Schwörstadt – Ungewöhnlich ist es schon, dass in der Kirche Wiener Walzer erklingt. So eröffnete Organist Johannes Fankhauser in der Pelagiuskirche am Sonntag den evangelischen Gottesdienst. Es ist das letzte Mal, dass die 163 Jahre alte Merklin-Orgel vor der großen Renovierung gespielt wurde. Zwar sieht die evangelische Kirche keine besondere Liturgie für diesen Anlass vor, aber der Kirchengemeinderat wollte schon ein besonderes Zeichen setzen.
Immerhin ist dies die erste grundlegende Instandsetzung der Orgel seit ihrer Inbetriebnahme. Ungewöhnlich sind die in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Dorfbrand von 1851 entstandenen Eigentumsverhältnisse, weil Kosten geteilt wurden. Das Gebäude an sich gehört der evangelischen Kirche, aber Glocken und Glockenstuhl, Kirchenumfassungsmauer, Uhr, Taufstein und die Orgel sind im Eigentum der Gemeinde. Deshalb muss die heutige Gemeinde Schwörstadt für die fällige Orgelsanierung aufkommen.
Besonderen historischen Wert erlangte die von Fridolin Merklin aus Freiburg errichtete Orgel durch ihre Bauform, vor allem aber durch die sehr selten eingebaute „Wiener Flöte“. Dieses Register gilt als typisch für die Romantik, in Baden-Württemberg nur noch in der ehemaligen Stiftskirche Comburg bei Schwäbisch Hall vorhanden, sowie in Zürich in der Tonhallen-Orengel.
Der Gottesdienst am Sonntag verabschiedete das Instrument in die Zeit der Reparatur. Pfarrer Clemens Ickelheimer stellte deshalb die Musik in den Mittelpunkt. Über instrumentale Musik sei wenig in der Bibel zu finden, aber im 1. Buch Samuel entdeckte er doch einiges. Dort, im Alten Testament, sind Harfen und Flöten erwähnt, deren Klänge die Gedanken zum Guten hinwenden. Später habe Luther mehrfach bestätigt, Musik sei für Dämonen unerträglich, aber für Menschen einfach wohltuend.
Bereits in der kommenden Woche beginnen die Arbeiten. Der Gemeinderat hatte beschlossen, den Auftrag an die ortsansässige Orgelbaufirma Jörg Steinhoff zu vergeben. Das Instrument wird vollständig abgebaut, in der Werkstatt erfolgt die Instandsetzung der einzelnen Teile. Neben allen technischen Einrichtungen betrifft das auch das hölzerne Gehäuse. Wenn alles wie vorgesehen verläuft, könnte die Orgel Ende des Jahres wieder aufgebaut sein. Zur musikalischen Gestaltung der Gottesdienste in dieser Zeit wird eine transportable Kleinorgel eingesetzt.