Tosend stürzen die dunklen Wasser nach einer leichten Biegung über Felsen, brandet Gischt auf, zwingt sich der Fluss zwischen steilen Felsen ein schmales Bett entlang. Oben, auf den Felsen beiderseits des Stroms, verdichten sich filigran erhebende Mauern zu einer Stadt, verbunden durch eine unregelmäßige Brücke. Unzählige Künstler hielten diesen Anblick in ihren Gemälden fest. Fast jeder am Hochrhein kennt ihn, nur sieht es dort heute ganz anders aus. Sie zeigen eine Heimat, die es so heute nicht mehr gibt.
Früher war der Rhein rauer
Bei der Stadt handelt es sich um das auf zwei Länder verteilte Laufenburg, der Fluss ist der heute gemächlich fließende Rhein, der im 19. Jahrhundert zu einer politischen Grenze wurde und seit 1911 von der steinernen Bogenbrücke überspannt wird. Unter den scheinbar ruhig dahinfließenden Wassern verwittern die Narben der Reste des namensgebenden kleinen Laufens, eines Felsens. Mit ihm wurde im Zuge der Schiffbarmachung des Rheins um die Jahrhundertwende auch ein bedeutendes Stück Geschichte, Heimat und Identität weggesprengt.
Vereinigung für Heimatkunde
Vielleicht sensibilisierte der Verlust des kleinen Laufens die Menschen für ihre Heimat; ohne Protest waren die Sprengungen jedenfalls nicht. So gründete sich auch derentwegen in einer „Zeit des krassesten Materialismus“, „sozialer Gegensätze“ oder „Entfremdung“ von „Menschen ohne Heimatgefühl“ im Jahr 1925 schließlich die „Fricktalisch-Badische Vereinigung für Heimatkunde“ (FBVH). Das vor 100 Jahren Geschriebene liest sich aktuell und beschreibt unsere Zeit mindestens so gut wie die damalige.
Anfangs politische und historische Verwerfungen
Aktuell blieb auch das zentrale Anliegen der FBVH, über Grenzen hinweg die gemeinsame Vergangenheit zu erforschen. „Die Menschen wissen um die Besonderheit ihrer Geschichte“, sagte Jasmin Rauhaus-Höpfer am Freitag. Sie ist die Geschäftsführerin der Hochrheinkommission, die verschiedene Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit – darunter das Jubiläum im September – fördert. Der Weg zum Jubiläum war keine ausgemachte Sache. Die politischen und historischen Verwerfungen zu Beginn der ersten hundert Jahre waren herausfordernd, aber schlussendlich stärkten sie die Vereinigung. Ihre Mitglieder überwanden politische und ideologische Grenzen. Sie ebneten den Weg für ein erneutes Zusammenwachsen und all jene grenzüberschreitenden Errungenschaften, die zur Selbstverständlichkeit geworden zu sein scheinen.
Der Hochrhein birgt noch viele Schätze
Für Werner Brogli und Adelheid Enderle, FBVH-Vorstandsmitglieder, birgt die Geschichte des Hochrheins noch viele Schätze: „Wenn man den Leuten zeigt, was es hier alles gibt, gehen ihnen begeistert die Augen auf“, sagte Brogli. Mag der Rhein auch noch so gemächlich dahinfließen, an und in den tosenden Wassern darunter wartet Geschichte, die entdeckt werden will. Entdeckt auch von jungen, von zugewanderten Menschen, damit auch ihre Welt aufs Neue in der Grenzregion am Hochrhein zusammenwachsen kann.