Die Gemeindeverwaltung Görwihl hat die Hundesteuerbescheide 2019 verschickt. Demnach beträgt der Jahresbetrag ab dem 1. Januar 200 Euro für den ersten Hund, 100 Euro mehr als bisher. Für jeden weiteren Hund sind wie bisher ebenfalls 200 Euro fällig. Über die vom Gemeinderat im November 2018 beschlossene Erhöhung der Steuer um 100 Prozent für den Ersthund hat sich ein Protest aus der Bürgerschaft erhoben.

Ergebnis: Ein Paket Listen mit rund 800 Unterschriften, mittels derer „eine Überarbeitung der Hundesteuersatzung mit dem Ziel, die Steuer auf eine sozial verträgliche Höhe zu verringern“ gefordert wird. In dem Zusammenhang haben sich Unsicherheiten seitens der Hundehalter ergeben, die das Landratsamt Waldshut auf Anfrage des SÜDKURIER beantwortet.

Ist die Erhöhung der Steuer um 100 Prozent für den Ersthund rechtmäßig?

Antwort vom Landratsamt: „Eine Gemeinde kann grundsätzlich selbst bestimmen, in welcher Höhe Hundesteuer erhoben wird. Bei der Festlegung der Steuersätze hat die Gemeinde einen großen Ermessensspielraum. Begrenzt wird dieser durch die Grundsätze des Rechtsstaates und die Grundrechte. Damit sind Steuern dann unzulässig, wenn sie erdrosselnde Wirkung haben.

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Die Verdoppelung des Hundesteuersatzes hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Jahr 2011 als rechtmäßig anerkannt. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Erhöhung auch im Fall der Gemeinde Görwihl rechtmäßig ist. Es wird nicht davon ausgegangen werden können, dass der Steuersatz von 200 Euro erdrosselnde Wirkung hat.“

Was bedeutet „erdrosselnde Wirkung“?

Landratsamt Waldshut: „Diesen unbestimmten Rechtsbegriff „erdrosselnd“ hat die Rechtsprechung im Laufe der Zeit so definiert: Die erdrosselnde Wirkung einer Hundesteuer ist dann anzunehmen, wenn sie die Hundehaltung im Regelfall wirtschaftlich unmöglich machen bzw. den Hundehalter zwingen würde, sein Tier abzugeben. Die Steuern sind dabei auch in Relation zu den sonstigen mit der Hundehaltung verbundenen Kosten für die tierärztliche Betreuung, Futter und Unterbringung zu sehen.“

Was können Hundehalter mit geringem Einkommen oder geringer Rente, die durch die im Vergleich mit den anderen Gemeinden im Landkreis hohe Hundesteuer in Görwihl in Schwierigkeiten geraten könnten, tun?

Antwort Landratsamt Waldshut: „Es besteht die Möglichkeit, einen Steuererlass beantragen. Die steuerlichen Härtefallregelungen kommen nach unseren Erfahrungen allerdings nur sehr selten zum Tragen. Die Schwierigkeiten müssten durch die Hundesteuer begründet sein und nachgewiesen werden. Dies nachzuweisen, wird angesichts der sonstigen Kosten der Hundehaltung schwierig sein.“

Hundehalter können gegen den Steuerbescheid schriftlich Widerspruch einlegen. Wie müssen sie vorgehen und welche Konsequenzen hat dies?

Landratsamt Waldshut: „Der Widerspruch kann bei der Gemeinde Görwihl oder direkt beim Landratsamt eingereicht werden. Wird der Widerspruch bei der Gemeinde eingereicht, prüft diese zuerst, ob sie abhelfen kann. Wenn nicht, leitet sie ihn an das Landratsamt – Kommunal- und Rechnungsprüfungsamt – als Widerspruchsbehörde weiter.

Dort wird geprüft, ob der Widerspruch form- und fristgerecht eingegangen ist und ob der Widerspruchsführer in seinen Rechten verletzt ist. Würde eine Rechtsverletzung festgestellt, würde dem Widerspruch stattgegeben, der Steuerbescheid würde aufgehoben. Wenn man zu der Überzeugung kommt, dass der Widerspruch keine Aussicht auf Erfolg haben wird, wird dies dem Widerspruchsführer schriftlich mitgeteilt und ihm Gelegenheit gegeben, den Widerspruch zurückzuziehen.

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Sobald mit der Bearbeitung begonnen worden ist, sind nach der Gebührenverordnung des Landratsamts allerdings Gebühren zu erheben. Diese richten sich nach dem entstandenen Aufwand. Wird ein förmlicher Widerspruchsbescheid gewünscht, aufgrund dessen Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg eingelegt werden kann, entstehen deshalb auch höhere Gebühren als bei einer Rücknahme des Widerspruchs.

Wir beurteilen die Hundesteuersatzung als rechtskonform und sehen keine Erfolgsaussichten für einen Widerspruch. Daher können wir den Görwihler Hundehaltern nicht empfehlen, aufgrund der neuen Satzung Widerspruch einzulegen.“

Kann die Hundesteuersatzung wieder im Gemeinderat zur Verhandlung kommen?

Landratsamt Waldshut: „Grundsätzlich bestimmt der Bürgermeister die Tagesordnung. Auf Antrag einer Fraktion oder eines Sechstels der Mitglieder des Gemeinderats kann die Hundesteuersatzung frühestens nach sechs Monaten wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Da es sich bei der Hundesteuer um eine Jahressteuer handelt, die jeweils am 1. Januar entsteht, kann die Steuer jedoch erst wieder für das kommende Jahr neu festgesetzt werden.“

Können Bürger verlangen, dass der Gemeinderat die Hundesteuersatzung überprüft und neu festlegt?

Dazu erklärt das Landratsamt Waldshut: „Hier steht den Bürgerinnen und Bürgern kein direktes Recht zu. Denkbar wäre ein Bürgerbegehren. Dieses ist aber für Kommunalabgaben – und hierzu gehört die Hundesteuer – nicht zulässig. Formlose Anträge auf erneute Behandlung der Hundesteuersatzung, die schriftlich oder mündlich bei der Gemeinde eingereicht oder in der Bürgerfragestunde des Gemeinderats gestellt werden, begründen keine Rechte.“

Wie geht die Gemeinde Görwihl mit Steuerpflichtigen, denen die Zahlung der 200 Euro Schwierigkeiten bereitet, um?

Dazu der Görwihler Rechnungsamtsleiter Martin Schwald: „Wir sind bereit, im Einzelfall zu prüfen, ob eine Ratenzahlung in Frage kommt. Dazu müssen wir jeden einzelnen Fall besprechen, dann finden wir eine Lösung. Möglich sind zwei bis sechs Raten im Jahr. Aber das sind, wie gesagt, Einzelfallentscheidungen. Anträge können an die Gemeindekasse gerichtet werden.“