Auf der ganzen Welt feiern Christen die Geburt Jesu. Auch im Irak. In dem Land gibt es Christen bereits seit der Zeit des Apostels Paulus. Es ist die Heimat von Wathek Matti, Diakon in der römisch-katholischen Seelsorgeeinheit Lauenburg-Albbruck. Matti kommt nicht nur aus einer der ältesten christlichen Gemeinden der Welt, er spricht sogar die Sprache, die Jesus zu seinen Lebzeiten gesprochen hat, nämlich Aramäisch.
Wathek Matti wurde 1970 in Bartella in der Region Ninive geboren. Der Ort in der Nähe der irakischen Millionenstadt Mossul hatte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts eine fast ausschließlich christliche Bevölkerung. Matti absolvierte im Irak ein Wirtschaftsstudium und spezialisierte sich als Buchhalter, arbeitete aber aufgrund fehlender Stellenangebote vor allem als Steinmetz.

Als Ausgleich für die harte körperliche Tätigkeit engagierte sich Matti in der syrisch-katholischen Kirche, einer mit Rom verbundenen Ostkirche mit eigenem Ritus. In der Gemeinde übernahm Matti vielfältige Aufgaben, besuchte etwa Kranke und kümmerte sich um arme Familien, verschaffte Jugendlichen und Behinderten eine Beschäftigung, veranstaltete aber auch Bibelabende.
Im Jahr 2001 veränderte sich die Situation für Wathek Matti jedoch. Zu jener Zeit sollte er zum Militärdienst eingezogen werden. Da Matti als gläubiger Christ jegliche Form der Gewalt ablehnt, kam das für ihn nicht infrage. Bei Verweigerung des Dienstes drohte ihm jedoch eine harte Gefängnisstrafe.
Die Flucht nach Deutschland bedeutet für Wathek Matti einen kompletten Neuanfang
Aufgrund dieser akuten Bedrohung entschloss sich Wathek Matti, seine Heimat zu verlassen und nach Deutschland zu gehen. Für ihn bedeutete die Flucht in ein fremdes Land einen vollumfänglichen Neuanfang: Er musste eine neue Sprache lernen, eine neue Kultur kennenlernen und sich in einem neuen zurechtfinden. Mitgenommen habe er jedoch seinen Glauben, der ihm stets geholfen habe, betont Matti.
„Dass ich die Menschen, die mir nahe sind, verlassen musste, schmerzt noch heute“, sagt Matti. Aber er habe hier in Deutschland gerade in den Menschen eine neue Heimat gefunden. Wathek Matti kam zunächst in einem Flüchtlingslager in Freiburg unter. Von dort wurde er nach Stieg bei Unteralpfen verlegt.
Eines Sonntags vernahm Wathek Matti das Läuten der Glocken. Zu Fuß marschierte er hinüber nach Unteralpfen. Leider war die Messe schon fast vorüber, als er in der Kirche ankam. Matti nutzte jedoch die Gelegenheit und nahm nach dem Gottesdienst Kontakt zu dem Pfarrer in Ruhestand Hubert Feil auf.
Er macht eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und wird Diakon
Pfarrer Feil habe er viel zu verdanken, sagt Matti. Er besorgte ihm seine heutige Arbeitsstelle bei Edeka Schulz, wo Matti eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann absolvierte und heute die Weinabteilung leitet. Außerdem schlug Pfarrer Feil Matti vor, sich berufsbegleitend zum Diakon ausbilden zu lassen, was Matti ebenfalls tat. Als ehrenamtlicher Diakon begleitet er heute Trauernde, bestattet Verstorbene, traut Hochzeitspaare und liest in der heiligen Messe das Evangelium.

Obwohl er längst in Deutschland zuhause ist, hat sich Wathek Matti nie von seiner alten Heimat und den Christen im Irak abgewendet. „Christen leben schon seit mehr als 2000 Jahren im Irak“, erklärt er. Mittlerweile stellten die etwa 800.000 Christen jedoch nur rund drei Prozent der irakischen Bevölkerung dar.
„Besonders in den letzten 50 Jahren haben die Christen viel gelitten“, sagt Matti. Denn Christen wurden und werden im Irak systematisch verfolgt und sogar ermordet. Wathek Matti berichtet von seinem Schwager, der wegen eines in seinem Auto angebrachten Kreuzes habe sterben müssen.
2014 erobert der IS die Wathek Mattis Heimatstadt
Besonders schlimm sei Situation 2014 gewesen, als die Terrorgruppe Islamischer Staat viele Gebiete im Irak unter ihre Kontrolle bringen konnte, darunter auch seine Heimatstadt Bartella und die Großstadt Mossul. „Innerhalb von vier Stunden mussten etwa 120.000 Christen ihre Häuser verlassen und fliehen, da ihr Leben bedroht war“, erzählt Matti.
Auch wenn die Stadt 2017 vom IS befreit werden konnte, leiden Christen auch heute noch in der Region. „Trotzdem haben diese Menschen ihren Glauben nie aufgegeben“. Das wünscht sich Wathek Matti auch für die Christen in Europa.
„Der Glaube der irakischen Christen ist durch das Leid stärker geworden“
„Was die Christen hier von den Christen im Irak unterscheidet, ist, dass der Glaube der irakischen Christen durch das Leid und die Probleme stärker geworden ist, während sich hier viele Menschen von den Medien und Skandalen beeinflussen lassen und sich von der Kirche abwenden.“ Das findet Matti falsch, und er wünscht sich, dass die Christen hierzulande sich wieder stärker an ihren Glauben.
Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten zwischen den irakischen und europäischen Christen zeigen sich auch an Weihnachten. An diesem Tag sei der Kirchenbesuch für die Christen im Irak wichtiger, sagt Matti. Sowohl in Deutschland als auch im Irak sei Weihnachten ein Fest für die ganze Familie, bei dem man einander besuche und beschenke.
Am Heiligen Abend feiert Wathek Matti Familiengottesdienst in Schadenbirndorf
Wathek Matti wird an Heiligabend am römisch-katholischen Familiengottesdienst in Schadenbirndorf mitwirken, der um 17 Uhr im Freien beim Lindenbaum stattfindet. Dort wird er dann auch das Vaterunser wieder auf Aramäisch beten: „Ich finde es wichtig, dass man Jesu Sprache weiterhin spricht, denn sie vermittelt den Glauben in seiner ursprünglichen Weise.“ Nach dem Gottesdienst wird Matti den Abend mit seiner Familie verbringen.
„Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass die Menschen Engel füreinander sind“
Was wünscht sich der irakische Christ und deutsche Diakon zu Weihnachten? „Ich wünsche mir zu Weihnachten Frieden zwischen den Ländern, insbesondere in meiner Heimat im Nahen Osten, und dass die Menschen Engel füreinander sind. Gerade an Weihnachten soll man nicht nur an sich, sondern auch an andere denken. Das geht auch mit einfachen Gesten, denn auch Jesus wurde in der Einfachheit eines Stalles geboren.“