Mit einem ausgesprochen glimpflichen Urteil kam ein 40-jähriger Angeklagter aus dem westlichen Landkreis davon, der sich vor dem Amtsgericht Bad Säckingen wegen einer gefährlichen Verfolgungsjagd mit der Polizei verantworten musste. Zwar hat er eine Geldstrafe von insgesamt 3000 Euro zu bezahlen, auf einen eigentlich in aller Regel ausgesprochenen Führerscheinentzug verzichtete das Gericht aber. Nicht einmal ein befristetes Fahrverbot sprach Amtsrichter Jan Meents aus. „Es gibt gute Argumente, bei Ihnen die Ausnahme von der Ausnahme zu machen“, erklärte Meents das milde Urteil. Nicht nur, weil er durch seine Beschäftigungen in der Schweiz und als Nebenerwerbs-Landwirt auf sein Fahrzeug angewiesen ist, sondern auch aufgrund seines hohen gesellschaftlichen, ehrenamtlichen und sozialen Engagements ließ der Richter noch einmal Milde mit dem 40-Jährigen walten.

Mit 150 Stundenkilometern über den Hotzenwald

Der Polizeibericht von Ende September 2023 und die Anklageschrift liest sich abenteuerlich: Eine Polizeistreife hatte in einer Nacht zum Sonntag gegen 2.30 Uhr in einer Hotzenwaldgemeinde eine Verkehrskontrolle eingerichtet. Der damals 38-Jährige, der mit seinem VW Golf auf den quergestellten Streifenwagen zufuhr, verlangsamte zunächst seine Geschwindigkeit, fuhr dann aber über den Randstreifen an der Polizei vorbei, um dann mit Vollgas die Flucht zu ergreifen. Er missachtete die Stopp-Signale und das Blaulicht und versuchte, über Nebenstrecken die Verfolger abzuschütteln. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Kilometern pro Stunde sei er über die kurvenreiche Strecke des Hotzenwalds gerast, habe dabei andere Verkehrsteilnehmer missachtet und sei dabei mehrmals fast aus der Kurve geflogen, so der Erste Staatsanwalt Tobias Haselwander in der Anklageschrift. Schließlich sei der VW auf ein Feld gefahren und dort nach einer Kollision mit einem Baum zum Stehen gekommen. Der Fahrer setzte daraufhin die Flucht zu Fuß fort. Die Polizei setzte bei der Suche nach dem Fahrer einen Hubschrauber ein, konnte seiner zunächst aber nicht habhaft werden.

Angeklagter will Polizeisignale nicht gesehen haben

Vor Gericht schilderte der 40-Jährige seine Version der Verfolgungsjagd: Er habe das Polizeiauto nicht erkannt, sondern für ein ganz normales abbiegendes Fahrzeug gehalten, an dem er vorbeigefahren sei, behauptet der Angeklagte. Als das andere Fahrzeug ihn verfolgt habe, habe er „Panik bekommen“. „Da war kein Haltesignal, kein Blaulicht, nix“, versicherte er. „Ich habe Angst bekommen, weil ich nicht wusste, was die von mir wollen. Ich dachte, die wollen mir ans Leder.“ Um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen, habe er die Flucht ergriffen. Alkoholisiert sei er nicht gewesen, weil er zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Wochen bewusst abstinent lebte. Auch die von der Polizei geschätzte Höchstgeschwindigkeit zweifelte er an. „So schnell kann ich mit dem 20 Jahre alten Golf auf dieser Strecke gar nicht fahren“, so der Angeklagte. Staatsanwalt und Richter schenkten seiner Aussage allerdings wenig Glauben, insbesondere, dass er die Signale der Polizei nicht erkannt haben will – zumal der Angeklagte selbst seit vielen Jahren in einer Blaulicht-Organisation engagiert ist.

Staatsanwalt zeigt ungewöhnliche Milde

Staatsanwalt Tobias Haselwander machte dem Angeklagten deutlich, dass es juristisch keine Rolle spiele, ob er vor der Polizei geflohen sei oder vor einem unbekannten Dritten. Der Ankläger erkannte aber an, dass der 40-Jährige aus vielen Gründen auf seine Mobilität angewiesen ist. Angesichts dieser Umstände stellte er in Aussicht, auf Führerscheinentzug und Fahrverbot zu verzichten. Zwei Jahre nach dem Vorfall sei auch eine erzieherische Maßnahme nicht zwingend notwendig. „Ich sehe nicht das Bedürfnis, mit dem Fahrverbot nachzulegen“, so Staatsanwalt Haselwander.

Das könnte Sie auch interessieren

Richter Jan Meents zeigte sich überrascht von der Milde des Staatsanwalts. In anderen Fällen habe die Staatsanwaltschaft dagegen „sehr verbissen an einem Führerscheinentzug festgehalten“, so seine Erfahrung als Richter. Inhaltlich schloss er sich aber der Argumentation an: „Ich habe den Eindruck, dass Sie etwas aus dem Vorfall gelernt haben“, sagte er zum 40-Jährigen, der ansonsten weder strafrechtlich noch verkehrspolizeilich auffällig gewesen war.

Bei der Strafzumessung hielt er es aber für angemessen, die Geldstrafe gegenüber dem ursprünglichen Strafbefehl zu erhöhen. Mit 60 Tagessätzen zu je 50 Euro – also insgesamt 3000 Euro – fällt sie auch 1000 Euro höher aus, als Staatsanwalt und Verteidiger in ihren Plädoyers gefordert hatten.