Vor rund einem Vierteljahrhundert trat die Schulstraße in einen tiefgreifenden Umgestaltungsprozess ein, der sie heute zum kulturellen, geselligen und politischen Zentrum von Heiligenberg macht. Bis dahin war sie ein randständiger Durchlass, wo Handwerk, Landwirtschaft und Schule in einem eher zufälligen Nebeneinander ihren Aufgaben nachkamen.

Nicht mehr als ein halbes Dutzend Gebäude aus unterschiedlichen Entstehungszeiten und mit wechselnden Nutzungszwecken war dort entstanden, dazwischen ungefähr in West-Ost-Ausrichtung leicht ansteigend die Schulstraße als Zuwegung ohne nennenswerten Verkehr. Am Ostrand der Bebauung verlor sich die Schulstraße in einem Feldweg.

Volksschulhaus wird zum Rathaus

Erste Überlegungen, dieses Areal städtebaulich neu zu überformen, gab es bereits seit Mitte der 1990er-Jahre. Da wurde die Schulstraße Teil der aus öffentlicher Kasse geförderten Sanierungsmaßnahme „Ortszentrum/Postplatz“. Zunächst gelang aber nur der Umbau des alten Volksschulhauses aus dem Jahr 1910 zum heutigen Rathaus. Damit verschwand endgültig alles Pädagogische aus der Schulstraße. Der eigentliche Startschuss für die energische Neuordnung des Gebiets fiel dann 1999 bei einer Klausurtagung des Gemeinderats unter Leitung des gerade neu gewählten Bürgermeisters Frank Amann. So erinnert sich Gerhard Sing als stellvertretender Hauptamtsleiter beim Gespräch im Rathaus.

Die Schulstraße in den 1950er-Jahren.
Die Schulstraße in den 1950er-Jahren. | Bild: Gemeinde

Scheune verwandelt sich in Bürgerhaus

In den Folgejahren wurden fast alle Gebäude an der Schulstraße großzügig restauriert und umgebaut, um sie für neue Funktionen tauglich zu machen. Gewichtigster Fixpunkt ist dabei als Bürgerhaus der heutige Sennhof am Schloss, ursprünglich ein großräumiges fürstenbergisches Stall- und Lagergebäude aus dem Jahr 1833. Später wurde es unter dem Namen Hummelscheuer bis 1996 auch als Werkstatt der Schreinerei Adi Hummel genutzt. Mit dem Baustart 2001 verwandelte sich die Scheune unter Erhaltung ihrer historischen Bausubstanz in einen auch architektonisch beeindruckenden Baukörper mit Glasfront-Foyer und vielerlei Räumen für festliche, kulturelle und gemeindepolitische Versammlungen.

Das „Milchhäusle“ vor der Sanierung.
Das „Milchhäusle“ vor der Sanierung. | Bild: Martina Buchholz
Das „Milchhäusle“ nach der Sanierung mit ihrer heutigen Bewohnerin Martina Buchholz.
Das „Milchhäusle“ nach der Sanierung mit ihrer heutigen Bewohnerin Martina Buchholz. | Bild: Hartmut Ferenschild

Der große Festsaal im Obergeschoss des Sennhofs löste den alten Festsaal im Schlossvorhof ab, nachdem über dessen Ertüchtigung zwischen Gemeinde und Haus Fürstenberg keine Einigung gefunden werden konnte. Eingeweiht wurde der neue Sennhof im Juni 2004. Auch der gegenüberliegende alte Holz- und Wagenschopf wurde restauriert und beherbergt heute mit „AllerArt“ ein kunsthandwerkliches Atelier. Die Schulstraße zwischen Sennhof und Atelier hat inzwischen eher den Charakter eines kleinen Platzes für Open-Air-Veranstaltungen angenommen, Bürgersteige und Fahrspuren sucht man vergebens.

Das könnte Sie auch interessieren

Ein besonderes Schicksal erlebte das westlich unterhalb des neuen Rathauses gelegene alte Schulhaus. Aus dem Jahr 1738 stammend, wurde es im Jahr 1844 auf Geheiß des Großherzogtums Baden zu einem Schulhaus mit Lehrerwohnung umgebaut und ist damit das älteste Schullokal der Gemeinde. 60 Jahre lang wurde es genutzt, von 1911 bis 1972 auch als Kindergarten. Nach der Errichtung der neuen Volksschule gleich nebenan verlor es aber seinen pädagogischen Wert, wurde diversen Nutzungen unterworfen und verfiel zusehends. Seine Beseitigung war denn auch Element der Sanierungsmaßnahme Ortsmitte, der Abriss war beschlossene Sache.

Erstmals hält die Gastronomie Einzug

Gegen den Abriss regte sich aber der Widerstand einer Bürgerinitiative, und als sich im Jahr 2004 recht unvermittelt die Denkmalschutzqualität des Hauses offenbarte, war das Überleben des alten Gemäuers gesichert. Unter Einsatz privater und öffentlicher Finanzmittel wurde das Haus ab 2006 denkmalgerecht saniert und neuen Bestimmungen zugeführt. Mit seinen Ferienappartements und dem italienischen Restaurant hielt erstmals die Gastronomie in dieser unvergleichlichen Aussichtslage Einzug in der Schulstraße.

Das könnte Sie auch interessieren

Heute symbolisiert der Werdegang des geschützten Gebäudeensembles gemeinsam mit dem historischen Postplatz um die uralte Linde das stolze Selbstbewusstsein einer Gemeinde, deren finanzielle und gestalterische Kräfte ein allerdings an Grenzen gestoßen sind.