Immer dann, wenn die mögliche Errichtung von Windenergieanlagen vor neuen Planungsschritten steht, rückt das Thema ins Blickfeld eventuell betroffener Regionen und Gemeinden, oft mit widerstreitenden Standpunkten. Wolfgang Heine als Direktor des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben sucht daher nach Gelegenheiten, das Vorgehen seiner Planungsbehörde transparent zu machen und immer wieder aufkeimenden Debatten eine sachliche Grundlage zu bieten.
Jetzt machte Heine im Heiligenberger Gemeinderat Station, um dem Gremium und dem – freilich nur sehr spärlich besetzten – Publikum ausführlich zu erläutern, in welchem gesetzlichen Rahmen sich seine Behörde bewegt und mit welchen Prozeduren sie mögliche Standorte identifiziert. Heiligenberg wäre mit dem Höhenzug oberhalb des Teilortes Betenbrunn betroffen. Der von Heiligenberg in diesem Verfahren vorgebrachte Vorschlag, Betenbrunn um eine Windenergieanlage zu entlasten und stattdessen den Kornberg als weiteren Standort vorzusehen, wurde nicht berücksichtigt, erläuterte Heine. Mögliche Areale sollten den Bau von mindestens drei Windenergieanlagen zulassen.

Letzte Entscheidung liegt bei Grundstückseigentümern
Aber die endgültige Entscheidung für einen tatsächlichen Bau von Windkraftanlagen liege nicht bei seiner Behörde und schon gar nicht bei der Gemeinde, sondern bei den – in diesem Fall – privaten Grundeigentümern, die interessierten Anlagenprojektierern ein Terrain zur Verfügung stellen müssten. Gleiches gilt für Photovoltaik-Anlagen. Der Regionalverband arbeitet also im Modus des Konjunktivs, das heißt, er ermittelt nach klaren, überprüfbaren und damit rechtssicheren Kriterien, wo ein Standort liegen könnte.
In den Nachbarlandkreisen deutlich mehr Areale
Mit Blick auf Empfindlichkeiten rund um Heiligenberg gab Wolfgang Heine einen Vergleich zu bedenken: Während der Bodenseekreis mit den Standorten Betenbrunn, Hochbühl nördlich von Sipplingen und dem Gehrenberg bei Markdorf nur mit drei Standorten belegt sei, sind die Nachbarkreise Ravensburg mit 25 und Sigmaringen mit 17 Arealen sehr viel stärker beansprucht.
Zunächst stellte Heine den rechtlichen Rahmen seiner Behörde vor. Grundlagen sind das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Wind-an-Land-Gesetz aus dem Jahr 2022, beides Bundesgesetze, die den Zuwachs der erneuerbaren Energien zum überragenden öffentlichen Interesse erklärten und dafür Flächenziele und Ausbauziele verbindlich festlegten. Zwei Prozent der Gesamtfläche müssen für den Ausbau entsprechender Anlagen ausgewiesen werden, davon 1,8 Prozent für Windenergie.

Priorisierung nach Windhöffigkeit und Ausschluss von Konflikten
Das Land Baden-Württemberg übersetzte diese Vorgaben 2023 in Landesrecht und beauftragte die Regionalverbände, entsprechende Vorrang- und Vorbehaltsgebiete im Detail zu ermitteln. Dazu ging Wolfgang Heines Behörde in einem mehrstufigen Verfahren nach klar definierten Parametern vor. Vorrangige Kriterien sind die Windhöffigkeit, also die zu erwartende Windintensität, und der weitgehende Ausschluss von Konflikten mit angrenzender Wohnbebauung, mit Natur- und Artenschutzräumen und mit dem Landschafts- und Denkmalschutz.
Solche Konflikte seien, erklärte Heine, wegen der gesetzlichen Privilegierung der Erneuerbare-Energien-Entwicklung nie völlig auszuräumen, aber doch auf ein erträgliches Mindestmaß zu reduzieren. Den Kriterien folgend ergab sich als erster Schritt eine Suchraumkulisse, die noch elf Prozent der Regionalfläche umfasste. Innerhalb dieser Suchräume wurden danach zwecks Beteiligung der Öffentlichkeit Informationsveranstaltungen sowie zwei Anhörungs- und Prüfungsverfahren durchgeführt, die es jedermann und auch den politischen Gebietskörperschaften ermöglichten, Einwände und Vorschläge einzubringen.
Vorranggebiete sollen im September festgelegt werden
Nach deren genauer Prüfung reduzierte sich im April 2025 der Flächenanteil auf 1,9 Prozent. Viele zunächst denkbare Positionen wurden also ausgeschlossen, aber das gesetzliche Flächenziel ist erreicht. Heine sieht sich nun „auf der Zielgeraden“: Im September soll der Regionalverband den abschließenden Satzungsbeschluss fassen, der dann die Vorranggebiete verbindlich ausweist.
Der Verbandsdirektor gab auch eine energiepolitische Einschätzung des Gesamtrahmens. So seien nach dem Ende der Nutzung von Atom und Kohle alternative Energiequellen zwingend zu entwickeln, und das bei zukünftig steigendem Energiebedarf. Seinen Zahlen zufolge müsse sich die Menge und das Tempo des Ausbaus erneuerbarer Energien in den nächsten Jahren massiv steigern, um die anvisierten Klimaziele zu erreichen. Das zeige die Dimension der Aufgabe. Andererseits würde nach seiner Einschätzung das Erreichen der Energiewendeziele bundesweit sehr viel stärker vom Ausbau der Energienetze und der Speichertechnik abhängen.