Was ist eigentlich vom St. Georgener Kloster noch übrig? Dieser Frage ging Mittelalterarchäologe und Denkmalpfleger Bertram Jenisch nach. Seine Erkenntnis: ernüchternd wenig. Wo dennoch Relikte aus der Klosterzeit liegen, erläuterte er in einem Vortrag im Theater im Deutschen Haus.

Das St. Georgener Benediktinerkloster spielte eine bedeutende Rolle in der mittelalterlichen Historie. Darauf verwies zunächst der Historiker André Gutmann. Er gab den geschichtsinteressierten Zuhörern einen Abriss in die Chronologie des Klosters, das 1086, als Folge des Investiturstreits errichtet wurde.

In die Wildnis statt nach Ravensburg

„Ursprünglich sollte das Kloster in der Nähe von Ravensburg entstehen. Im letzten Moment entschied sich der große Klosterreformer Abt Wilhelm von Hirsau, den Orden in der ‚Wildnis‘ im Schwarzwald anzusiedeln“, so Gutmann. Mit der Besiedlung durch die Hirsauer Mönche 1084 begann die Geschichte des Schwarzwaldklosters St. Georgen.

Bertram Jenisch (links) und André Jenisch geben Erkenntnisse zur Geschichte des Klosters in St. Georgen. „Man muss sich ansrtrengen, um ...
Bertram Jenisch (links) und André Jenisch geben Erkenntnisse zur Geschichte des Klosters in St. Georgen. „Man muss sich ansrtrengen, um so wenig zu finden wie in St. Georgen“, bedauerte Jenisch. | Bild: Sprich, Roland

Wie Gutmann anhand von Kartenmaterial aufzeigte, gehörten dem Kloster große und weitreichende Besitztümer, die bis nach Oberschwaben und bis nach Elsaß-Lothringen reichten. Das Kloster St. Georgen hatte auch weitreichende geistliche Macht. 17 weitere Klöster wurden von St. Georgen aus reformiert.

Das Ende nach über 700 Jahren

Das endgültige Ende des Klosters kam im Jahr 1806, als das Kloster, mehrfach niedergebrannt und wieder aufgebaut, nach mehr als 700 Jahren im Rahmen der Säkularisation aufgelöst wurde und die verbleibenden Mönche in den Pfleghof nach Villingen übersiedelten, das heutige Abt-Gaisser-Haus.

2019 erläuterte Bertram Jenisch vom Landesdenkmalamt (links) interessierten Bürgern den Fund des gotischen Fenstergewändes aus dem 16. ...
2019 erläuterte Bertram Jenisch vom Landesdenkmalamt (links) interessierten Bürgern den Fund des gotischen Fenstergewändes aus dem 16. Jahrhundert, das bei den Bauarbeiten an der Gerwigschule zum Vorschein kam. Foto: Roland Sprich | Bild: Sprich, Roland

Dass heute nurmehr wenige Relikte aus der Klosterzeit erhalten sind, findet Mittelalterarchäologe Bertram Jenisch bedauerlich. „Man hat Mühe, etwas zu finden und muss sich anstrengen, um weniger Überreste zu finden als in St. Georgen“, fasste er zusammen.

Überreste verschwinden im Bauschutt

So seien beim Bau des neuen Stadtkerns Ende der 1960er bis Anfang der 1970er Jahre vermutlich etliche Kloster-Überreste im Bauschutt verschwunden, etwa bei der Aushebung des Erdreichs für die neue Tiefgarage unter dem Marktplatz.

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Aber es sind offenbar durchaus noch Überreste des Klosters vorhanden. Das zeigte sich bei Grabungsarbeiten auf dem Schulhof der Robert-Gerwig-Schule. 2019 wurden im Zuge von Fundamentsanierungen direkt unter der Asphaltoberfläche Mauerreste wurden. Die bildeten den Übergang der damaligen Klosterkirche in den Kreuzgang.

Die imposante Klosterkirche stand nach den Erkenntnissen der Experten auf der Höhe des heutigen verkehrsberuhigten Bereichs der Gerwigstraße in Höhe der dortigen Apotheke. Sie soll dreimal so groß wie das Gebäude der Gerwigschule gewesen sein.

Ein Stück Klostermauer in der Friedrichstraße ist eines der wenigen Überbleibsel aus Klosterzeit.
Ein Stück Klostermauer in der Friedrichstraße ist eines der wenigen Überbleibsel aus Klosterzeit. | Bild: Sprich, Roland

Ein Fund stammt aus der Zeit der Gotik

Einer der wertvollsten Funde, der bei den Grabarbeiten entdeckt wurde, war ein Teil eines gotischen Fenstergewändes. Dies stammte, so Jenisch, aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, aus einer der letzten Ausbaustufen des Klosters.

Der Klosterweiher, heute ein beliebter Badesee, wurde zu Klosterzeiten angelegt. Daher auch der Name.
Der Klosterweiher, heute ein beliebter Badesee, wurde zu Klosterzeiten angelegt. Daher auch der Name. | Bild: Sprich, Roland

Für den Historiker Gutmann und den Archäologen und Denkmalpfleger Jenisch ist als Fazit festzuhalten, dass „die wichtigste Zeit des Klosters in seiner Frühzeit gewesen ist“, wie Gutmann sagte. Wie Jenisch sagte, sei die Geschichte des Klosters unter der dünnen Asphaltoberfläche im Schulhof der Gerwigschule noch erhalten. Es sei nun die Aufgabe der Zukunft, diese Geschichtsquellen zu bewahren.

Ein Stück Klostermauer in der Friedrichstraße ist eines der wenigen Überbleibsel aus Klosterzeit.
Ein Stück Klostermauer in der Friedrichstraße ist eines der wenigen Überbleibsel aus Klosterzeit. | Bild: Sprich, Roland

Aus diesem Grund wird bei künftigen Arbeiten am Schulhof, unter anderen, wenn dessen Sanierung in den nächsten Jahren ansteht, das Denkmalamt aus zuständige Genehmigungsbehörde, mit im Boot sein.