Es war die kurioseste Schlagzeile des Sommers 2013: „Streifenwagen im Rhein versunken.“ Die Geschichte dazu ereignete sich in der Nacht zum 22. Juni 2013.
Es war eine milde Sommernacht, mehrere Jugendliche sollen sich an jenem Freitagabend zum Grillen am Rhein getroffen haben. Weil es dabei auch etwas lauter zuging, unterzog eine Polizeistreife des Bad Säckinger Polizeireviers die Gruppe am Samstagfrüh gegen 1.30 Uhr einer Kontrolle.
Doch dabei passierte der folgenschwere Fehler: An dem leicht abschüssigen Rheinweg in Höhe der Bad Säckinger Fridolinsbrücke vergaßen die Polizeibeamten, die Handbremse ihres Streifenwagens anzuziehen. Was in Film und Fernsehen nur als billige Slapstick-Nummer durchgegangen wäre, passierte tatsächlich: Das Gefährt machte sich selbständig und rollte unter den Augen der Polizisten in den Rhein, trieb noch ein paar Meter und verschwand dann unter der Wasseroberfläche. Die beiden Beamten mussten anschließend zu Fuß den Rückweg zum Polizeirevier am Rathausplatz antreten.
Suche mit Booten und Hubschrauber
Noch in der selben Nacht begann die fieberhafte Suche nach dem verschwundenen Streifenwagen. Nicht nur mit einem Boot, sondern auch mit einem eigens angeforderten Helikopter versuchte die Polizei Spuren des VW Passat (Wert: etwa 30.000 Euro) zu finden. Doch die Hoffnung, der Wagen könnte an einem Baum oder auf einer Sandbank hängen geblieben sein, erfüllte sich nicht. Das Polizeiauto war abgetaucht.

Der hohe Wasserstand und die starke Strömung des Rheins erschwerte auch in den folgenden Tagen und Wochen die Suche: Der Einsatz von Tauchern blieb ebenso erfolglos wie die mehrfache Suche mit Sonargeräten. Der damalige Polizeisprecher Paul Wißler musste unzählige Anfragen von nationalen und internationalen Medien über den peinlichen Verlust des Polizeiautos beantworten.
Sommergeschichte beflügelt Fantasie
Bunte Blüten trieb auch die Gerüchteküche: Insbesondere die Tatsache, dass die damals kontrollierten Jugendlichen bis heute unbekannt sind, sorgte an Stammtischen für allerlei Fantasien und Verschwörungstheorien, was sich in der Nacht zum 22. Juni 2013 am Rhein abgespielt haben könnte.

Der Fauxpas der nicht angezogenen Handbremse wurde nicht nur ein willkommenes Thema beim Bad Säckinger Narrenspiegel, auch eine Fernseh-Quizshow widmete dem kuriosen Verlust eine Frage.
Über zwei Jahre später
Aufgetaucht ist der Streifenwagen erst 800 Tage später: Der Schweizer Hobbytaucher Michael Tschannen hatte das Autowrack Mitte August 2015 bei einem Tauchgang 2,5 Kilometer rheinabwärts, gefunden.
Er hatte von dem verloren gegangenen Polizeiauto gehört und wusste, dass sich im Rhein vor Mumpf eine tiefe Rinne befindet, in der sich im Laufe der Jahre allerhand Material sammelt. Nach einigen Tauchgängen wurde er tatsächlich fündig – in neun Meter Tiefe. Als Beweisfotos knipste er Unterwasser-Selfies mit einer Polizeikelle, die er im Kofferraum des Wagens fand.

Aufwendige Bergung
Die Polizei war nur bedingt erleichtert über die prominente Fundsache, die nun erneut für bundesweite Schlagzeilen sorgte. Denn das nächste Problem war offenkundig: Wie sollte das Fahrzeug aus dem an dieser Stelle 170 Meter breiten Rhein geborgen werden?

Hilfe kam in Form des Schweizer Militärs, die die Aktion zu einer großangelegten Übung mit Wehrpflichtigen nutzen: Die Schweizer stellten eine große Pontonbrücke bereit, die das angehobene Wrack auf eine Plattform hieven sollte. Taucher befestigten dazu zunächst einen Hebeballon, der das Auto kurz unter den Wasserspiegel brachte. Den Rest erledigte dann ein Bagger, der auf einem Ponton montiert war.
Rund 200 Schaulustige verfolgten vom Ufer aus die Bergungsaktion, die sich über mehrere Stunden erstreckte. Mit dabei natürlich auch wieder unzählige Kameras internationaler Medien, die die Bilder vom blau-weißen Wrack am riesigen Angelhaken in die Welt hinaus schickten.

Der SÜDKURIER beendete die wohl kurioseste und spektakulärste Sommergeschichte am folgenden Tag mit der Schlagzeile: „Rhein wieder polizeiautofrei“.
Dieser Artikel wurde erstmals am 22. Juni 2023 veröffentlicht.