Schopfheim – Bei der Gründungsversammlung des Förderkreises Turmhölzle versprach Wolfgang Richter den Teilnehmern eine spannende Reise in die Geschichte. Jetzt wurde dieses Versprechen mit einer öffentlichen Exkursion zur Ruine umgesetzt. Eine kleine Schar von Interessierten machte sich am Samstag zusammen mit dem Vorstand der Burgenfreunde und Raitbachs Ortsvorsteher Sebastian Johannsen auf den Weg. Und Johannsen hatte gleich beim Start am Gemeindehaus eine Bitte an die Teilnehmer: Er sucht noch alte Bilder aus Raitbach und appellierte an die Öffentlichkeit, falls irgendwo der Hausstand von Oma und Opa ausgeräumt wird, die bildlichen Zeugen der Vergangenheit nicht zu entsorgen, sondern der Ortsverwaltung zur Verfügung zu stellen. Die Hoffnung, dass sich dabei eventuell auch ein Foto der alten Burgstelle auf dem Turmhölzle findet, ist allerdings gering.
Ebenso im Dunklen der Geschichte liegen auch viele andere Fragen rund um das Gemäuer auf dem Berg oberhalb des kleinen Ortes. Das zeigte sich immer wieder auf der kleinen Infotour, teilweise auf steilen Pfaden über umgestürzte Bäume und einen dicken Laubteppich. Auf einem Feldweg geht es aufwärts, vorbei an schottischen Hochlandrindern und Förderkreis-Vorsitzender Wolfgang Richter berichtet davon, dass der Gewannname „Eselhalde“ einen Rückschluss darauf zulasse, dass hier die Tiere, mit denen Güter und Material zur Burg transportiert wurden, gehalten wurden. Der Einstieg in die Geschichte ist vollzogen.
Bei einem Stopp im ehemaligen Burggraben führen Richter und Baiker die Teilnehmer in die Entstehungsgeschichte der Burg, die – vermuten die Fachleute – eventuell früher den Namen „Fernegg“ oder „Farnegg“ hatte und wahrscheinlich im 11. Jahrhundert errichtet wurde. Als Beleg für diese Entstehungszeit dienen unter anderem die großen Eingriffe ins Gelände. Um den Burggraben und den Halsgraben auszuheben, müssen viele Menschen heftig geschuftet haben. Oben auf dem Berg stand eine fünf Meter hohe Ringmauer, hinter der ein 15 bis 20 Meter hoher quadratischer Bergfried und daneben der Palas, das Wohngebäude der Burgherren, aufragten.
Wann die Burg aufgegeben wurde und verfiel, ist ebenso unklar, wie der Zweck, den dieser Adelssitz hatte, oder ob es einen Zusammenhang mit der benachbarten jüngeren Burg auf dem „Burgholz“ zwischen Raitbach und der Schweigmatt gab. Vieles „ist Spekulation“, weiß Wolfgang Richter, genaueres könne man vielleicht aus einer Untersuchung der Funde herauslesen, die in Freiburg und Rastatt beim Archäologischen Landesmuseum lagern. Gesammelt wurden die Scherben und anderen Materialien übrigens von Schülern, die 1981 auf Anregung der Stadt Schopfheim eine Ausgrabung an der Ruine vornahmen. „Ich war dabei“, berichtete eine Teilnehmerin der Exkursion am Wochenende zur Überraschung der Runde. Regina Grethler war damals Schülerin am THG und hatte mitgeholfen, die Mauerreste am „Turmhölzle“ freizulegen. Die Ausgrabung wurde damals bereits nach zwei Wochen vom Landesdenkmalamt gestoppt, da die freigelegten Mauern erst gesichert werden sollten.
Oben auf der Bergkuppe angekommen, können die Wanderer feststellen, dass 43 Jahre nach den ersten Grabungsarbeiten noch nichts weiter geschehen und inzwischen Gefahr in Verzug ist. Ein Teil der Ringmauer ist ausgebrochen. Hier kommt die Forderung des neuen Förderkreises zum Tragen: Die Mauer muss zeitnah gesichert werden, will man nicht die steinernen Zeugen der mittelalterlichen Geschichte ganz verlieren.