Herr Jegle, wie empfanden Sie die Hauptausschuss-Sitzung in Rheinfelden, in der es um die Zukunft der Schulen ging?

Es war aufgrund der Übertragungsqualität anstrengend, dem Vortrag zu folgen, obwohl ich die Analyse des Fachbüros schon im Vorfeld kannte. Ich hatte den Eindruck, dass die Vor- und Nachteile nicht richtig herauskamen.

Der Fokus lag tatsächlich auf Quadratmeterzahlen, Umbauweisen und Finanzen. Wie beurteilen Sie die Situation denn aus pädagogischer Sicht?

Der Erhalt des Standorts in Eichsel macht nur Sinn, wenn das pädagogische Konzept angepasst wird. Die aktuelle Situation ist nicht befriedigend. Wir haben vier Klassen und vier Räume. Das heißt, dass wir keinen Raum haben für spezielle Lernformen, sei es für ruhiges, konzentriertes oder für kooperatives Arbeiten. Deshalb ist die Entwicklung dort kaum möglich. Das, was geht, tun wir natürlich, aber wir kommen schnell an unsere Grenzen. In Minseln sind wir aufgrund der anderen Raummöglichkeiten schon erheblich weiter in der Schulentwicklung.

Heißt das für Sie, dass es eigentlich nur eine Option gibt, nämlich Eichsel zu schließen?

Nein, es gibt verschiedene Optionen. Das jahrgangsübergreifende Lernen als Konzept, wie es für Eichsel vorgeschlagen wurde, ist interessant. Das würde für diesen Standort eine andere pädagogische Konzeption bedeuten, die durchaus ihre Berechtigung hat. Es hat aber auch Vorteile, wenn wir die Schule zentrieren und die Energien bündeln.

Was wäre denn ein Vorteil eines jahrgangsübergreifenden Lernens?

Heutzutage spricht man vom reziproken Lernen, das heißt, Kinder lernen von anderen Kindern und Kinder unterrichten andere Kinder. Man kann am gleichen Thema mit unterschiedlicher Durchdringungstiefe arbeiten, je nach Leistungsfähigkeit. Jahrgangsgemischte Klassen haben auch den Vorteil, dass man nicht mehr das Gefühl hat, ein Kind braucht länger und eines marschiert einfach durch. Wir können so den Kindern, je nach Bedürfnis, im gleichen sozialen Umfeld unterschiedlich lange Zeit geben. Wir können in Eichsel Kinder auch unterjährig aufnehmen.

Was bedeutet das?

Nun, wenn wir zum Beispiel ein Kindergartenkind haben, das wahnsinnig fit ist, können wir es zum Halbjahr aufnehmen und das kann dann in anderthalb Jahren schon in die dritte Klasse gehen. Ein anderes Kind kann für die Eingangsstufe drei Jahre brauchen, hat aber eben auch das beständige Umfeld. Das Kind hat also einfach so lange Zeit, wie es braucht, um die geforderte Leistung zu bringen.

Wie ist denn die Stimmung innerhalb des Kollegiums? Gibt es Lehrkräfte, die Lust auf diese neue pädagogische Ausrichtung hätten?

Ja, das durchaus. Es bedeutet, sich auf eine neue Art zu arbeiten einzulassen. Es braucht neue Methoden, andere Materialien. Einige Kollegen haben Lust dazu.

Mit Ihnen arbeiten an der Dinkelbergschule aktuell zwölf Lehrkräfte. Wechseln Sie innerhalb des Kollegiums zwischen den Standorten?

Bis zum Halbjahr war ich noch derjenige, der zwischen Minseln und Eichsel gependelt ist. Dann ist mir aber eine Kollegin weggebrochen, weshalb ich die Klassenleitung übernehmen musste und nun nur noch in Minseln bin. Daher ist das Gesamtkollegium relativ getrennt, bis auf eine Kollegin aus Eichsel, die noch zwei Stunden pro Woche in Minseln ist.

Das ist ein Nachteil bei zwei Standorten, oder?

Das ist ein Nachteil, den wir bei einer Bündelung an einem Standort auffangen können. Vertretungen ließen sich leichter organisieren. Auch sind wir vom IBBW (Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg) aufgefordert, mittels neuem Feedbackbogen Qualitätsentwicklung zu betreiben, was gegenseitige Hospitationen in Unterrichtsstunden bedeutet, um zu bestimmten Themen Feedback geben zu können. Das ist schwierig, wenn ich vor Ort vier Lehrer habe und vier Klassen versorgen muss. Da kann ich schlecht jemanden rausnehmen und die Klasse sich selbst überlassen. Mit Blick auf Schulentwicklung und Unterrichtsqualität wäre ein Standort von Vorteil.

Unter diesen Gesichtspunkten machen doch aber zwei Standorte keinen Sinn?

Doch, wenn sich die Konzeptionen unterscheiden. Wenn wir sagen können, in Minseln gibt es jetzt jahrgangshomogenen Unterricht, in Eichsel jahrgangsgemischten, könnte das für die Eltern auch eine Wahlmöglichkeit darstellen. Dann könnten auch Eichsler Eltern entscheiden, ihr Kind nach Minseln zu schicken und umgekehrt.

Die IG Eichsel ist ziemlich rührig in ihrem Bestreben, den Standort zu halten. Wie sind Sie in deren Arbeit involviert?

Ich würde mir sehr wünschen, dass da eine Zusammenarbeit überhaupt zustande kommt. Bis jetzt bin ich nie direkt über die Aktivitäten der IG informiert worden.

Was würden Sie sich wünschen?

Da wir über Kinder sprechen, würde ich mir wünschen, dass auf ihnen und der Pädagogik in Zukunft der Fokus liegt und weniger auf Bauplänen oder Quadratmeterzahlen. Wir sollten erst Einigkeit darüber erzielen, wohin wir mit unserer Schule pädagogisch wollen. Dann erst sollten wir darüber reden, wie ein dazu passendes Gebäude aussehen muss. Wichtig ist mir, auch die Wahrnehmung zu stärken, dass wir eine Schule sind, nicht zwei.

Wie ist die Stimmung unter den Eltern?

Es gibt Eltern, die sich in der IG engagieren, aber das tun nicht alle. Sie haben natürlich Fragen und Informationsbedarf. Deshalb werden wir nach den Osterferien zu einer Elternversammlung einladen und ganz neutral über die verschiedenen Optionen berichten.