Es hat fast historische Dimensionen: Zum 27. Mal bereits steuert die Jugendgruppe Heiligenberg um ihren Leiter David Raither in diesem Sommer ihr Ferienlager im Bregenzerwald an. Ende der 1990er-Jahre startete seine Jugendgruppe unter dem Dach der katholischen Kirche. 1999 fand die erste Lagerfreizeit statt. Als dann diese konfessionell-institutionelle Anbindung der Jugendarbeit in Zweifel gezogen wurde, sprang die politische Gemeinde als Träger ein. Sie hatte erkannt, dass Angebote für die junge Generation in der ländlich geprägten Region unverzichtbar sind. Eine Angliederung etwa an die Katholische junge Gemeinde (KjG) oder an den Bund der Deutschen Landjugend erübrigte sich.
Seit 2012 hat die Gruppe, zunächst „Teestube“ genannt, ihren unangefochtenen Standort im Souterrain des Rathauses. Dort, in einem gemütlich eingerichteten großen Raum, finden sich jeden Freitag zwischen 19 und 22 Uhr Kinder und Jugendliche im Alter von neun bis 16 Jahren in wechselnder Anzahl zum geselligen Zeitvertreib ein. Das Angebot ist offen, darauf legt David Raither im Gespräch Wert; jeder ist willkommen, unabhängig von Religion oder Geschlecht, auch Gäste aus benachbarten Gemeinden werden nicht abgewiesen. Es gibt keine förmliche Mitgliedschaft, jeder komme, ob und wann er wolle.
Geselligkeit im geschützten Raum
Allerdings gibt es einen harten Kern von Jugendlichen, die kaum einen Gruppenabend versäumen. Da wird dann der Kicker- oder Snookertisch belagert, Filme werden angeschaut, Partys gefeiert, Gesellschaftsspiele und einfach nur gegenseitiger Austausch werden gepflegt. Und manchmal ist auch Rat gefragt.

Freilich gibt es einige Regeln, und wer der körperlichen Präsenz David Raithers begegnet, bezweifelt nicht, dass sie eingehalten werden. Alkohol, Nikotin und überhaupt Drogen aller Art sind Tabu, ebenso das anhaltende Daddeln am Handy. Der Jugendtreff soll auch ein geschützter Raum sein.
Raither will Erfahrungen aus seiner Kindheit weitergeben
Nach den Beweggründen für sein langjähriges Engagement in der Jugendarbeit gefragt, verweist der 49-jährige Raither auf seine Erfahrungen mit Jugendprojekten in der eigenen Kindheit, die ihn von den prägenden Einflüssen dieser Arbeit überzeugt hätten. „Davon möchte ich etwas zurückgeben, denn die heutigen Jugendlichen“, so betont er, „brauchen solche Erfahrungen mindestens so nötig frühere.“ Soziale Kompetenzen wie gegenseitige Rücksichtnahme und Konfliktfähigkeit seien zurückgegangen, wie er im langjährigen Rückblick beobachtet.
Wandervogelromantik liegt ihm eher fern. Gemeinschaftserlebnisse seien unersetzlich, aber eben außerhalb der Sozialen Medien. Der Jugendtreff ist so auch ein erzieherischer Lernort, passives „Herumhängen“ soll vermieden werden, umgekehrt wird aber auch ein allzu eng getakteter Ablauf der Abende nicht angestrebt. Vieles soll aus der Initiative der Kinder und Jugendlichen erwachsen.
David Raither, in Neufrach wohnhaft und im Hauptberuf Fahrdienstleiter am Salemer Bahnhof, hat seine pädagogischen Kompetenzen im Rahmen von Weiterbildungen immer wieder gesichert. Für seine Arbeit erhält er von der Gemeinde eine überschaubare Aufwandsentschädigung. Unterstützt wird er von weiteren Jugendleitern, etwa Emma Büttrich, die von ihrem Wohnort in Böblingen fast wöchentlich nach Heiligenberg pilgert.
Zwei spannende Ferienwochen im Bregenzerwald
Fixpunkt im Jahreskalender der Jugendgruppe ist das Ferienlager. Als bestens geeigneter Standort dafür hat sich seit Jahren ein Selbstversorgerhaus in Krumbach im Bregenzerwald erwiesen. Vom 3. bis 17. August werden etwa 30 Jugendliche mit ihren Betreuern dorthin aufbrechen und bei Geländespielen, Wanderungen, Aktionen am nahen Bachlauf und vielen anderen spannenden Erlebnissen zwei Ferienwochen verbringen. Die Selbstversorger-Eigenschaft der Unterkunft wird zwanglos auch zu Diensten für die Lagergemeinschaft führen. „Nach diesen Wochen“, so hätten es ihm Eltern berichtet, „waren einige Jugendliche auf die Idee gekommen, sich auch zu Hause um die Spülmaschine zu kümmern.“