Sie haben schon so manchem Rätsel aufgegeben – die seltsamen Puschel, die derzeit in vielen Bäumen im Bad Säckinger Stadtgebiet hängen. Sind das Misteln? Oder Nester? Beobachtet man eine Zeitlang die Bäumen, wir klar: Es sind Krähennester. Die Saatkrähen sind in diesem Jahr verstärkt zum Brüten nach Bad Säckingen gekommen. Die Stadt versucht durch gezielten Rückschnitt der Bäume die Brutplätze zu beeinflussen. Denn sie sind nicht überall beliebt. Man erinnert sich noch an die Krähen, die Kinder eines Murger Kindergartens angriffen. Das war 2009. Damals ordnete die Gemeinde Murg einen Bauhofmitarbeiter ab, der die Kinder schützen und die Krähen vertreiben sollte.
Beschwerden gibt es auch in Bad Säckingen zuweilen. Durch den Lärm der Saatkrähe kommt es laut Stadtförster Gabriel Hieke immer mal wieder zu Klagen. Die Stadt reagierte deshalb bereits vor der Brutzeit und versuchte mit einem gezielten Baumschnitt die Vögel beim Nestbau zu beeinflussen. Im letzten Jahr brüteten die Saatkrähen Gabriel Hieke beim St. Gallusturm und verursachten mit dem Lärm und den Kotablagerungen einigen Ärger, berichtet Hieke. Der technische Dienst führte den Rückschnitt der Bäume in diesem Bereich durch. So verlagerten die Saatkrähen ihre Brutplätze in diesem Jahr vermehrt in die Hauensteinstraße und in die Fricktalstraße in der Nähe des Zolls.

Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu), Ortsverbandes Görwihl, Rudi Apel: „Durch das gute Futterangebot, werden die Saatkrähen angelockt“. Sowohl Apel als auch Hieke raten davon ab, die Krähen zu füttern. „Wildtiere sollten generell nicht angefüttert werden", so der Stadtförster.
Laut Apel haben nur vereinzelte Städte ebenfalls eine größere Population an Saatkrähen. Die Vögel kommen zum Brüten nach Bad Säckingen und brüten in Kolonien. Mitte März beginnt sie bereits mit dem Nestbau in Baumkronen oder auch höherem Gebüsch, so Apel. Als Material dienen Zweige, Reisig und weiches Pflanzenmaterial zur Auspolsterung. Mitte März bis Ende April legt das Weibchen zwei bis sechs helle, grau-braun gefleckte Eier. 16 bis 18 Tage später schlüpfen die Jungen. Während der Brut und Aufzucht versorgt das Männchen sowohl seine Partnerin als auch die Jungvögel mit Nahrung. Nach 32 bis 35 Tagen werden die jungen Saatkrähen flügge und schließen sich zu Jugendschwärmen zusammen.
Auch wenn die Vögel den einen und anderen Zeitgenossen manchmal nerven: „Die Vögel sind ganzjährig geschützt“, betont Apel. Dass die Saatkrähe an einer Dezimierung der Singvögel schuld sein soll, hält Apel für unwahrscheinlich. Rabenvögel ernährten sich überwiegend von Sämereien und Kleingetier. Wenn zur Brutzeit Eier und Jungvögel erreichbar sind, nehmen sie auch diese Nahrungsquelle wahr, so Apel, allerdings mache dies nur einen geringen Anteil im breiten Nahrungsspektrum aus. Allerdings komme es vor, das weitverbreitete und nicht gefährdete Singvögel wie Drosseln, Finken und Tauben den Rabenvögeln zum Opfer fallen. Diese Arten hätten jedoch eine hohe Nachwuchsrate, die natürliche Fressverluste einplant und ausgleicht. Dagegen würden viele Nester in Gärten und Anlagen laut Apel von Waschbären, Mardern und Katzen geplündert.
Apel erwähnte: „Falls man ein Vogeljunges am Boden hocken sieht, sollte man den Jungvogel immer an seinem Platz belassen“. Es handelt sich hier wahrscheinlich um einen Ästling, der das Nest verlassen hat und von den Alttieren weiter versorgt wird.
Der NABU Ortsverband veranstaltet am 14. Mai um 19 Uhr im Hotel St. Fridolin in Bad Säckingen ein offenes Treffen. Apel sagte: „Wir freuen uns über Fragen und Anregungen, wir sprechen auch unsere aktuellen Umweltthemen an“.
Daten und Fakten zur Saatkrähe
Die Saatkrähe zählt zur Familie der Krähen und ist mit anderen Rabenvögeln wie Rabenkrähe, Kolkrabe und Dohle verwandt. Die 50cm große Saatkrähe unterscheidet sich von ihren Verwandten durch eine unbefiederte hellgraue Hautpartie am Schnabelgrund und buschige "Hosen" um die Beine. Die Saatkrähe ist ein Allesfresser, ernährt sich aber hauptsächlich von Insekten, Spinnen, Schnecken, Mäusen und Pflanzenteile wie Blätter, Früchten und Samen. Die Saatkrähe nistet in Kolonien, deren Größe von einigen bis zu mehreren tausend Nestern reichen kann. Sie baut ihr Nest in Baumkronen aus Zweigen und Stöcken und kleidet dieses mit weicherem Material aus. Von März bis April legt die Saatkrähe 2-6 gefleckte, grünliche Eier, die sie 16-18 Tage bebrütet. Nach 30-36 Tagen sind die Jungen flügge, werden aber noch mehrere Wochen, nachdem sie das Nest verlassen haben, von den Elterntieren gefüttert. In Deutschland brüten zwischen 54.000 und 64.000 Paare.
Geschützt: Saatkrähen sind besonders geschützt. Es ist verboten, Saatkrähen nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten. Sofern erhebliche landwirtschaftliche Schäden auftreten, können in besonderen Einzelfällen Ausnahmen zum Abschuss einzelner Saatkrähen zugelassen werden.
Intelligenz: Rabenvögel sind ausgesprochen intelligent. Forscher der Universitäten Cambridge und London haben in einem Versuch festgestellt, dass die Tiere Zusammenhänge verstehen. Sie hoben den Wasserspiegel eines Zylinders absichtlich mit Steinen an, um an einen Mehlwurm zu kommen. Der wassergefüllte Zylinder, in dem jeweils ein Mehlwurm schwamm. Das Rohr war für den Krähenschnabel zu schmal und der Wasserstand zu niedrig. Um an die Nahrung zu gelangen, warfen die Tiere daher von den Forschern bereitgestellte Steine in die Zylinder und hoben so den Wasserstand an, bis sie in der Lage waren, den Mehlwurm aus dem Zylinder zu fischen.
Quelle: Nabu Deutschland, Bundesamt für Naturschutz und Landesanstalt für Umwelt BaWü/ www.spektrum.de/news/hungrige-kraehen-arbeiten-mit-steinen-und-wasser/1004232