Auch dieses Jahr kannte die Bad Säckinger Narrenzunft keine Gnade mit dem amtierenden Bürgermeister Alexander Guhl. Bevor es zum Neujahrsempfang der Narrenzunft in den Gallusturm ging, sei nach Corona, Zeitenwende und Doppelwumms, der „mutmaßliche Untäter und Dauerdelinquent“ zu arretieren und notfalls zu füsilieren, las Narrenpolizist Günter Rünzi am Sonntag vor. Mit den Maisenhardt-Joggele und der Ranzengarde solle er in den Gallusturm geführt werden wo er bei Wasser und Brot sein Dasein fristen solle.
Dort wartete bereits „Dämonenmeister“ Oliver Jehle mit einer langen Anklageschrift. Bestechungsversuche mit einer Flasche Gutedel vonseiten des Stadtoberhaupts waren erfolglos, wegen Gefahr im Verzug wurde er sofort in Gewahrsam genommen, seines Stuhles und seiner Insignien beraubt und sein Schlüssel wurde ihm weggenommen „obwohl er so tat als ob er kein Wässerchen trüben könne“.
Doch zuvor berichtete Zunftmeister Rolf Meyer was ihm durch den Meisenhardt-Abhördienst zu Ohren gekommen war. Um Energie im Rathaus zu sparen, habe Guhl Wolldecken an seine Mitarbeiter verteilt, auch am Licht habe er gespart. Deshalb wurde ihm eine Gasflasche und ein Helm mit Licht geschenkt, „damit ihm die Erleuchtung komme“, wie Dekan Berg das Geschenk süffisant kommentierte.
Außerdem habe Guhl für ein Werbevideo für Bad Säckingen Schweizer Landsleute gedungen. Was habe er sich nur dabei gedacht? In einem Spaßbad, das er mit seiner Frau besucht habe, sei er dann durch eine geschlossene Röhre gerutscht und stecken geblieben. Mit vereinten Kräften und Hilfe des Bademeisters sei er dann aus der Röhre gezogen worden. „Da ist bei mir das Kopfkino angegangen“ grinste Meyer.

Der Bürgermeister habe keinen Respekt vor dem hohen Narrengericht, so einer der weiteren Anklagepunkte. Er sei in der Pandemie trotz Hygienemaßnahmen dem Gericht ferngeblieben, auch am 11.11. nicht erschienen. Solch wiederkehrende Versäumnisse müssten geahndet werden.
Warum dauerte die Installation eines Pollers am Spitalplatz fast sechs Jahre? Das sei eine pure Missachtung. Auch der kommunale Straßenbau sei im Argen. Die Marienstraße sei voller Schlaglöcher, so dass man bei erhöhter Geschwindigkeit einen Bandscheibenvorfall riskiere, ob er so den Kurbetrieb wieder ankurbeln wolle? Dann das nächtliche Tempolimit auf der B34! Dort könne man wegen der Staus doch ohnehin nur nachts Tempo 50 fahren. Die Stadtsäckelleere sei grenzüberschreitend, das Säckinger Stadtwappen sei von Schweizer Seite kaum zu erkennen. Er werde keine Gnade walten lassen, betonte Jehle.

Die Vorwürfe seien abstrus, gab das Stadtoberhaupt zurück. Er habe seinen Mitarbeitern nur Decken gegeben, damit sie sich beim Schlafen zudecken könnten. Bezüglich mangelndem Respekts: Wenn die Narrenzunft den Weg nach Harpolingen nicht gefunden hätte, so sei das nicht seine Schuld. Er beantrage einen Freispruch, obwohl das ja sowieso nichts bringe, sagte er resigniert.
Das hohe Narrengericht verurteilte Guhl dazu, bei sich daheim in Harpolingen die gesamte Zunft bei einem Grillfest zu bewirten, verlas der Zunftmeister das Urteil. Den Hochrheinverdienstorden bekam Jürgen Wassmer von der Ranzengarde. Joachim Butz wurde zum Ehrenzunftmeister ernannt, Karin Schöneich und Waltraud Lüber zu Ehrenmitgliedern.
