Schnelles Internet ist für die meisten Bürger und Unternehmen mittlerweile so wichtig wie ein Strom- und Wasseranschluss. Viele Häuslebauer würden immer häufiger danach fragen, wie es um die Leitungen bestellt ist, bevor sie den Kauf eines Grundstücks in einem Baugebiet überhaupt erst in Erwägung ziehen, berichtet der Rheinfelder Oberbürgermeister Klaus Eberhardt. Und auch Reinhard Börner weiß: "Es ist eine Existenzfrage." Der Ortsvorsteher von Eichsel spricht aus eigener Erfahrung. Im Familienbetrieb, dem Hotel Maien, dessen Leitung er vor einigen Jahren an seinen Sohn übergeben hat, geht ohne drahtloses Internet, dem sogenannten WLAN, heutzutage gar nichts mehr. "Die Hotelgäste verlangen das", erzählt Börner. Da das Maien auch für Tagungen und Seminare gebucht wird, bringen viele Gäste ihren Laptop mit. Während tagsüber das Arbeiten damit halbwegs möglich ist, das Schneckentempo aber viele Nutzer des Internets an den Rand der Verzweiflung bringt, "ist es abends manchmal ganz weg", sagt Reinhard Börner.
Abhilfe ist zum Glück in Sicht. Mit dem Spatenstich fiel vor wenigen Wochen in Adelhausen endlich der Startschuss für die Breitband-Erschließung auf dem Dinkelberg. "Wir bauen eine große Backbone-Achse, die den Hochrhein mit dem Wiesental verbindet", teilt Paul Kempf, Geschäftsführer des Zweckverbandes Breitbandversorgung des Landkreises Lörrach, dazu mit. Der Bau der gut neun Kilometer langen Hauptleitung zwischen den Rheinfelder Ortsteilen Adelhausen, Eichsel und Minseln sowie zwischen dem Steinener Ortsteil Hüsingen soll insgesamt 1,5 Millionen Euro kosten.
"Wir haben die gleichen Probleme wie Rheinfelden mit seinen Flächengemeinden", klagt Bürgermeisterstellvertreter Christof Gebhardt aus Steinen.
Bis das Internet mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde aus der Leitung fließt, braucht es aber noch etwas Geduld für die leid geplagten Dinkelberg-Bewohner. Paul Kempf rechnet mit einer Bauzeit von eineinhalb bis zwei Jahren. Schließlich muss jede Straße in den Ortsteilen angeschlossen werden. "Wir bauen so schnell wir können, aber es kommt auf den Winter drauf an", sagt Kempf und fügt hinzu: "Es geht zwar jetzt los, aber es braucht noch etwas Geduld."
Der Zweckverband schafft mit den Leitungen lediglich die Voraussetzungen fürs schnelle Surfen im Netz. Wer das Glasfaser nutzen will, muss einen Anschluss beim Zweckverband oder der Betreiberfirma Pepcom beantragen. Er kostet einheitlich im Landkreis 714 Euro. Bislang liegt die Anschlussquote bei gut 60 Prozent. Wer noch unentschlossen ist, sollte sich beeilen, sagt Kempf: "Wenn die Baufirma erstmal am Haus vorbei ist, ist es vorbei."

Etwas schneller als noch in der Vergangenheit sind inzwischen die Leitungen in der Kernstadt. "Wir könnten ansonsten die Schildgasse als Gewerbegebiet auf Dauer nicht halten", sagt Oberbürgermeister Klaus Eberhardt, der im Breitband einen wichtigen Standortfaktor für Unternehmen sieht. "Was im letzten Jahrhundert die Straßen waren, ist heute der Glasfaserausbau", so der Verwaltungschef.
Einer der Unternehmer aus der Schildgasse, der auf schnelles Internet angewiesen ist, ist Frank Pfister. Er leitet die Firma CVS Engineering, die auf Kompressoren und Vakuumpumpen spezialisiert ist. Das Internet ist das tägliche Arbeitsmittel des Geschäftsführers und seiner Mitarbeiter. "Wir tauschen große Datenmengen mit anderen Firmen aus und führen Videokonferenzen mit Kunden und unserer Zentrale in Taiwan", zählt Pfister auf. Auf die Frage, ob sich das Unternehmen aus Rheinfelden zurückgezogen hätte, wenn die Internetverbindung nicht schneller werden würde, antwortet er: "Überlegt haben wir das schon, aber realistisch wäre dieser Schritt nicht." Stattdessen hatte er sich bereits mit dem Gedanken auseinandergesetzt, selbst Geld in die Hand zu nehmen, um dem Internet auf die Sprünge zu helfen. 70 000 Euro hätte CVS investiert, um gemeinsam mit zwei anderen in der Schildgasse angesiedelten Unternehmen auf eigene Rechnung Glasfaserleitungen verlegen zu lassen. Umso glücklicher ist Pfister, dass er sich dank des Zweckverbands Breitbandversorgung dieses Geld sparen kann.
