Vor zehn Jahren feierte der Film „Funkenflug – Chronik einer Katastrophe“ seine Premiere. Entstanden ist der Film über den St. Georgener Stadtbrand 1865 unter der Regie von Stephanie Kiewel und durch Mitwirkung zahlreicher St. Georgener vor und hinter der Kamera. Jetzt fand das große Wiedersehen vieler Mitwirkenden statt. Einige „Ehemalige“ kamen dafür sogar eigens aus Großbritannien angereist.

Es hatte etwas von einem großen Klassentreffen der rund 60 Gäste, die sich im Theater im Deutschen Haus zusammenfanden. Um sich gemeinsam an das einzigartige Filmprojekt zu erinnern, das 2014 mit kleinem Budget, dafür großem Engagement und Enthusiasmus aller Beteiligten umgesetzt wurde.

Bunt gemischte Crew feiert Wiedersehen

Mitglieder der Crew, die als Masken- und Kostümbildner oder für die Requisiten im Einsatz waren. Darsteller, die in Haupt- und Nebenrollen die teils realen, teils fiktiven Personen verkörperten. Sogar einige Mitglieder der britischen Filmcrew ließ es sich nicht nehmen, an dem Wiedersehen dabei zu sein.

Regisseurin Stephanie Kiewel und Finn Drude, der als Co-Regisseur ebenfalls maßgeblich an der Entstehung des Films beteiligt war, zollen ...
Regisseurin Stephanie Kiewel und Finn Drude, der als Co-Regisseur ebenfalls maßgeblich an der Entstehung des Films beteiligt war, zollen allen Mitwirkenden ihren Respekt. „Das ist unser Film“, so die Filmemacherin. | Bild: Sprich, Roland

Mittendrin: Stephanie Kiewel, die den Film damals als Studentin einer britischen Filmuniversität umsetzte. Und Finn Drude, der, ebenfalls aus St. Georgen stammend, das Drehbuch mit ausarbeitete und die Regieassistenz hatte.

Für sie waren die Dreharbeiten zu „Funkenflug“ ein bleibendes Erlebnis: Von links Doris Storz, Klaus Lauble, Sandra Ganter, Manfred ...
Für sie waren die Dreharbeiten zu „Funkenflug“ ein bleibendes Erlebnis: Von links Doris Storz, Klaus Lauble, Sandra Ganter, Manfred Meder, Ute Meder, Hermann Bauknecht und Gerhard Beha. | Bild: Sprich, Roland

Bevor Kiewel und Drude aus dem Nähkästchen plauderten und den Gästen im Theater einen Blick hinter die Kulissen der Produktion gewährten, flimmerte „Funkenflug“ noch einmal über die große Leinwand.

Ein Schicksalstag für St. Gorgen

Ein 300-Seiten-Protokoll, das in erster Linie auf Zeugenaussagen beruht, bildete die Grundlage für den knapp 30-minütigen Film über das Geschehen vom 19. September 1865. Als, vermutlich durch das unachtsame Zündeln zwei Kinder, große Teile der St. Georgener Innenstadt niederbrannten.

Szene aus dem Film, in dem die St. Georgener Bürger (im Bild Klaus Lauble und Ferdinand Haas) ihr Hab und Gut vor den Flammen retten. ...
Szene aus dem Film, in dem die St. Georgener Bürger (im Bild Klaus Lauble und Ferdinand Haas) ihr Hab und Gut vor den Flammen retten. Gedreht wurden die Szenen im Freilichtmuseum in VS-Mühlhausen. | Bild: Sprich, Roland

Gebannt verfolgten die Anwesenden den Film, der zunächst „ein Tag wie jeder andere war“, der sich kurz darauf in ein Inferno verwandelte. Und den Mitwirkenden vor und hinter der Kamera schauspielerisch und körperlich viel abverlangte. Allein die Panikszenen, die im Freilichtmuseum in VS-Mühlhausen gedreht wurden, wurden aus unzähligen Einstellungen gefilmt.

