Schopfheim – Seit 2022 ist bei der Städtischen Wohnbau Lörrach für Schopfheim die Zahl der Mietinteressenten um rund 40 Prozent auf 985¦Haushalte gestiegen. Die Situation sei „prekär“, berichtete Thomas Nostadt im Gemeinderat. Er ist Geschäftsführer der Wohnbau Lörrach, dem größten Immobilien- und Dienstleistungsunternehmen im Kreis Lörrach. Die Stadt Schopfheim ist Mitgesellschafter.
Die Vormerkungen für neue Wohnungen steigen massiv, berichtet Nostadt. Viele Interessenten „warten schon seit Jahren und es wird nicht besser werden“. Insbesondere, wenn die gesellschaftliche Entwicklung – Zuwanderung und steigende Einwohnerzahlen – so weitergehe. Zumal der Wohnungsbau „dramatisch einbricht“. Das von der Bundesregierung vorgegebene Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich werde erneut verfehlt. Waren es zuletzt 290.000, dürften es dieses und die nächsten Jahre 175.000 pro Jahr es sein. „Das ist nicht ansatzweise ausreichend“, so Nostadt. „Ich bin seit 40¦Jahren in der Wohnungswirtschaft. Es gab immer ein Auf und Ab. Aber so eine Dramatik habe ich definitiv noch nie erlebt.“ Weil die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen auch in Schopfheim immens ist, taucht die Frage auf, ob das Unternehmen ein weiteres Geschosswohnungsprojekt wie das beim Eisweiher in Angriff nehmen könnte.
Immerhin lief das Jahr 2023 ja auch „erfreulich“, so Nostadt. Die Bilanzsumme stieg von 244,7 auf 260,5 Millionen, der Jahresüberschuss auf knapp drei Millionen Euro. Auch das mit 97¦Millionen Euro bisher größte Projekt, die „Neue Mitte Nordstadt“ in Lörrach, entwickle sich gut. Nostadt hält den Ruf nach einem neuen Projekt „für völlig berechtigt“. Er sieht dafür aber „keine Chance, wenn es wirtschaftlich tragfähig sein soll“. Grund sei die „toxische Mischung“ aus hohen Baupreisen, hohen Grundstückspreisen „und immer höheren Standards, seien es Klima-, Naturschutz-, Sicherheits- oder auch Bequemlichkeitsfragen“. Nostadt: „Als die Zinsen fast bei null waren, konnten wir uns das leisten.“ Jetzt seien die Zinsen „immer noch unter der Decke, die Standards sind aber auch immer noch hoch“ – Förderungen des Bundes und des Landes „wenig verlässlich“.
Nostadt rechnete vor: Für eine jetzt neu gebaute, 60 Quadratmeter große Zwei-Zimmer-Wohnung müssten, inklusive Betriebskosten, 1400¦Euro Warmmiete verlangt werden. „Diese Wohnung bauen wir natürlich nicht.“ Die Hoffnung sei, dass sich die Dinge verbessern, Bund und Land würden an kleineren Stellschrauben drehen. Was braucht es für ein neues Mietwohnungsprojekt? Nostadts Antwort: „Mehr Unterstützung der Gesellschafter als in früheren Jahren.“ Also Hilfe von den Städten. Sei es bei Grundstückskosten, Stellplatzforderung oder finanzieller Förderung.
Bürgermeister Dirk Harscher bekräftigte, dass „wir natürlich sehr gerne neue Projekte entwickeln würden“. Zugleich kritisierte er die Politik. Es sei wie bei anderen Problemen: „Die werden von oben durchgereicht und kommen ganz unten bei den Kommunen an. Ganz viel, was jahrzehntelang versäumt wurde, ploppt bei uns auf.“ Harscher kritisierte die immer höheren Standards. „Nicht jedes Gebäude muss in eine dritte Hülle gepackt werden.“ Wichtig wäre es, einfaches Bauen wieder zu ermöglichen. Thomas Kuri (CDU) gab der Problembeschreibung Recht. Weil ein Projekt aktuell keinen Sinn ergebe, sei es umso wichtiger, dass die Stadt sich um Grundstücke bemühe. Kuri fragte Nostadt: „Wenn wir Grundstücke zusammenbekämen, hätten Sie dann Interesse, ein Projekt zu realisieren?“ Nostadt bejahte dies. Harscher sagte, dass die Stadt bereits dran sei.
Peter Ulrich (SPD) fragte, welche Standards Nostadt für verzichtbar halte. Dieser nannte „den vermeintlichen Klimaschutz“. Hier gebe es überdrehte Anforderungen, die teils zum Gegenteil führten. Da werde in Gebäude massiv graue Energie eingebracht, ohne Verbrauchsvorteile. Von der Grundsteuerreform erwarte er eher eine Entlastung, so Nostadt auf Nachfrage von Sven Hendrik Wünsch (Freie Wähler).