Rheinfelden Jahresbilanzen von städtischen Eigenbetrieben gehören gewöhnlich nicht zu den Aufregerthemen in Gemeinderatssitzungen – vor allem wenn sie sich auf einen Zeitraum beziehen, der mehr als vier Jahre zurückliegt. In der Sitzung des Hauptausschusses wurde diese Woche aber deutlich, dass beim Jahresabschluss 2021 der Stadtwerke Rheinfelden wohl einiges im Argen liegt. Das städtische Rechnungsprüfungsamt hat den Abschluss geprüft und gravierende Mängel in der Sparte Wärmeversorgung festgestellt. Die genauen Abläufe lassen sich heute nur noch schwer nachvollziehen.
Das Rechnungsprüfungsamt hat Schwerpunkte gebildet, mit denen es unterschiedliche Aspekte des Abschlusses unter die Lupe genommen hat. „Die gebildeten Schwerpunkte konnten in weiten Teilen nicht abschließend geprüft werden, da die erforderlichen Nachweise und Belege nicht vollständig vorgelegt und Rückfragen nicht beantwortet wurden“, heißt es in Bezug auf den Zweig Wärmeversorgung.
Dabei fällt vor allem ein Punkt ins Auge: Die Stadtwerke haben offenbar im vierten Quartal 2021 keine Rechnungen gestellt – so für Baukostenzuschüsse oder Leistungen für Wärmekunden. Die Stadtwerke selbst nennen diesen Umstand in ihrem Jahresabschluss – neben hohen Abschreibungen und Aufwendungen für Fremdleistungen – als einen Grund für den ungewöhnlich hohen Jahresverlust in Höhe von rund 304.000¦Euro. Als Ursache wird „eine strukturelle Überforderung des damaligen Betriebsführers EWS Energie nach dem Wechsel in der Geschäftsführung“ Ende April 2021 angegeben.
„Die fehlende Darstellung der offenen Forderungen im Jahresabschluss verletzt den Grundsatz der Vollständigkeit und darüber hinaus außerdem den Grundsatz der periodengerechten Zuordnung von Erträgen“, kritisiert das Rechnungsprüfungsamt. Die Höhe der offenen Forderungen habe im Zuge der Rechnungsprüfung nicht ermittelt werden können. Um wie viel Geld es also überhaupt geht, ist also nicht klar.
Bürgermeisterin Kristin Schippmann erläutert im Gespräch mit dieser Zeitung die Hintergründe, warum es zu den Problemen gekommen ist: Im Jahr 2021 hatte die Schönauer EWS Energie GmbH die kaufmännische Betriebsführung der Stadtwerke in der Sparte Wärmeversorgung inne. Im darauffolgenden Jahr übernahm die HBG GmbH mit Sitz in Zell diese Aufgabe. Die HBG verfasste dann auch den Jahresabschluss 2021. Inzwischen hätten aber Personen bei der EWS gewechselt. Das Problem sei somit wohl auch in fehlenden Informationsflüssen gelegen. Viele Details ließen sich heute nicht mehr genau rekonstruieren, so Schippmann.
Ob damit ein finanzieller Schaden entstanden ist, werde derzeit geprüft, sagt Schippmann. So können die ausstehenden Rechnungen gegebenenfalls auch noch in den Folgejahren nachgeholt werden. Die Stadtwerke schreiben dazu im Jahresabschluss 2021, dass die ausstehenden Rechnungen 2022 ausgestellt worden seien und somit kein Vermögensschaden entstanden sei. Schippmann weist darauf hin, dass es bei Rechnungen eine Verjährungsfrist gebe. Ob die in einigen Fällen abgelaufen sei, könne man jetzt noch nicht sagen. Dazu müssen erst noch die Abschlüsse der Folgejahre überprüft werden. Aus diesem Grund lasse sich zurzeit auch noch nicht sagen, ob sich auch nach 2021 weitere Probleme in den Abschlüssen finden. Die kaufmännische Betriebsführung sowohl beim Wasser wie auch bei der Wärmeversorgung betreiben die Stadtwerke inzwischen in Eigenregie. Das hatte der Gemeinderat bereits Mitte 2021 so beschlossen. Wirksam wurde das ab Anfang 2024.
Angesichts von Verjährungsfristen stellt sich die Frage, warum der Jahresabschluss 2021 erst jetzt geprüft wurde. Das hat zwei Gründe: Zum einen habe die HBG den Abschluss verspätet im Jahr 2023 erstellt, erläutert Schippmann. Die Deadline wäre eigentlich der 30.¦Juni 2022 gewesen. Zum anderen sei aber auch das Rechnungsprüfungsamt im Rathaus länger vakant gewesen.
Der Ärger über diese Vorgänge kam im Hauptausschuss deutlich zum Ausdruck. Dietmar Häßler (Freie Wähler) sprach von „eklatanten Verfahrensfehlern“. Der Abschluss werfe eine ganze Reihe von Fragen auf, sagte Dieter Meier (CDU). „Gibt es überhaupt noch die Möglichkeit jemanden dafür verantwortlich zu machen?“, fragte er. Die Mängel hinterließen einen Eindruck von „unzureichender Kontrolle, lückenhafter fachlicher Kompetenz und fehlenden Kontrollmechanismen“, kritisierte Gustav Fischer (SPD). Sollte sich das fortsetzen, müsse man ein Compliance-Management bei den Stadtwerken einführen, forderte Fischer.
Am Donnerstag, 26.¦Juni, beschäftigt ich der Gemeinderat mit dem Thema.