„Immer mehr Nagelstudios, immer mehr leere Geschäfte“ – diese Kritik am Erscheinungsbild von Innenstädten ist nicht nur – aber auch – in Bad Säckingen immer wieder zu hören. Tatsächlich gibt es laut Ordnungsamt in Bad Säckingen aktuell sage und schreibe 15 registrierte Gewerbe, die sich mit Nagelpflege und -design beschäftigen. Und auch einige unschöne Leerstände fallen aktuell bei einem Spaziergang durch die Altstadt ins Auge, zum Beispiel die „Boom-Kaffeebar“ in der Rheinbrückstraße, deren Türen seit Längerem als wilde Plakatwand herhalten müssen.

Leerstand an prominenter Stelle: Seit Monaten ist die Boom-Kaffeebar geschlossen.
Leerstand an prominenter Stelle: Seit Monaten ist die Boom-Kaffeebar geschlossen. | Bild: Obermeyer, Justus

Und doch kommt der Abgesang auf den innerstädtischen Einzelhandel viel zu früh, wie Elisabeth Vogt, städtische Wirtschaftsförderin und Vorsitzende des Gewerbe- und Stadtmarketingvereins „Pro Bad Säckingen“ betont. „Wir haben ein tolles Angebot, ich kann in der Stadt alles kaufen, was ich brauche“, sieht sie die Lage des Einzelhandels längst nicht so schwarz. „Im Handel ist immer Bewegung“, sagt Vogt mit Blick auf die steten Wechsel im Geschäftsleben. Leerstände sehe sie deshalb eher als „Entwicklungsflächen“, in denen Neues entstehen könne. Um das Angebot in der Stadt möglichst vielfältig und attraktiv zu halten, unterstützt sie als Wirtschaftsförderin die Händler, aber auch die Vermieter.

Netzwerk der Immobilieneigentümer in Planung

Die neueste Initiative: Am 8. Oktober lädt Bürgermeister Alexander Guhl zum ersten Eigentümer-Stammtisch ins Rathaus, bei dem sich die Besitzer von Altstadt-Immobilien vernetzen und möglicherweise auch gemeinsame Interessen ausloten können. Bei Fragen des Denkmalschutzes will die Stadt zusätzlich ein Beratungsangebot schaffen sowie über Fördermöglichkeiten und steuerliche Vorteile informieren. Im Vordergrund steht allerdings das Netzwerken, denn bislang gibt es hier nur wenig Kontakte.

Dass nicht einmal die Eigentümer selbst informelle Kontakte untereinander pflegen, bestätigt Inge Groschupp, seit fast 20 Jahren Miteigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses in der Rheinbrückstraße. Sie engagiert sich seit mehreren Monaten in einer Arbeitsgruppe der Projektgruppe Innenstadt. „Ich kenne selbst nur ganz wenige Hauseigentümer in der Altstadt“, bedauert Groschupp und hat deshalb die Initiative zu dem Eigentümer-Stammtisch ergriffen. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir alle an einem Strang ziehen: Eigentümer, Händler und Stadtverwaltung“, ist Groschupp überzeugt und zeigt viel Herzblut für eine lebendige Altstadt.

Tatsächlich kommt den Eigentümern eine entscheidende Verantwortung zu, wenn es um die Attraktivität der Altstadt geht, denn sie entscheiden letztlich, ob und an welches Gewerbe sie vermieten. Die Steuermöglichkeiten der Stadt sind dagegen sehr begrenzt. Nagelstudios seien nicht zu verhindern, erklärt Elisabeth Vogt: „Jeder, der ein legales Gewerbe anmelden will, kann dies tun. Das Recht gilt für alle gleich.“

Altstadt weiter attraktiv für Einzelhändler

Inge Groschupp hat bei der Vermietung ihres Ladengeschäfts in der Rheinbrückstraße klare Vorgaben gemacht: „Kein Nagelstudio und kein Geschäft, das einem bestehenden Laden unnötige Konkurrenz macht“, so Groschupp. „Am liebsten möchte ich etwas, was es in der Stadt noch nicht gibt.“ Obwohl die Mietersuche für den früheren Süßwarenladen in die Zeit der großen Nahwärmebaustelle in der Rheinbrückstraße fiel, hatte sie viele Interessenten für ihre Geschäftsräume. Dies zeige, dass die Altstadt nach wie vor ein attraktiver Einzelhandelsstandort sei.

Eine lebendige Altstadt bleibt das Ziel: Dirk Reimann und Inge Groschupp vor dem künftigen Spielefachladen in der Rheinbrückstraße.
Eine lebendige Altstadt bleibt das Ziel: Dirk Reimann und Inge Groschupp vor dem künftigen Spielefachladen in der Rheinbrückstraße. | Bild: Obermeyer, Justus

Neues Spielefachgeschäft als Treffpunkt

Im Oktober wird Dirk Reimann hier in der Rheinbrückstraße ein Spielefachgeschäft mit integriertem kleinem Café eröffnen. Im Mittelpunkt des Angebots stehen Gesellschafts- und Brettspiele, die vor Ort auch ausprobiert und angespielt werden können. Er sieht sein Geschäft als „analogen Kontrapunkt in einer zunehmend digitalen Welt und auch als Begegnungsstätte zur Belebung der Innenstadt“. Vergleichbare Angebote gebe es bislang nur in größeren Städten wie in Basel oder Freiburg.

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Hoher bürokratischer Aufwand vor der Geschäftseröffnung

Weil er in seinem Geschäft auch Getränke und kleinere Snacks verkaufen will, hatten Dirk Reimann und seine Vermieterin Inge Groschupp einige bürokratische Hürden zu nehmen. Erforderlich war wegen des Ausschanks beispielsweise eine Baugenehmigung wegen einer Nutzungsänderung. „Dazu mussten nicht nur für den Laden, sondern für das gesamte historische Gebäude Pläne vorgelegt werden, die es gar nicht mehr gibt“, kann Groschupp den Aufwand kaum nachvollziehen. Überhaupt sei es ein Kampf mit der überbordenden Bürokratie: „Ohne die konstruktive Beharrlichkeit von Dirk Reimann hätte ich spätestens beim ‚Online-Nutzungsänderungsantrag im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren mittels einer BundID mittels Aktivierung der Online-Funktion des Personalausweises‘ die Segel gestrichen“, so Groschupp.