Pfingsten 2015: Ein Datum, das eine Zäsur für die Albtalstraße und alle, die sie gerne befahren, bedeutet. Hatte 156 Jahre lang die idyllische Straße mit ihren fünf Tunneln Albbruck und Görwihl verbunden, herrscht nun seit zehn Jahren gespenstische Ruhe auf der Strecke.
Denn seit ein 14 Tonnen schwerer und vier Meter hoher Fels auf die Straße hinunter gekracht ist, ist der Abschnitt zwischen der Tiefensteiner Brücke und Hohenfels gesperrt – und nicht nur mit einfachen Schildern, sondern mit Steinbarrikade und Zäunen.
Zehn Jahre, in denen viel geschehen ist. Politiker haben sich den Stein angeschaut. Schilder wurden aufgehängt. Jährlich muss die Salpeterer-Bewegung, die sich für die Öffnung der Strecke einsetzt, die Zahlen ändern, die angeben, wie lange die Albtalstraße schon gesperrt ist. Partymöbel wurden aufgebaut, der Stein verschwand und tauchte plötzlich wieder auf.

Und es gab ein Ereignis, das Hoffnung gab. Es war im Sommer 2017, zwei Jahre nach der Sperrung. Verkehrsminister Winfried Hermann hatte damals das Albtal besucht, um sich vor Ort ein Bild von der Situation zu machen und um einen seither viel zitierten Satz zu äußern. „Mein Ziel ist schon, dass wir die Straße wieder aufmachen können“, sagte der Grünen-Politiker damals vor rund 300 Bürgern. Das ist nun auch schon wieder acht Jahre her.
Doch wie ist aktuell der Stand in Sachen Albtalstraße?
„Das Ziel ist es, die Straße so schnell wie möglich zu sanieren“, teilt Julia Fohmann-Gerber, Sprecherin des Landratsamtes Waldshut, auf Anfrage mit. Dort wird seit einigen Jahren geplant und eine Antwort auf die Frage „Wie können die Felssicherungen aussehen?“ gesucht. Denn nach dem Felssturz 2015 hatte es ein geologisches Gutachten gegeben. Das Ergebnis war ernüchternd: Massive Felssicherungsmaßnahmen seien nötig, bevor die Straße wieder geöffnet werden kann.

Daran hat sich bis heute nichts geändert: „Hierbei bleibt es. Ohne Sicherungsarbeiten darf die Straße nicht wieder geöffnet werden“, so Fohmann-Gerber. Doch wie sollen diese Maßnahmen aussehen. Der ursprüngliche Plan hatte Kosten in Höhe von 30 Millionen Euro vorgesehen, um die 2,8 Kilometer lange Straße wieder befahrbar zu machen. Im Vergleich zum Wehra- und Schlüchttal reiht sich im Albtal auf einer sehr kurzen Strecke ein Gefahrenbereich an den anderen.
Die Maßnahmen reichen von Einzelfelsformationen, die im nördlichen Bereich gesichert werden müssen, bis zu Vernetzungen im südlichen Bereich und Energie- und Geröllfangzäunen, die an der Felskante aufgestellt werden müssen. „Ursprünglich hatte das von uns beauftragte geologische Fachbüro 35 Zäune geplant“, sagte Caren-Denise Sigg, die zuständige Dezernatsleiterin im Landratsamt Waldshut, im April 2024. Ein Felszaun koste pro Quadratmeter 120 Euro aufwärts. Das summiere sich.
Es gibt andere Ideen
Allerdings gab es mittlerweile auch eine andere Idee. Die Salpeterer-Bewegung macht sich nicht nur mit kreativen Aktionen wie Blumenbeeten, Schildern oder dem Stein des Anstoßes für die Wiedereröffnung der Straße stark, sondern auch mit konkreten Vorschlägen. Sie hat nämlich einen Geologen gefunden, dessen Sicherungsmaßnahmen wohl keine 30 Millionen Euro kosten würden.

Und im Landratsamt ist diese Idee auf offene Ohren gestoßen: „Wir haben gesagt: ‚Natürlich schauen wir uns das an! Wir wollen auch wegkommen von den hohen Kosten, den großen Eingriffen und den langen Ausführungszeiten, die im Raum stehen‘“, so Sigg vor gut einem Jahr.
Und scheinbar war es eine ziemlich gute Idee, die die Salpeterer-Bewegung dem Landratsamt präsentiert hat. Denn Forhmann-Gerber sagt dazu: „Die Salpeterer haben mit ihrem Vorstoß den Grundstein für die aktuelle Planung gelegt.“
Mittlerweile liege auch ein neuer Entwurf vor. „Die Sicherungsmaßnahmen konnten wesentlich reduziert werden und beschränken sich – nach dem aktuellen Planungsstand – im Wesentlichen auf Zäune, eine flexible Steinschlaggalerie sowie Übernetzungen im unmittelbaren Nahbereich der Straße.“
Und es gibt gute Nachrichten: „Die aktuelle Kostenschätzung liegt deutlich darunter“, sagt Fohrmann-Gerber mit Bezug auf die 30 Millionen Euro, die die Realisierung der ursprünglichen Planungen gekostet hätte. Wie hoch die Kosten tatsächlich werden, werde sich aber erst nach einer Ausschreibung valide beantworten lassen.
Auch ein weiterer Punkt spricht dafür, dass es im Hinblick auf die Albtalstraße vorwärtsgeht. Denn um die Maßnahmen umsetzen zu können, muss es auch gleichzeitig Ausgleichsmaßnahmen geben. Hier ist das Landratsamt bereits daran, von Waldbesitzern entsprechende Flächen zu erwerben. „Der Flächenerwerb ist immer ein vorbereitender Schritt im Rahmen einer Sanierung. Die Verhandlungen sind auf einem guten Weg“, sagt die Sprecherin des Landratsamtes.
Nachdem in den vergangenen Jahren doch etliche Termine – vor allem Jahreszahlen – genannt wurden, wann die Albtalstraße wieder geöffnet werden wird, sieht es nun anders aus. Einen konkreten Termin nennt das Landratsamt nicht mehr. „Ein Zeitplan kann aktuell noch nicht valide kommuniziert werden“, sagt Fohrmann-Gerber. Aber sie fügt hinzu: „Das Ziel ist es aber, die Straße so schnell wie möglich zu sanieren.“
Die Geschichte der Albtal-Sperrung
Die Albtalstraße ist nach Steinschlag seit Pfingsten 2015 gesperrt. Viel Politikerbesuch, doch nichts hat sich getan, wie unsere Chronologie zeigt.
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