Es war ein Signal der besonderen Art. Auf der diesjährigen Boot, der Weltleitmesse für die Sportbootbranche, fehlten zwei der größten Werften Europas. Die bayrische Bavaria- und die Greifswalder Hanse-Werft hatten sich gar nicht erst angemeldet. Und auch auf die am Mittwoch gestarteten Interboot in Friedrichshafen haben es nur einzelne Ausstellungsstücke der beiden größten deutschen Sportbootbauer geschafft. Händler hatten sie auf das Gelände gebracht. Die Traditions-Betriebe selbst blieben dem Branchentreff fern.

Sportbootwerften mit Absatz-Problemen

Auch im Jahr vier nach dem zwischenzeitlichen Corona-Boom stecken die deutschen Bootsbauer noch immer tief in der Krise. Hanse-Yachts hat einen Eigentümerwechsel hinter sich und durchläuft derzeit eine Restrukturierung, in deren Folge auch am Greifswalder Stammsitz Stellen gestrichen werden.

Etwas besser geht es dem Vernehmen nach der in Giebelstadt ansässigen Bavaria-Werft, die vor allem für ihre Charterboote bekannt ist. Aber auch die Bayern leiden unter Einbrüchen in der Nach-Corona-Phase und liegen beim Bootsbau weit hinter alten Rekorden zurück.

Im Vordergrund ein historisches Boot der Michelsen-Werft in Friedrichshafen, im Hintergrund eine Diamant und eine Aphrodite 101, beide ...
Im Vordergrund ein historisches Boot der Michelsen-Werft in Friedrichshafen, im Hintergrund eine Diamant und eine Aphrodite 101, beide von der Meersburger Ott-Werft. | Bild: Messe Friedrichshafen/Felix Diem

Lage der Wassersportbranche 2025 angespannt

Bei den meisten Sportbootsbauern sei die „Lage zum Ende der Saison 2025 angespannt“, sagt Karsten Stahlhut, Geschäftsführer des Verbands Maritime Wirtschaft Deutschland. Die Nachfrage sei noch immer im Keller, bei den Händlern stünden die Höfe in den vergangenen 24 Monaten voll.

Besonders den Abverkauf von Segelbooten bezeichnet er als „aktuell sehr schwierig“. „Die Saison hat sich nicht so gut entwickelt, wie im Frühjahr erhofft“, sagt er. Vor allem der Verkauf von kleineren Motorbooten und Segelbooten bliebe hinter den Erwartungen zurück.

Exakte Zahlen zu Umsätzen und Verkäufen kennt auch der Verbandschef nicht. Das Statistikwesen ist im Bootsmarkt unterentwickelt, auch weil bundesweit – anders als bei Pkw – keine einheitliche amtliche Erfassung der Zulassungszahlen existiert. Die Werften selbst veröffentlichen ihre Zahlen sporadisch und oft zeitverzögert.

Sonja Meichle, Vize-Chefin des Branchenverbands Maritime Wirtschaft und in der Geschäftsleitung von Ultramarin in Kressbronn.
Sonja Meichle, Vize-Chefin des Branchenverbands Maritime Wirtschaft und in der Geschäftsleitung von Ultramarin in Kressbronn. | Bild: Kley, Denise

Klar ist dennoch, dass die Branche nicht in ruhiges Fahrwasser kommt. Auf den Freizeitboom in der Coronakrise reagierten die Betriebe mit einer Ausweitung der Produktion. Als die Nachfrage zurückging, produzierte man dennoch über Monate weiter.

Diese Schiffe wurden nie vollends abverkauft und stauen sich seither bei den Händlern. Außerdem haben viele spontane Boots-Einsteiger in den Coronajahren den Sport in der Zwischenzeit wieder an den Nagel gehängt. Deren Schiffe fluten seit einiger Zeit die Gebrauchtbootmärkte und binden Kapital im Handel.

Interboot-Gäste besuchen die Neuheitenpräsentation in Friedrichshafen.
Interboot-Gäste besuchen die Neuheitenpräsentation in Friedrichshafen. | Bild: Messe Friedrichshafen

Preisexplosion bei Schiffen hält Kunden vom Kauf ab

Die schwache Nachfrage wiederum wird durch die Preispolitik der Werften verstärkt. Im Vergleich zu vor der Corona-Krise sind die Preise für Neu-Boote in schwindelerregende Höhen geklettert. Teilweise hätten sie sich verdoppelt, sagt Stahlhut, etwa bei einigen Motorbootmarken.

