„Nicht viel Gutes“ kündigte Sozialamtsleiter Axel Albicker den Kreisräten schon zu Beginn seines Berichtes zum Thema Asylbewerber an. Indirekt räumten Verwaltung und Landrat ein, dass Landkreis und Gemeinden nicht wissen, wie es mit der Unterbringung der Flüchtlinge im Herbst weitergehen soll. Auch die neue Container-Siedlung in Tiengen ist bald wieder belegt, Städte und Gemeinden im Kreis melden so gut wie keinen freien Wohn-raum mehr.

Von der Landesverwaltung werden die Flüchtlinge bekanntlich auf die Landkreise verteilt, in die vorläufige Unterbringung, aus der sie spätestens nach zwei Jahren – entweder als anerkannte oder geduldete Flüchtlinge oder aber zur Abschiebung – ausziehen sollen. Für die endgültige Wohnunterbringung danach suchen die Kommunen seit Jahren nach Wohnungen, zuletzt fast immer vergebens.

Lage wird dramatischer

„Wir wissen nicht mehr, wo wir die Menschen unterbringen sollen“, klagt Sozialdezernent Ulrich Friedlmeier. Für die Hoffnung, dass der Zustrom aus Asien und Afrika plötzlich abreißt, wie 2016 geschehen, sieht die Verwaltung keinen Hinweis. Eher wird die Lage dramatischer.

Insgesamt lebten in den 14 Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises Anfang September 752 Menschen. In der neuen Container-Anlage in der Tiengener Weststadt gab es noch 200 freie Plätze. Statt der jeweils 59 Zuweisungen vom Land wie in den Vormonaten wurden dem Landkreis für September 74 Menschen angekündigt.

Tatsächlich dürften es aber über 100 werden, wie eine Nachmeldung des Landes ahnen lässt: Baden-Württemberg muss umplanen und wird im neunten Monat statt der geplanten 4200 nun 5700 Menschen auf die Landkreises verteilen.

Wie geht es im Oktober weiter?

„Und was ist im Oktober?“, fragte die Grünen-Kreisrätin Antonia Kiefer. „Es wird schwierig werden“, war die zögerliche Antwort von Landrat Martin Kistler, der in engem Kontakt mit den Gemeinden steht. Er sieht den Ausweg bisher nur in weiterem Wohnungsbau, um eine „menschenwürdige Unterbringung“ der Migranten zu gewährleisten.

Dass die Anschlussunterbringung durch Städte und Gemeinden aus dem heutigen Wohnungsbestand heraus zu stemmen ist, bezweifelt Kreisrat Fred Thelen (Freie Wähler) „solange Leerstände nicht sanktioniert werden, etwa mit Steuern“. Zwar gebe es viele ältere Eigentümer, die allein in einem großen Haus lebten, aber die hätten oft Angst, gerade an ausländische Menschen zu vermieten.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Das Problem der unbegleiteten minder-jährigen Asylbewerber (uma) ist laut Friedlmeier im Kreis Waldshut nicht so groß wie an den internationalen Verkehrsknoten Lörrach und Konstanz. Aktuell seien 67 uma in Landkreis-Obhut. Sie sind mangels Betreuungspersonal teilweise in Ferienwohnungen untergebracht und werden nur „ambulant“ beaufsichtigt. Auch aus dieser Gruppe, so der Landrat, gebe es im Landkreis positive Beispiele ehemals Betreuter, die heute nach einer Ausbildung im Berufsleben stehen.

Der Blick auf die Zahlen

So viele Plätze gibt es

944 Plätze für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen gibt es laut Verwaltung im Kreis Waldshut. Das kann jedoch nicht ausgeschöpft werden, weil die Mehrfachbelegung von Zimmern nicht immer sozial-verträglich funktioniert.

Hier kommen die Geflüchteten her

764 Menschen sind im September in Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises untergebracht. Unter den Herkunftsnationen finden sich Kriegsländer wie Syrien (183) und Afghanistan (71), an der Spitze aber steht EU-Beitrittskandidat Türkei mit 192 Asylbewerbern.

So sieht es mit der Anschlussunterbringung aus

Es gebe jetzt „praktisch keinen Wohnraum mehr“ für die Unterbringung in den Gemeinden, sagt Landrat Martin Kistler nach vielen Gesprächen mit Bürgermeistern. Er plädiert dafür, dass Asylbewerber mit geringen Bleibeperspektiven in Baden-Württemberg vom Land gar nicht erst auf die Landkreise verteilt werden.

2667 Ukrainer mit Sonderstatus im Landkreis

Diese Kriegsflüchtlinge durchlaufen kein Asylverfahren, dürfen sofort arbeiten und verursachten auch keine Unterbringungsprobleme. Nur 23 leben in einer Gemeinschaftsunterkunft. Hinter den Ukrainern stehen Fragezeichen: Gehen sie nach einem möglichen Ende des Krieges wieder in ihr Land zurück oder bleiben sie hier? Beides hätte Folgen für Arbeitsmarkt und Wohnraumangebot.