Als Regina Geng im Sommer 1979 in Föhrenbühl stand, spürte sie: „Das hier, da will ich sein.“ Noch wusste sie nicht, was es mit der Lebensgemeinschaft im idyllischen Örtchen Steigen auf sich hatte. Doch ein Ehepaar, er Waldorflehrer, sie Eurythmetikerin, dachte: „Das könnte etwas für mich sein.“ Geng war damals 18 Jahre alt und wollte eigentlich Krankenschwester werden. Zu jener Zeit war es allerdings schwer, im Sozialen Bereich einen Ausbildungsplatz zu finden. „Alle Berufe waren überlaufen.“ Der Andrang war überall groß.
„Es war ganz viel soziales Engagement bei den jungen Menschen da, etwas Soziales zu tun. Es war einfach eine andere Zeit“, erinnert sich Geng. Ihr Glück war, dass in den Sommerferien jemand einen Praktikumsplatz in Föhrenbühl absagte und sie zum Zuge kam. Danach wollte sie ihre Ausbildung im Krankenhaus beginnen. Dazu kam es nicht mehr. Stattdessen absolvierte sie ab 1980 eine vierjährige Ausbildung zur Heilerzieherin mit überwiegender Lehrtätigkeit. Etwas mit Menschen, mit Tieren, mit der Natur machen. Dieser Wunsch wurde in Föhrenbühl an verschiedenen Stationen Wirklichkeit für sie. Mit dabei hatte sie Pferd Mäxle und Esel Beppo.
„Es war wie in einer Familie“
Morgens waren die Auszubildenden mit den Internatskindern zusammen, danach im Seminar, ab mittags wieder mit den Kindern. „Eigentlich war es wie in einer Familie“, sagt Geng. Der Lebensgemeinschaft, die über die Jahrzehnte auch Lern- und Arbeitsort unter dem Namen Camphill Schulgemeinschaften wurde, liegt die Idee der therapeutischen Gemeinschaft zugrunde. Geng lebte eine Weile am Standort, gründete das heilpädagogische Reiten mit und bot Handarbeiten an. Später wechselte sie angeregt durch ihre Seminararbeit über ein Kind in den Kindergarten und leitete bis zuletzt den Schulkindergarten für Kinder mit Assistenzbedarf. Von diesem Posten wurde sie nun in den Ruhestand verabschiedet.

Gern blickt sie auf ihre Arbeit mit den Kindern zurück. Einst oft ein 24-Stunden-Job. Beispielsweise bei Fahrten auf die Alb. „Wir haben nicht unterschieden zwischen Arbeit und frei. Es war Leben“, sagt Regina Geng. Schmunzelnd erzählt sie von Aktionen, die irgendwann Sicherheitsbedenken wichen. Etwa vom Wiese mähen und Heu machen. Die Kinder durften die Sense in die Hand nehmen und oben auf dem Anhänger sitzen. Oder gemeinsam wurde eine Ackerfläche bearbeitet. Unterstrichen wurde alles mit Sprüchen und Liedern. Letzteres ist so geblieben. Das praktische Erleben und das kognitive Empfinden werden verbunden. Kindern, „die es schwer haben, diese Bereiche zusammenzubringen“, sei diese Pädagogik eine große Hilfe.

Mit den Kindergartenkindern wird ebenfalls viel gereimt und gesungen, gern in Verbindung mit den Jahreszeiten. Geng beschreibt dies als Rahmen. „Jeder ist fantasievoll und das in einem sozialen Kontext. Wenn das glückt, ist das die beste Essenz. Dann kommt man zurück mit rotbackigen Kindern, die zufrieden sind“, sagt die Pädagogin. Doch nicht nur das Leben im Sozialgefüge, auch Resilienz und Wertschätzung den Dingen gegenüber nennt sie als Inhalte. Lange hat Regina Geng den Kindergarten im Trio mit Michèle Roidt und Monika Maxfield betrieben. Nie haben sich die Frauen als Erzieherinnen gesehen. „Wir sind Vorbilder und Begleiter. Daher ist das Wort Kindergarten so schön. Das ist der Garten, der gedeiht“, sagt Geng. Auch Kinder, die Unterstützung brauchen, sollen sich autonom in diesem strukturierten, rhythmisch gestalteten Tagesablauf entwickeln.

„Das ist so ein schöner Beruf“
„Da kann man so viel bewirken im Leben. Das ist so ein schöner und reichhaltiger Beruf“, findet Geng. Zu manchen Kindern und Erwachsenen besteht noch heute Kontakt. Sie mahnt lediglich, auf die eigenen Kräfte zu achten und sich nicht davor zu scheuen, in herausfordernden Zeiten den Kontakt zu den Mitmenschen zu suchen. Ob sie ihren Weg noch einmal so gehen würde? „Ich würde es im nächsten Leben wieder so machen“, antwortet Geng. Nur die Arbeit auf einem Bauernhof mit Tieren verstärken. Für den Kindergarten wünscht sie sich, dass es gut weitergeht. Noch ist die Nachfolge nicht in trockenen Tüchern, weshalb sie keine Details nennt. Aber sie ist zuversichtlich und sichert ihre Unterstützung zu, falls es Fragen gibt.

Nach so vielen Jahren fällt es ihr schwer, einen Lieblingsort für ein Foto auszusuchen. „Ich war an so vielen Orten hier zu Hause“, begründet sie. „Ich bin Föhrenbühl unglaublich dankbar, weil ich viel für mein eigenes Leben mitnehme.“ Am Ende nimmt sie auf einer Bank im Garten des Kindergartens Platz. Passend zum Bild der Kinder, die im Kindergarten unter Begleitung der Pädagogen gedeihen können. Was jetzt auf sie rund um ihren Hof in einem Teilort von Herdwangen-Schönach wartet? „Ich freue mich auf mehr selbstbestimmtes Leben, auf mich, auf meine Gesundheit, auf mein Leben, was ich jetzt so leben möchte. Vielleicht mache ich später was mit Kindern und Pflanzen“, sagt Geng lächelnd.