Rheinfelden Was genau bedeutet Inklusion und wie kann sie gelingen? Inklusion heißt weit mehr, als Menschen mit und ohne Behinderung zusammenzubringen und ihnen die gleichen Chancen zu bieten. Es geht darum, eine Gemeinschaft zu schaffen, in der jedes Kind mit seinen individuellen Bedürfnissen, Stärken und Schwächen selbstverständlich dazugehört. Das Ferienprogramm im Spiel- und Kulturhaus Tutti Kiesi in Rheinfelden beschäftigt sich seit vielen Jahren mit diesem Thema und lebt Inklusion im Alltag.

Das Tutti Kiesi bietet während der Oster-, Pfingst-, Sommer- und Herbstferien vielfältige Angebote für Kinder ab sechs Jahren mit und ohne Behinderung. Dabei richtet sich das Programm auch an Kinder in schwierigen Lebenslagen, mit sprachlichen Barrieren oder aus wirtschaftlich belasteten Familien. Nun hat die Bürgerstiftung Rheinfelden die Anschaffung eines inklusiven Tischkickers ermöglicht, der das Programm weiter bereichert.

Das Ferienprogramm versteht sich als gelebte Inklusion. „Wir wollen nicht wissen, welche Einschränkungen ein Kind mitbringt. Weil gelebte Inklusion für uns bedeutet: Alle Kinder werden angenommen – mit ihren Stärken und Schwächen – und sie werden dieselben Möglichkeiten und Voraussetzungen erhalten, an unseren Angeboten teilzunehmen“, erklärt Alexander Keil, Leiter des Spiel- und Kulturhauses Tutti Kiesi. Gleichzeitig bedeutet das auch: Es gelten für alle dieselben Regeln. Beleidigungen werden nicht akzeptiert, das Gelände darf nicht ohne Erlaubnis verlassen werden – klare Strukturen schaffen einen geschützten Rahmen für gemeinsames Erleben.

Die Angebote im Tutti Kiesi schaffen durch Kunst und Spiel Raum für kreativen Ausdruck und fördern zugleich die Auseinandersetzung mit Natur und Kultur, heißt es auf der Internetseite des Spiel- und Kulturhauses in Rheinfelden. Eine tragende Rolle spielt dabei die enge Zusammenarbeit mit dem Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum Eichendorfschule in Rheinfelden sowie mit der Ambulanten Familienhilfe des St. Josefshauses im Rheinfelder Stadtteil Herten.

Auch die Bürgerstiftung Rheinfelden unterstützt das inklusive Ferienprogramm – insbesondere in der Stärkung und Förderung inklusiver Teilhabe. Parallel dazu bietet das St. Josefshaus ein eigenes Ferienprogramm in Herten an, das ebenfalls inklusiv ist. Doch, so betont es Tabea Stratz von der Ambulanten Familienhilfe im Josefshaus, „die Kooperation mit Tutti Kiesi ist superwertvoll“. Viele Familien finden über die Ambulante Familienhilfe überhaupt erst den Weg zum Tutti Kiesi, erklärt sie. Normalerweise sind für die Ferienprogramme im Tutti Kiesi zwischen 50 und 100 Kinder angemeldet.

Die inklusive Arbeit bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. „Eine der zentralen Fragen im Team lautete lange: Wie gestalten wir die Angebote so, dass jeder die Chance hat, daran teilzunehmen?“, erklärt Alexander Keil. Ein Beispiel für diese Frage war der alte Tischkicker. Aufgrund seiner Höhe konnten kleine Kinder oder solche im Rollstuhl nicht mitspielen. Dank einer finanziellen Unterstützung durch die Bürgerstiftung konnte jetzt ein inklusives Modell angeschafft werden – ein Tischkicker, der Barrieren abbaut. Das sei ihr „Highlight“, berichten die daran Beteiligten im Gespräch mit dieser Zeitung.

Eine weitere Hürde war die Sprache. „Als der Ukrainekrieg begann, haben wir die sprachliche Barriere besonders stark gespürt“, erinnert sich Alexander Keil. Doch auch hier fand das Team kreative Lösungen. Ukrainische Betreuer halfen bei der Übersetzung und bei vielen Angeboten. Und beim Fußball oder Actionpainting braucht es ohnehin kaum Worte.

Für Cornelia Rösner von der Bürgerstiftung steht fest: „Das Tutti Kiesi ist für Rheinfelden ein absoluter Glücksfall, etwas Besseres für die Kinder, die Stadt und für die ganze Familie hätte man nicht entwickeln können.“ Die Lage des Spiel- und Kulturhauses ist für alle Kinder ideal. Es gibt viel Platz zum Verstecken und Entdecken. Eine kleine Holzhütte lädt zum Rückzug ein, im Sommer bringt eine Wasserrutschbahn Abkühlung und sogar Hühner sind auf dem Gelände unterwegs.

Für viele Kinder fühle sich dieser Ort wie ein zweites Zuhause an. Sie bauten sich dort ihre eigene kleine Gemeinschaft, in der jeder seinen Platz finde. Ein Moment ist Alexander Keil besonders im Gedächtnis geblieben: Ein Kind half einem anderen, das im Rollstuhl saß, ganz selbstverständlich beim Mittagessen. Eine Szene, die zeigt, was gelebte Inklusion bedeutet und wie Kinder dort über sich hinauswachsen, ohne es überhaupt zu merken. Informationen rund um die Kooperation, die Angebote und das Ferienprogramm gibt es unter www.tuttikiesi.de im Internet.