12 Parteien, ein Bewerberfeld von 23 Personen, davon sieben Frauen. Nicht einmal ein Drittel der Bewerber um ein Landtagsmandat im Wahlkreis Waldshut sind Frauen. Noch düsterer: Bei den Erstkandidaten, also der Topposition der Parteien, sind von 12 Bewerbern sogar nur zwei weiblich – ein Sechstel, aber bereits doppelt so viele wie 2016, als Petra Thyen von den Grünen die einzige Erstkandidatin war. Etwas ernüchternd: Sieben Parteien – SPD, AfD, FDP, Linke, ÖDP, Freie Wähler und die Basis – schicken gleich zwei Männer ins Rennen. Immerhin auf einen Kandidaten als Erstbewerber und eine Kandidatin (Alexandra Höfle) auf der zweiten Position setzen wenig überraschend die Grünen, aber auch Volt (Sabrina Büsing) und W2020 (Katja Rauschenberg). Zwei Parteien dagegen heben sich ab und stellen jeweils gleich zwei Frauen auf: Die Klimaliste Baden-Württemberg (Nadina Mäder und Jasmin Wiibers) und – der Gedanke liegt nicht unbedingt am nächsten – die CDU, die neben der Landtagsabgeordneten Sabine Hartmann-Müller außerdem Nathalie Rindt ins Rennen schickt.
Fehlten Zeit und Kraft?
Die Feministin in mir applaudiert kurz und verdreht dann die Augen. Warum stehen denn da insgesamt so wenige Frauen auf dem Stimmzettel? Meine Vermutung: Viele hatten 2020 während der Corona-Pandemie mit Homeoffice, Homeschooling, Unterstützung von diversen Angehörigen, zusätzlich zur Zuständigkeit für die gute Stimmung im Familien-Lockdown, mal so absolut gar keine Zeit und Kraft mehr, sich nun auch noch in der Politik engagieren zu wollen. Wie ich darauf komme? Geraten. Aber darüber, wie viele nicht als Erwerbsarbeit anerkannte Tätigkeiten auch 2021 immer noch an Frauen hängen bleiben, lässt sich wunderbar diskutieren, streiten, den Kopf schütteln, aufstampfen oder ganz nach Belieben auch leise weinen.
Natürlich gibt es aber auch Frauen, die familiär nicht so eingespannt sind und sich dennoch nicht zur Wahl stellen. „Na also, die Frauen wollen wohl selber gar nicht in verantwortungsvolle öffentlich anerkannte Positionen wie die Landespolitik! Selber Schuld!“, mögen Kritiker vermuten. Ist das so? Natürlich nicht! Vor allem, weil solche Verallgemeinerungen völlig unpassend sind. „Der schlimmste Fehler von Frauen ist ihr Mangel an Größenwahn“, sagte einst die Schriftstellerin Irmtraud Morgner (1933-1990). Achtung, das Eis wird nun sehr dünn. Aber egal. Mit dieser Diskussion drehen wir uns eh nur im Kreis.
Welche Rolle spielt das biologische Geschlecht?
Also zurück zum Anfang. Frauentag hin oder her – ist denn die Frage nach Frauen auf dem Stimmzettel in diesem Zusammenhang überhaupt die richtige? Eigentlich nicht, denn sie zielt auf körperliche Unterschiede ab, die bei der Frage der Kompetenz für ein Mandat absolut unerheblich sind. Trotzdem brauchen wir in der Politik – Achtung, geschlechtergerechte Schreibweise – FeministInnen. Also Menschen, die sich für die gesellschaftliche Anerkennung der Leistungen von Frauen einsetzen und aktiv bei der Etablierung echter Gleichberechtigung mitwirken. Bezogen auf auf Parlamente heißt das: Entscheidungen treffen und Themen setzen, die in diese Richtung zielen. Wo? Bei Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Lohngerechtigkeit oder den Risiken von Altersarmut für Frauen, um nur drei Beispiele zu nennen. Ehrlich: Welches biologische Geschlecht diese Personen dann haben, spielt doch gar keine Rolle. Denn – und das mag in vielen plakativen Diskussionen gerne mal vergessen werden – nicht jeder Mensch männlichen Geschlechts ignoriert die Ungleichheiten und nicht jeder Mensch weiblichen Geschlechts kritisiert die gegebene Situation.
Feminismus geht übrigens auch im ganz Kleinen. Dafür gibt es ein wunderbares Beispiel aus unserer Region: 2019 entschieden sich die Freien Wähler in Ühlingen-Birkendorf, ihre Kandidaten für den Gemeinderat in alphabetischer Reihenfolge, getrennt nach Ortsteilen, aufzustellen, mit dem Zusatz, dass die Kandidatinnen immer vorne aufgelistet werden.
Es könnte doch alles so einfach sein. Ist es aber nicht. Darum ist es wichtig, am 14. März wählen zu gehen. Und wer auch immer unseren Wahlkreis gewinnen sollte und damit die Chance hat, durch sein oder ihr politisches Wirken Einfluss zu nehmen: Hört auf die Feministin in euch und behaltet die Gleichberechtigung im Blick.