In früheren Zeiten mussten Dorfschullehrer neben dem Unterricht noch andere Aufgaben erledigen. Sie spielten in der Pfarrkirche die Orgel. Oft dirigierten sie den Musik- und Männergesangverein oder den Kirchenchor. Als versierte Rechner und Schreiber halfen sie auf dem Bürgermeisteramt aus. Doch nicht genug. Vielfach waren sie auch die Chronisten und Heimatkundler ihrer Ortschaften.
Pfarrer und Lehrer hüteten einst das historische und heimatkundliche Wissen
Ein gutes Beispiel ist der Wallbacher Dorfschullehrer Hermann Walter. Er war der erste Leiter des örtlichen Kirchenchors. Als drei Professoren der Freiburger Universität zwischen 1893 und 1895 die große Aktion zur Erfassung historischer und zeitgenössischer Volkskultur im Großherzogtum Baden starteten, schickten sie ihre Fragebögen an die Pfarrämter sowie an 1500 Schulorte. Sie wussten genau, dass sich das historische und heimatkundliche Wissen auch an den Schulen befand.
Hauptlehrer Hermann Walter beantwortete die zwölf Fragen auf 17 handgeschriebenen Seiten. Es ging um die Geschichte Wallbachs, um Flur- und Familiennamen, Essgewohnheiten, Brauchtum bis hin zu den Abzählreimen der Kinder. Eine wahre Fundgrube der Wallbacher Alltagskultur an der Wende zum 20. Jahrhundert.
Die Aufgabe des Chronisten und Dorfhistorikers wurde nicht professionalisiert
Diese Zeiten sind vorbei. Die Nebendienste der Dorfschullehrer sind lang schon durch Kirchenmusiker, Profidirigenten und Verwaltungsbeamte professionalisiert worden. Nur eine Lücke wurde nicht gefüllt: Die des Chronisten und Dorfhistorikers.
Glücklicherweise gibt es Menschen wie Heinz Thomann. Sie wissen: „Zukunft braucht Herkunft“, wie Odo Marquardt sagte. Thomann führt in Wallbach jenes Werk fort, das einst von Hauptlehrer Hermann Walter begonnen wurde. Aber wie kam Thomann zur Heimatkunde?
Die Liebe zur Geschichte wurde in ihm durch die Geschichten geweckt, die seine Mutter dem 1947 geborenen Jungen zu erzählen pflegte: Von den Fliegerangriffen auf Brennet kurz vor Kriegsende oder vom Einmarsch der Franzosen in Wallbach.
Thomann besuchte jene Schule, in der Hauptlehrer Walter einst unterrichtet hatte. Er wurde Maschinenschlosser, schloss ein Ingenieurstudium ab und unterrichtete an der Gewerbeschule in Rheinfelden. Er baute für seine Schule ein Austauschprogramm mit einer Partnerschule in Polen auf. Das Programm führte er auch nach seiner Pensionierung im Jahr 2012 mit hohem Zeitaufwand weiter. Schließlich gab er das Projekt 2018 in andere Hände und hatte nun den Rücken frei für die Geschichtsarbeit.
Lehrgänge im Internet ermöglichen Heinz Thomann weitere Forschungen
Zunächst trat er in Kontakt mit dem Schwörstadter Historiker Wolfgang Klein. Von ihm erhielt er ein Dokument aus der Zeit um 1600. Es ging um Wallbacher Besitzverhältnisse. Thomann erlernte in Internetlehrgängen die alte deutsche Schrift. Das ermöglichte ihm weitere Forschungen.
Um nur einige Projekte zu nennen: Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Freiwilligen Feuerwehr im Jahr 2024 übertrug er das alte Feuerversicherungsbuch. Es folgte das Protokollbuch des Radsportvereins. Parallel dazu sorgt er für Ordnung im Dorfarchiv. Auf der Grundlage von Helmut Fallers Wallbacher Familienchronik visualisierte Thomann in circa 80 Grafiken Verwandtschaftsverhältnisse im Dorf.
Zudem ist Thomann seit einem Vierteljahrhundert Mitglied der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde (FBVH). 2024 veröffentlichte er in der Vereinszeitschrift einen großen Artikel über das letzte strohgedeckte Haus Wallbachs sowie über weitere Aspekte der Dorfgeschichte.

Diese Publikation hat den Verein dazu veranlasst, den Autor als Referenten für die beliebte Winter-Vortragsreihe zu engagieren. Thomann referiert am Donnerstag, 6. Februar, um 20 Uhr im überregional bekannten Müllmuseum, Hauptstraße 162. Geboten wird „Ein Streifzug durch die letzten 400 Jahre“ der Wallbacher Dorfgeschichte, untermalt mit historischen Fotos und Dokumenten.
Ist das geschafft, wendet sich der Ortshistoriker einem neuen Thema zu. Es geht um den „halben Wallbacher Kunstmaler“ Otto Rünzi. Wir dürfen gespannt sein.