Schopfheim Für Gersbach war es ein Verlust. Den Wisenten Bubi und Kressi hingegen hätte wohl kaum etwas Besseres passieren können: Im Jahr 2024 wurde für die beiden letzten Tiere, die von der einst stattlichen Wisent-Herde übrig geblieben sind, händeringend ein neues Zuhause gesucht. Retter in der Not war nach einer längeren Suche der Wild- und Freizeitpark Allensbach, der die Tiere aufnahm. Am Bodensee genießen sie ihren Lebensabend, weiß Gersbachs Ortsvorsteher Andreas Falk von Vorbesitzer Jürgen Pflüger, der immer wieder bei den Tieren vorbeischaut. „Denen geht es sehr gut.“ Falk: „Die beiden sind in einem fantastischen Zustand.“
Die Freude über das Glück der Wisente ist das eine. Auf der anderen Seite waren die Wisente mehr als 20 Jahre für viele Ausflügler und Touristen die Haupt-Zugpferde des zuletzt Schritt für Schritt zum Erlebnisweg gewachsenen Rinderlehrpfads. Und so stellte sich nicht nur die Frage: Was wird aus dem Gehege? Sondern auch: Wie bleibt der Weg weiter attraktiv? Ist er doch ein wichtiges Mosaikstück im touristischen Gesamtangebot, mit dem Gersbach bis heute versucht, den Gewinn des Bundeswettbewerbs „Unser Dorf soll schöner werden“ 2007 und den folgenden Triumph beim Europawettbewerb „Entente Florale“ auszuschlachten. Der Erlebnisweg verläuft auf 3,6 Kilometern nördlich oberhalb des Dorfes und hat außer einem herrlichen Panorama auch sonst so einiges zu bieten: Ein pfiffiges Quiz, Tierfiguren, Stationen und Schautafeln. Nun drehte sich der Pfad genau genommen schon die ganze Zeit um Rinder. Kühe sind ohnehin das beste Marketing-Pferd im Stall des Golddorfs. Kuh Gerlinde als Gersbachs tierisches Maskottchen ziert denn auch die Erlebnisweg-Broschüre. Doch die Wisente auf der eigenen großen Fläche waren eben schon eine Augenweide.
Für Katzenjammer gibt es aber keinen Grund. Tatsächlich wird jetzt wieder Leben in das verwaiste Gehege einziehen. Die etwa drei Hektar große Fläche geht laut Falk jetzt wieder zurück an den Weidepark, also an die Tiergarten GbR. „Damit vergrößert sich die Weidefläche und dadurch können die Landwirte auch wieder mehr Tiere auf die Fläche bringen.“ Mit anderen Worten: Es wird wieder so, wie es war, bevor das Wisentgehege extra abgetrennt wurde. Wenn künftig wieder mehr heimische Kühe grasen werden, ist das im Sinne des ursprünglichen Konzepts.
Damit nicht genug: Auch dem Erlebnisweg soll zusätzlich Schwung verliehen werden. In Vorbereitung ist laut Falk ein Bewegungsweg auf dem Erlebnisweg – sozusagen ergänzend zur Outdoor-Fitnessstation bei der Bergkopfhalle, die jüngst auf Initiative des KSV Gersbach installiert wurde. Der Weg ist ähnlich konzipiert wie ein Trimm-Dich-Pfad und hat auch Kinder im Blick. Der Unterschied ist aber, dass er keine fest installierten Übungsstationen hat. Falk: „Trainiert wird mit dem Eigenkörpergewicht.“ Das heißt: Springen, hüpfen, sprinten, mit einem Stein in der Hand balancieren und ähnliche Übungen. „Man muss da nichts an Infrastruktur vorhalten und pflegen.“ Lediglich Infotafeln werden aufgestellt, mit QR-Codes, über die die Übungen auf dem Smartphone aufgerufen werden. Ziel sei es, dass noch im Sommer der Weg eröffnet werden kann. Das Ganze klingt jedenfalls sehr nach einer pfiffigen Idee.
Apropos pfiffig: Eine kreative Lösung wurde auch für den massiven, aber eben auch erneuerungsbedürftigen Holzbalken-Zaun rund ums Wisentgehege gefunden. Die Kosten für einen neuen Zaun waren neben dem Tod mehrerer Tiere in vorübergehend fremder Obhut mit ein Grund, warum die Stadt Schopfheim perspektivisch das Gehege aufgeben wollte. Falk: „Der Zaun wird komplett demontiert und kommt weg und die Stadt kostet das keinen Cent.“ So wurde die Umzäunung im Internet zur Abholung auf eigene Kosten angeboten – die Resonanz war groß.
Die Erinnerung an die Wisente soll allerdings lebendig bleiben. Auch deswegen wird es im August im Rahmen des Kinderferienprogramms eine Busfahrt nach Allensbach geben, kündigt Falk an. Er selbst wird sich ans Steuer des Fahrzeugs mit 50 Plätzen setzen, die Fahrt sponsert der Ortschaftsrat, nur der Eintritt ist von den Teilnehmern zu bezahlen. Falk: „Wer will, kann sich dann Bubi und Kressi nochmals anschauen. Ich freue mich schon drauf.“