Aber auch Segelboote sind von der Preisexplosion erfasst. War eine gut zehn Meter lange Bavaria 37 nach Stahlhuts Worten vor Corona noch ab 130.000 Euro zu haben, koste sie heute rund 200.000 Euro.

Mitmach-Bereich vor der Messe in Friedrichshafen. Trendschau am Bodensee.
Mitmach-Bereich vor der Messe in Friedrichshafen. Trendschau am Bodensee. | Bild: Messe Friedrichshafen

Die Werften begründen die teils exorbitanten Preissteigerungen mit höheren Preisen für Rohstoffe wie Harze, Lacke, Holz oder GfK, sowie Lohnaufschlägen. Teils hätten auch Lieferkettenschwierigkeiten in den vergangenen Jahren die Margen der Hersteller gedrückt, wie es heißt.

Stahlhut sagt, das Budget vieler Kunden gebe die Preise aber langsam nicht mehr her. Ein Indiz: Als relativ stabil erweist sich in der Krise einzig die Luxusklasse, sowohl bei Segel als auch bei Motorbooten.

Die Mittelschicht bricht weg

Die Mittelschicht steigt dagegen aus dem Bootssport aus. Vor allem Segler sind betroffen. Nach Daten des Verbands Maritime Wirtschaft Deutschland hat Deutschland in den vergangenen knapp zehn Jahren mindestens 34.000 Bootseigner verloren, darunter schwerpunktmäßig Segelbootsbesitzer.

Neben den Preisen für Neuboote schreckt viele der hohe zeitliche Aufwand ab, den der Unterhalt eines Segelboots mit sich bringt. Außerdem kommt die sportbootaffine und zahlenmäßig starke Generation der Babyboomer in ein Alter, in dem man über andere Hobbys nachdenkt. „Die Segler kaufen sich irgendwann ein Motorboot und landen danach irgendwann beim Caravan“, sagt Stahlhut.

Motorbootsverkäufe, insbesondere Luxusboote, sind selbst in der Krise stabil.
Motorbootsverkäufe, insbesondere Luxusboote, sind selbst in der Krise stabil. | Bild: Messe Friedrichshafen

Auf die Verfügbarkeit der Liegeplätze, zumindest am Bodensee, hat die Entwicklung noch keine nennenswerten Auswirkungen. Die Wartelisten für die Boots-Boxen sind nach Branchenangaben immer noch lang. In Privathäfen geht es schneller. Dort sind Liegeplätze aber auch teurer als in kommunalen oder Vereinshäfen.

Jugendarbeit in Vereinen noch intakt

Branchenvertreter wie Sonja Meichle, Vize-Chefin des Verbands Maritime Wirtschaft und Geschäftsführerin von Ultramarin in Kressbronn wollen jetzt mehr junge Menschen für Wassersport begeistern. Auch soll die Werbetrommel gerührt werden.

Das Grundproblem bleibt aber, dass der Sport zu teuer wird. Jens Böckmann, Segelexperte und Berater, sagt, die Jugendarbeit in Vereinen und an Schulen sei intakt. Es werde in späterem Alter aber zu selten in ein eigenes Boot investiert.

Rabatte und Gebrauchtboote

Leichte Entspannung bei den Preisen ist aber in Sicht. Die Gebrauchtbootmärkte sind gut gefüllt, weswegen manches Schnäppchen zu haben ist. Bei den Neubooten scheinen zumindest die Rohstoffpreise ein Plateau erreicht zu haben.

Als Folge würden auch „neue Schiffe erst einmal wohl nicht mehr teurer“, sagt Sonja Meichle. Um die Schiffe vom Hof zu bekommen, steigt die Zahl der Rabattaktionen zudem wieder. Preisnachlässe zwischen zehn und 15 Prozent auf Neuboote seien mittlerweile üblich, heißt es von Händlerseite. „Manchmal gibt‘s auch mehr.“