Dass das Theater raus zu den Menschen geht, auch mal an ungewohnten Orten sichtbar wird, war schon immer eine gute Idee. Aus dieser Perspektive ist für den renommierten Intendanten und Regisseur Ulrich Khuon auch der Ausflug des Überlinger Sommertheaters auf das landwirtschaftliche Hofgut Rengoldshausen eine Bereicherung.

Mit Worten von Martin Walser machte der renommierte Theatermacher Ulrich Khuon (2.vl.) dem Förderverein Sommertheater Mut, um eine ...
Mit Worten von Martin Walser machte der renommierte Theatermacher Ulrich Khuon (2.vl.) dem Förderverein Sommertheater Mut, um eine baldige Nutzung der Spielstätte in der ehemaligen Kapuzinerkirche zu kämpfen. Im Gespräch ehemaligen und amtierenden Verantwortlichen: (v.l. Thomas Michael Becker, Oswald Burger und Harald Lenski. | Bild: Hanspeter Walter

Allerdings wünschen sich die Theaterleute eine größere Bühne an zentralerem Ort. Sie wünschen sich die Kapuzinerkirche zurück, die wegen Sanierungsarbeiten immer noch gesperrt ist. Dass der Umbau der ehemaligen Kapuzinerkirche als angestammte Spielstätte zu einem ganzjährig nutzbaren Veranstaltungsraum bis zum 30. Juni 2026 abgeschlossen sein müsse, sagte der städtische Fachbereichsleiter Raphael Wiedemer-Steidinger beim Pressegespräch zum diesjährigen Theaterprogramm. Dennoch könne er noch keine verbindliche Zusage machen, ob die Spielstätte im Juli bereits nutzbar sei. Langsam scheinen die ersten Arbeiten in dem denkmalgeschützten Gebäude angelaufen zu sein. Seit der vergangenen Woche ist die Owinger Firma Fischer am Werk und betoniert ein Podest und eine Treppe und führt einige Reparaturarbeiten aus.

Die Aufführung des Potsdamer Theaters in diesem Jahr: Julia verzweifelt nicht nur an ihrem Gatten Romeo (links), sondern auch an ihrem ...
Die Aufführung des Potsdamer Theaters in diesem Jahr: Julia verzweifelt nicht nur an ihrem Gatten Romeo (links), sondern auch an ihrem Schöpfer Shakespeare. | Bild: Hanspeter Walter

Die Sommertheatersaison auf dem Hofgut Rengoldshausen ist also eine Interimsphase. Regisseur Ulrich Khuon sprach bei der Finissage des diesjährigen Programms mit dem Überlinger Kulturschaffenden Oswald Burger, stellvertretender Vorsitzender des Sommertheater-Fördervereins. Eingestreut waren bei diesem letzten Programmpunkt der Sommertheatersaison die Erfahrungen und Erlebnisse der früheren Verantwortlichen im Förderverein, Klauspeter Hack, Karl-Ernst Roth und Thomas-Michael Becker.

Wer ist Ulrich Khuon?

Dass er zu einer Größe der deutschen Theaterszene werden sollte, war für Ulrich Khuon keineswegs absehbar, der nach seiner Schulzeit am humanistischen Gymnasium in Konstanz zunächst in Freiburg Jura studiert hatte. Über seine Arbeit als Theaterkritiker war er schließlich als Dramaturg an das Stadttheater Konstanz gelangt, das bis 2016 das Programm in Überlingen gestaltete. Bevor er in Hannover, Hamburg und Berlin die namhaftesten deutschen Bühnen leiten sollte, war Khuon vor 40 Jahren einer der Geburtshelfer des Sommertheaters in Meersburg gewesen. Noch gut erinnerte er sich an die ersten Aufführungen in der Hämmerlefabrik, an denen er beteiligt war. Ganz konkret an einer Bühnenversion der Novelle „Das fliehende Pferd“ von Martin Walser.

Der von Khuon verehrte Nußdorfer Schriftsteller Martin Walser hatte gemeinsam mit Rolf Hochhuth den Impuls für das Sommertheater in dem Fabrikgebäude gegeben, wo Walsers Geschichte zu den ersten Stücken zählte. Wobei Khuon eine Lanze für die Institution als solche brach. Ein Sommertheater dürfe durchaus amüsant und intelligent sein, es müsse aber nicht zwanghaft intellektuell sein. So könnte man seine Einordnung auf den Punkt bringen.

Klauspeter Hack (rechts) gehörte zu den Mitbegründern in Meersburg, war einer der ersten Vorsitzenden und erinnerte sich an manche ...
Klauspeter Hack (rechts) gehörte zu den Mitbegründern in Meersburg, war einer der ersten Vorsitzenden und erinnerte sich an manche Anekdote. Hier mit Oswald Burger (links) und Ulrich Khuon. | Bild: Hanspeter Walter

Eine Hommage von Martin Walser zum ersten runden Geburtstag im Jahr 1995 hatte Ulrich Khuon ebenfalls mitgebracht. Das Engagement des Meersburger Vereins hatte Walser hier beschrieben „als Bürgerinitiative, einmal nicht um Schreckliches zu verhindern, sondern um das Schöne zu fördern“. Während der Schriftsteller damals „von 20 Jahren und mehr“ träumte, appellierte er am Ende an die Aktiven: „Lont et luck – so hat einer den anderen aufgefordert, doch bitte dran zu bleiben.“

Regisseur macht Mut: dranbleiben!

Khuon wollte dem Förderverein Mut machen: Bleibt dran! Auch wenn das Warten auf die gewohnte Spielstätte in der ehemaligen Kapuzinerkirche den Aktiven viel Geduld abverlangt. Das Theater selbst sei quasi eine Dauerbaustelle, die steten Veränderungen unterworfen sei. Dazu gehöre auch der regelmäßige Widerstand des Publikums und der Medien nach einem Leitungswechsel an den Bühnen, den Khuon beschrieb.

Der Meersburger Karl-Ernst Roth war lange Vorsitzender und begleitete 2003 den Wechsel des Sommertheaters nach Überlingen.
Der Meersburger Karl-Ernst Roth war lange Vorsitzender und begleitete 2003 den Wechsel des Sommertheaters nach Überlingen. | Bild: Hanspeter Walter

Begrenzten Optimismus verbreiten konnte Oswald Burger mit seinem Hinweis, dass er in den Tagen zuvor einen Bauarbeiter in der Kapuzinerkirche angetroffen habe, deren Instandsetzung bis zum 30. Juni 2026 abgeschlossen sein soll. Gedämpft war auch die Hoffnung von Harald Lenski, dem Vorsitzenden des Fördervereins Sommertheater. Er habe gelernt, dass „fertiggestellt nicht heißt, dass sie auch bespielbar sein wird“. Fertiggestellt heiße vor allem, dass der Zuschuss nicht zurückgezahlt werden müsse. Doch dann fehle eben noch das eine oder andere. Der Verein hoffe, dass man spätestens im Herbst ein kleines Programm anbieten könne.

Man könne sich selbst „auch ein bisschen unter Druck bringen“, versuchte Ulrich Khuon beim Thema „Bauen und fertig werden“ am Ende noch etwas Mut zu machen, „wenn man es will und die Politik mitmacht“. Man müsse Dinge einfach planen und damit vollendete Tatsachen schaffen. Diese Erfahrungen habe er mehrfach gemacht. „Man kann auch in unvollendeten Räumen wunderbare Dinge machen.“