„Wir waren unglaublich naiv“, gestand Stephanie Kiewel im Anschluss ein. Die Idee damals sei gewesen, „einen Film mit viel Feuer zu machen“.

Im Gespräch Regisseurin Stephanie Kiewel mit Esther Maaß und Finn Drude.
Im Gespräch Regisseurin Stephanie Kiewel mit Esther Maaß und Finn Drude. | Bild: Sprich, Roland

Innerhalb von 21 Drehtagen und mit einem Budget, das bei einer großen Filmproduktion in etwa die Kosten für das Catering für einen Drehtag abdecken würde, waren die Szenen im Kasten. Bis auf einige wenige, die ein halbes Jahr später nachgedreht werden mussten, wie Kiewel und Drude verrieten.

Eine Szene musste nachgedreht werden

Beim Schnitt sei nämlich aufgefallen, dass der Film die Frage unbeantwortet ließ, was mit dem kleinen Jungen passiert ist, der in dem Haus zurückblieb, das abbrannte. Da innerhalb des Filmteams eine heftige Diskussion entbrannte, ob der Junge nun gestorben sei oder nicht, wurde kurzerhand eine Version nachgedreht, die diese Frage letztlich beantwortet.

Einige der wichtigsten Köpfe des Filmprojekts, das vor elf Jahren in und um St. Georgen gedreht wurde. Von links Finn Drude, Stephanie ...
Einige der wichtigsten Köpfe des Filmprojekts, das vor elf Jahren in und um St. Georgen gedreht wurde. Von links Finn Drude, Stephanie Kiewel, Schauspielerin Esther Maaß und Special-Effect-Artist Steffen Hacker. | Bild: Sprich, Roland

Unter den Gästen waren auch Hauptdarsteller Stefan Eret, der den Lehrer spielte, und Hauptdarstellerin Esther Maaß, die mittlerweile in Film- und Fernsehproduktionen wie „Ku‘damm 63“ und „X-Faktor“ zu sehen ist, und Steffen Hacker, der als Effektspezialist die Spezialeffekte in den Film einfügte und die Häuser in Flammen aufgehen ließ.

„Damals war das noch wochenlange Arbeit am Computer. Heute würden wir das mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz in wenigen Tagen hinbekommen“, sagte Hacker zum technischen Fortschritt in diesen zehn Jahren.

Heute würde ganz anderes gedreht

Wie Stephanie Kiewel, die als Dokumentarfilmerin in England lebt und arbeitet, sagt, würde „Funkenflug“ heute sicherlich „ganz anders gedreht werden.“ Allerdings wäre es fraglich, ob der Film dann noch den Charme der Unbedarftheit hätte, mit dem vor mittlerweile elf Jahren alle Beteiligten ans Werk gingen.

Beim Film wird mit allen Tricks gearbeitet. Hier sorgt Helmar Scholz für ordentlich Brandrauch, der in Wahrheit harmloser Kunstnebel ...
Beim Film wird mit allen Tricks gearbeitet. Hier sorgt Helmar Scholz für ordentlich Brandrauch, der in Wahrheit harmloser Kunstnebel ist. Im Hintergrund warten die Darsteller auf ihren Einsatz. | Bild: Sprich, Roland

„Wie eine große Familie“

Und an was erinnern sich die Akteure gerne an die Dreharbeiten zurück? „Es war immer eine Harmonie am Set. Wir waren wie eine große Familie“, sagt Doris Storz, die im Film eine schrullige und bigotte Frau spielt.

Die Harmonie und das Familiäre schätzten auch Hermann Bauknecht, Klaus Lauble und Lutz Henselmann, die als Kleindarsteller und Komparserie mitwirkten. Und Gerhard Beha erinnerte sich an seine persönliche Herauforderung, als er eine besonders emotionale Szene spielte. „Ich hab an Tränen rausgepresst, was ging.“

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Am Sonntagabend wurde „Funkenflug“, der bei zahlreichen Festivals gezeigt wurde und etliche Preise gewonnen hat, noch einmal vor großem Publikum im Theater im Deutschen Haus gezeigt.