Waldshut-Tiengen steht eine intensive Zeit bevor. Der Waldshuter Teil der Doppelstadt wird Dreh- und Angelpunkt des Schienenersatzverkehrs für die Hochrheinbahn. Und das nicht erst ab dem 26. April 2026, wenn die Strecke zwischen Rheinfelden und Erzingen für die Bauarbeiten zwecks Elektrifizierung und Ausbau der Strecke komplett für teils mehr als ein Jahr gesperrt sein wird. Nein – Schienenersatzverkehr wird es zwischen Rheinfelden und Waldshut noch in diesem Jahr geben, und zwar bereits ab dem 9. August bis voraussichtlich 7. September. Das teilte jetzt Uwe Böhler, stellvertretender Leiter des städtischen Ordnungsamts und Leiter Sachgebiet Sicherheit und Ordnung, dem Gemeinderat von Waldshut-Tiengen mit.
Erneuerung von Gleisen und Weichen kann nicht warten
Bisher hieß es immer: Die ersten, auch noch 2025 beginnenden Arbeiten im Zusammenhang mit der Elektrifizierung und dem Ausbau der Hochrheinbahn im Bereich zwischen Grenzach und Rheinfelden finden bei laufendem Bahnbetrieb statt, noch ohne Schienenersatzverkehr. Das gilt laut Bahn auch weiterhin. Allerdings habe die im August beginnende Streckensperrung auch andere Ursachen. Hintergrund dafür ist die Erneuerung von Gleisen und Weichen, die sich einer Bahnsprecherin zufolge aufgrund technischer Vorgaben im Zusammenhang mit Verschleiß und Nutzungsdauer nicht auf nächstes Jahr verschieben lasse. „Im Falle der anstehenden Instandhaltungsmaßnahmen war eine Bündelung mit dem Ausbau und der Elektrifizierung der Strecke leider nicht möglich“, sagt sie. Die erforderlichen Arbeiten also in einem Aufwasch zu erledigen, komme so nicht infrage. Sonst achte man grundsätzlich darauf, „Bauarbeiten an der Strecke bestmöglich zu bündeln, um Einschränkungen für Fahrgäste und Anwohnerinnen und Anwohner auf ein Minimum zu begrenzen“, so die Sprecherin.

Es werden also von August bis September über einen Zeitraum von voraussichtlich einem Monat zwischen Rheinfelden und Waldshut Ersatzbusse verkehren – 20 Meter lange Gelenkbusse mit 47 Sitzplätzen und Platz für maximal 110 Fahrgäste. Sie fahren als RB-Ersatz mit allen Stopps unterwegs und als Expresslinie nur mit Zwischenstopp in Bad Säckingen.
Weitere Sperrung ab Oktober
Und kaum ist die Strecke offen, geht sie auch schon den gesamten Oktober 2025 über erneut zu, wenn auch nur jeweils samstags und nur im Abschnitt zwischen Rheinfelden und Murg. Auch hier sind Erneuerungen an der Strecke der Grund. Wie in dieser Zeit der Schienenersatzverkehr geregelt sein wird, ist noch unklar. „Zum Ersatzkonzept sind wir noch in Abstimmung mit dem Land“, so die Bahnsprecherin.

So oder so: Was noch 2025 an Schienenersatzverkehr am Hochrhein läuft, wird als eine Art Generalprobe für die Zeit ab Ende April 2026 gesehen, wenn die große und lange Streckensperrung kommen wird. Dann vor allem wird sich weisen, ob das für diese Zeit entwickelte Logistikkonzept für Waldshut funktioniert, wenn schließlich 50 Gelenkbusse pro Tag zusätzlich zum regulären Busverkehr hinzukommen, um die Passagierinnen und Passagiere der Hochrheinbahn aufzunehmen und zu transportieren.
Klar ist – das machte Böhler in der Gemeinderatssitzung deutlich: Die Gelenkbusse, die Regionalbahn und Regionalexpress ersetzen, steuern, auch jetzt schon im August/September, aus Platz- und Kapazitätsgründen nicht den Waldshuter Busbahnhof an. Für sie sind rund um den Bahnhof Sonderhaltestellen eingerichtet. Standorte sind vor allem entlang der Bismarckstraße, die zur „Streckenhaltezone“ wird, und auch direkt an der B 34 vorgesehen. Ausschlaggebend für die Wahl sei die Nachbarschaft zum bestehenden Busbahnhof, wo umgestiegen wird, und die Nähe zum Hauptverkehrsweg B 34 gewesen, führte Böhler aus.

Wenig Einwirkung auf den übrigen Verkehr, gefahrloses Aussteigen und Wechsel der Fahrbahnseiten für die Reisenden sowie ausreichende Aufstellflächen an den Haltestellen seien weitere Kriterien gewesen. Das entsprechende Konzept haben Stadt und DB Regio zusammen ausgearbeitet. Als Knotenpunkt für alle sechs geplanten Ersatzverkehr-Buslinien, also für die normalen wie für die Expressvarianten, geht Waldshut damit einen Sonderweg. „Die Stadtverwaltung hat sich an dem Haltestellenkonzept konstruktiv und federführend beteiligt. Wichtig war uns, dass wir das ‚Jahrhundertprojekt‘ des Ausbaus und der Elektrifizierung der Hochrheinbahn so gut wie nur irgend möglich stützen“, sagte Böhler. Ziel müsse sein, den Schienenersatzverkehr trotz allem so attraktiv zu halten, dass möglichst wenige für die Zeit der Sperrung wieder aufs Auto ausweichen und damit die B34 noch mehr verstopfen.

In der Praxis aber gibt es Knackpunkte: Um die Haltebuchten für die 20-Meter-Busse zu schaffen, müssen Parkplätze weichen und womöglich auch Bäume versetzt oder gefällt werden, wie ein Ginkgo in der Bismarckstraße. 16 öffentlich bewirtschaftete Parkplätze gingen damit verloren, was für die Stadt auch einen finanziellen Verlust bedeute. Auch Oberbürgermeister Martin Gruner sprach von einer „Belastung“ für die Stadt. Dafür werde man dann aber für Zeit ab Ende 2027 mit einem deutlich attraktiveren Bahnangebot entschädigt.
So reagierten die Stadträtinnen und Stadträte
Dennoch hatten die Stadträtinnen und Stadträte viele Fragen an Böhler. „Der Schienenersatzverkehr wird zum Riesenproblem, wenn er zum schon bestehenden, regulären Bus- und Schülerverkehr hinzukommt“, sagte Stadtrat Gerd Jacobshagen (CDU). Hinzu komme, dass es in den Ersatzbussen keine Toiletten gibt. Das könne bei bis zu 90-minütigen Fahrzeiten zum Problem werden. Rund um die Waldshuter Haltestellen müssten daher mobile Toiletten aufgestellt werden, forderte er. Auch werde es Probleme beim Umsteigen geben, lägen die Haltestellen doch teils sehr weit auseinander, gab Jacobshagen zu bedenken. Da brauche es eine gute Beschilderung. Stadträtin Antonia Kiefer (Grüne) forderte, dass die Haltestellen mit Warteräumen versehen werden.
Böhler entgegnete, dass die Beschilderung gut sein werde und vor Ort auch Bahnmitarbeitende seien, die als „Guides“ Auskunft geben könnten. Toiletten und Warteräume seien aber keine in Planung. Die Bahn bestätigt das auf Nachfrage. „Alternativlos“ nannte Stadtrat Harald Würtenberger (FW) die kommenden Einschränkungen. Er sagte: „Wir müssen eben jetzt in den sauren Apfel beißen. Es wird gehen und es muss gehen.“