Glasfaser auch aus der Luft
Nicht nur in der Erde, auch in der Luft befinden sich Glasfaserkabel. Energiedienst (ED) hat vor einigen Monaten damit begonnen, daumendicke Leitungen auf den Hochspannungsmasten zwischen Zell im Wiesental und Schönau zu verlegen. Das Besondere daran: Im Inneren des Seils befinden sich 144 Glasfaser. "In erster Linie dient das neue Kabel der Steuerung", erklärt Informationstechniker Michael Schneider von Energiedienst. ED Netze wird das neue optische Erdungskabel insbesondere für die Fernüberwachung und Steuerung des Stromnetzes verwenden, um Messwerte zur Netzleitstelle zu übermitteln.
Weil die Leitung aber eine viel größere Kapazität als die bisherigen Kupferkabel besitzt, kann der Zweckverband Breitband sie für sein Glasfasernetz als Hauptstrang nutzen. Weitere Luftkabel wurden in Rheinfelden und Weil am Rhein montiert. In den nächsten zwei bis drei Jahren sollen noch vier weitere Strecken im Landkreis mit den neuen Kabeln ausgerüstet werden.
Wie der Landkreis digital dasteht
Die Prognos AG, eines der ältesten Wirtschaftsforschungsunternehmen Europas mit Hauptsitz in Basel, hat 2016 erstmals einen Digitalisierungskompass veröffentlicht.
- .Was ist der Digitalisierungskompass? Wie schneiden die Kreise und Städte beim Thema Digitalisierung ab? Wo liegen die deutschen Digital-Hotspots? Der Digitalisierungskompass liefert Hinweise, wie fortgeschritten die Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt in den Regionen ist und in welchen Teilen Deutschlands Aufholbedarf besteht. Denn Digitalisierung hat sich zu einem entscheidenden Standortfaktor für Regionen entwickelt.
- .Wie wurde der Digitalisierungskompass erstellt? Die Studie basiert auf drei Indikatoren, die für 402 Landkreise und kreisfreien Städte ausgewertet wurden. Für den Indikator wurden 345 Berufsgruppen identifiziert, die als Treiber der Digitalisierung in verschiedenen Branchen gelten. Hierzu zählen unter anderem Informatiker, Designer und Ingenieure in der Automatisierungstechnik.
- .Wer hat in Deutschland digital die Nase vorn? Die Ergebnisse des Digitalisierungskompasses zeigen: Deutschland verfügt über zehn regionale Hotspots der Digitalisierung. Dies sind neben der Region München das Rhein-Main-Gebiet, Stuttgart-Böblingen, Hamburg, Berlin, Erlangen, Düsseldorf, Köln, Mannheim, Karlsruhe und Ingolstadt. Diese Regionen erreichen die Bestwertung von fünf Sternen im Digitalisierungskompass. Ausschlaggebend für die gute Bewertung sind ein dynamischer Arbeitsmarkt für digitale Impulsgeber, eine hohe Gründungsrate von IT-Unternehmen und eine hohe Dichte an bestehenden IT-Berufen.
- .Wie gut oder schlecht steht der Landkreis Lörrach digital da? Gute Chancen räumen die Macher der Studie dem Landkreis Lörrach bei der Digitalisierung ein. Im bundesweiten Vergleich lokalisiert der Digitalisierungskompass den Kreis damit im unteren Mittelfeld (drei Sterne). Damit liegt Lörrach vor dem Kreis Breisgau-Hochschwarzwald (zwei Sterne). Schlusslicht in Baden-Württemberg bildet der Kreis Waldshut. Ihm attestiert die Studie eine schlechte Chance auf Digitalisierung. Unter dem Namen "Connect Dreiländereck" haben sich IT-Unternehmen von Ober- und Hochrhein 2013 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen.