Systematische Schwarzarbeit und Unterschlagung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von knapp 60.000 Euro: Für dieses betrügerische Geschäftskonzept mussten sich im vergangenen Jahr bereits vier Führungskräfte eines Sicherheitsunternehmens aus dem Kreis Waldshut vor dem Amtsgericht Bad Säckingen verantworten. Damals verhinderte eine Verständigung aller Prozessbeteiligten einen Mammut-Prozess – die Geldstrafen für die Angeklagten fielen verhältnismäßig gering aus.
Nun wurde vor dem Amtsgericht ein weiterer Beteiligter am systematischen Sozialversicherungsbetrug zu einer Geldstrafe von knapp 5000 Euro verurteilt. Einem 44-jährigen Zollbeamten wurde unter anderem Geheimnisverrat und versuchte Strafvereitelung vorgeworfen. Er soll Akteninhalte, die ihm als Amtsträger anvertraut wurden, unbefugt weitergegeben haben, um das betroffene Unternehmen vor einer anstehenden Betriebsprüfung durch das Finanzamt zu warnen.
„Das war ein jahrelanges Geschäftskonzept“
Die ganze Geschichte beginnt bereits 2016 und betrifft einen Zeitraum von mehr als vier Jahren: In diesem soll das betroffene Sicherheitsunternehmen seine Sozialversicherungsbeiträge nicht oder nicht vollständig an die Krankenkassen abgeführt haben, indem es gegenüber der Einzugsstelle falsche Angaben machte. Diese Form der Schwarzarbeit sorgte bei den betroffenen Krankenkassen für einen finanziellen Schaden von knapp 60.000 Euro.
„Das war ein jahrelanges Geschäftskonzept dieses Unternehmens“, erklärte Richter Jan Meents bei der Hauptverhandlung im vergangenen Oktober. Der Angeklagte im neuen Prozess vor dem Amtsgericht war an den kriminellen Geschäften über ein Subunternehmen beteiligt – dafür wurde er nun wegen der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen und Arbeitsentgelt verurteilt. Zudem soll er zwischen 2018 und 2020 selbst einen Arbeitnehmer ohne die nötige Anmeldung zur Sozialversicherung beschäftigt haben.
Angeklagter soll Dienstgeheimnisse verraten haben
Am brisantesten war allerdings ein weiterer Anklagepunkt, der dem 44-Jährigen vorwarf, in seiner Rolle als Zollbeamter sein Dienstgeheimnis verletzt zu haben. In dieser soll der Beschuldigte eine vertrauliche Mitteilung über eine anstehende Betriebsprüfung erhalten haben. Diese vertrauliche Information habe er dann an das entsprechende Unternehmen weitergegeben: „Das Unternehmen konnte sich so auf die Prüfung vorbereiten, Beweise vernichten und damit versuchen, den Erfolg zu vereiteln“, erklärte Staatsanwalt Patrick Attrodt.
Über eine Erklärung seines Verteidigers räumte der Angeklagte ein, entsprechende Nachrichten verschickt zu haben, bestritt allerdings, vorsätzlich gehandelt zu haben. Dass der Zollbeamte darüber hinaus von seinem Schweigerecht Gebrauch machte, sorgte für einen langwierigen Prozess. Nach langen, erfolglosen Gesprächen über die Möglichkeit einer Verständigung war die Verhandlung ohnehin mit einer Verzögerung von mehr als zwei Stunden gestartet. Schon im Mai dieses Jahres war der Versuch einer Verständigung gescheitert. Eine unbesetzte Stelle am Amtsgericht hatte in den letzten Monaten zur Verzögerung des komplexen Verfahrens geführt.
Für den Angeklagten geht es um seine berufliche Zukunft
Für den Angeklagten ging es vor dem Amtsgericht um nicht weniger als seine berufliche Zukunft – denn im anstehenden Disziplinarverfahren wird das Urteil eine große Rolle spielen. Diese Tragweite der Verhandlung erklärt wohl auch, weshalb sich der Angeklagte die teure Verteidigung des angesehenen Freiburger Rechtsanwalts Holger Meier leistete. Dieser setzte in der Verhandlung darauf, dass es Amtsrichter Meents nicht gelingen würde, die Vorwürfe gegen seinen Mandanten zweifelsfrei nachzuweisen. In seinem Plädoyer forderte er einen Freispruch von einem Großteil der Anklagepunkte und eine Geldstrafe von lediglich 15 Tagessätzen.
Für Staatsanwalt Attrodt war die Sachlage klar. Aus seiner Sicht wurden die Vorwürfe durch die mehrere tausend Seiten umfassende Akte belegt. Zudem verwies Attrodt auf die Parallelverfahren und plädierte für eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Seiner Auffassung schloss sich Richter Meents an und verurteilte den Angeklagten zu 90 Tagessätzen zu je 55 Euro.
Fall beschäftigt die Justiz weiterhin
Doch mit diesem Urteil ist die juristische Aufarbeitung des systematischen Sozialversicherungsbetrugs noch lange nicht zu Ende: Teile vergangener Verhandlungen befinden sich mittlerweile in der Revision vor dem Landgericht. Außerdem läuft ein weiteres Verfahren gegen einen anderen Zollbeamten. Und auch der erstinstanzlich verurteilte Beamte wird voraussichtlich Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Solange dieses nicht rechtskräftig ist, gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.