtpark gepflegt. Weiter seien zwei Kehrmaschinen sowie ein Heißwassergerät zur Unkrautbekämpfung im Einsatz. Jeden Freitag finde außerdem eine Großreinigung statt.

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Forderung nach Kurzzeitparkplätzen

Abgesehen von mehr Sauberkeit und einer Verschönerung der Innenstadt fordern Jeanine Groh und Anka Keim Parkmöglichkeiten direkt in der Stadt. „Der Kunde muss es bequem und einfach haben. Die Menschen, die hier leben, brauchen Kurzzeitparkplätze“, sagt Keim.

Laut Groh gebe es verschiedene Optionen, um Überlingen für Kunden attraktiver zu machen. „In Meersburg werden die Parkgebühren im Winter angepasst, sodass die Einheimischen nicht mehr so viel zahlen müssen. In Markdorf ist das Parken sogar für eine gewisse Zeit umsonst“, berichtet sie etwa. In beiden Städten gebe es außerdem Parkplätze direkt in der Stadt – in Überlingen nicht.

21 Parkplätze weniger in der Bahnhofstraße

Erst zuletzt wurden 21 Parkplätze in der Bahnhofstraße abgebaut. Der Stadt zufolge zugunsten eines breiteren Gehweges für Fußgänger sowie für die Verkehrssicherheit für Fahrradfahrer auf der Straße. Außerdem sind zwei Kurzzeitparkplätze in der Klosterstraße weggefallen.

„Die Autofahrer werden aus der Innenstadt verbannt.“
Jeanine Groh, Einzelhändlerin

Neben den weggefallenen Parkplätzen wird die Innenstadt im Bereich der Jakob-Kessenring-Straße derzeit saniert und verkehrsberuhigt gestaltet. Künftig ist dort kein Durchgangsverkehr mehr möglich. „Die Autofahrer werden aus der Innenstadt verbannt. Das ist doch nicht Sinn der Sache“, findet Jeanine Groh und betont: „Solange die Grundvoraussetzungen für genügend Parkplatzmöglichkeiten nicht geschaffen sind, bringt es uns Einzelhändlern nichts.“

„Wir schaffen lebenswerte Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, egal, mit welchem Verkehrsmittel jemand anreist.“
Pressestelle der Stadt Überlingen

Eine andere Meinung hat da die Stadtverwaltung. Sie bekräftigt, dass niemand aus der Innenstadt verbannt werden soll. „Wir schaffen lebenswerte Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, egal, mit welchem Verkehrsmittel jemand anreist“, heißt es aus dem Rathaus. Kurzzeitparkplätze seien auch deswegen aus Sicht der Verwaltung in der Innenstadt nicht mehr möglich.

„Diese Parkplätze ziehen Parkplatzsuchverkehr in die Innenstadt. Das ist nicht gewünscht, da dieser einer Aufenthaltsqualität sicher nicht zuträglich ist“, begründet die Stadt. Und sowieso: Zumindest laut Verwaltung gibt es genug Parkplätze in Innenstadtnähe, und zwar 70 an der Zimmerwiese, 95 entlang der Bahnhofstraße, 15 in der Obertorstraße, acht in der Aufkircher Straße beim Hänselebrunnen und 15 in der Aufkircher Straße/Breitlestraße. Alle Parkplätze liegen etwa zehn bis 15 Fußminuten vom Zentrum der Innenstadt entfernt.

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Entwicklung der Innenstadt Thema im Gemeinderat

„Daneben sind in den vier Parkhäusern der Innenstadt mehr als 1000 Plätze vorhanden, wenn das Parkhaus Stadtmitte saniert ab Ende November 2023 wieder zur Verfügung steht„, heißt es von der Pressestelle.

Spätestens, wenn die Stadt am 22. November im Gemeinderat den Bericht der Wirtschaftsförderung vorstellt, wird die genaue Dimension des Leerstands bekannt – und damit auch die Situation des Einzelhandels. „Es wäre schön, wenn die Stadtverwaltung uns dann sagen würde, was machbar ist“, fordert Einzelhändlerin Jeanine Groh.