Über 1,2 Millionen Franken – so viel verlangte ein ehemaliger Konzernjurist und COO von seinem früheren Arbeitgeber, einer Firma aus dem unteren Fricktal. Der Bonus, so meinte er, stehe ihm nach dem Verkauf des Unternehmens zu. Und: Die Kündigung, wenige Monate vor dem „Exit“, sei nichts anderes als ein gezielter Schachzug gewesen, um genau diese Zahlung zu verhindern.

Das böse Erwachen vor dem Obergericht

Doch das Obergericht sah das ganz anders. Es wies die Klage in vollem Umfang ab. Für den Kläger endet das Verfahren nicht nur ohne einen Rappen – sondern auch mit hohen Verfahrenskosten.

Schon beim Bezirksgericht gibt‘s eine Schlappe

Eine Schlappe erlitt der Kläger bereits an der vorinstanzlichen Verhandlung vor dem Bezirksgericht Rheinfelden im Sommer 2023. Dieses wies die Klage ab, legte dem Kläger die Gerichtskosten von 25.430 Franken auf und verpflichtete diesen darüber hinaus, an den Beklagten eine Parteientschädigung von 67.308 Franken zu bezahlen.

Die Parteien schließen eine Zusatzvereinbarung ab

Der Kläger war zwischen 2017 und 2021 bei der Firma tätig. 2018 schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag: einen speziellen Bonusplan. Dieser sah zwei Varianten vor – einen „Good Leaver“-Bonus, also eine Prämie beim ordentlichen Austritt aus dem Unternehmen, und einen deutlich höheren „Exit Multiple“, eine Bonuszahlung im Falle eines Firmenverkaufs, die sich am Unternehmenswert orientieren sollte.

Rauswurf und fünf Monate später der Firmenverkauf

Im Juni 2021 kündigte das Unternehmen dem Kläger. Der Verkauf der Firma erfolgte rund fünf Monate später. Der Kläger war überzeugt: Die Kündigung diente nur einem Zweck – ihn vom „Exit Multiple“ auszuschließen. Er forderte deshalb 66.667 Franken Entschädigung wegen angeblich missbräuchlicher Kündigung und darüber hinaus 1.134.454 Franken als Exit-Bonus.

Die Beklagte nennt den wahren Grund für die Kündigung

Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dass die Kündigung aus völlig anderen Gründen erfolgt sei. Schon lange vor dem Verkauf sei die Zusammenarbeit mit dem Kläger schwierig gewesen. Als COO habe er zunehmend auf Konfrontation mit dem CEO gesetzt, Gespräche nur noch im Beisein von Dritten gewünscht – für ein Kadermitglied eine untragbare Situation.

Der Bonusplan sei rechtzeitig beendet worden

Zum Bonusplan erklärte das Unternehmen, dieser sei rechtzeitig beendet und der vereinbarte „Good Leaver“-Betrag von 282.600 Franken ausbezahlt worden. Der „Exit Multiple“ sei keine garantierte Lohnkomponente gewesen, sondern ein freiwilliger, einmaliger Bonus, über den das Unternehmen nach eigenem Ermessen habe entscheiden dürfen.

Das Obergericht muss zwei Fragen prüfen

Das Obergericht wies die Klage in beiden Punkten ab. Es prüfte zwei Fragen. Die erste: War die Kündigung unrechtmäßig? Nein, so das Obergericht. Zwar sei die zeitliche Nähe zur Firmenübernahme auffällig. Doch allein daraus könne nicht auf eine sogenannte Rachekündigung geschlossen werden. Bereits 2020 habe es Anzeichen gegeben, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem CEO belastet gewesen war. Aussagen und E-Mail-Verkehr belegten ein zunehmend zerrüttetes Vertrauensverhältnis.

War die Kündigung unrechtmäßig?

Gerade für eine Führungskraft sei Vertrauen zentral. Wenn dieses fehle, könne ein Unternehmen das Arbeitsverhältnis beenden – auch ohne schwerwiegendes Fehlverhalten. Der Kläger habe nicht glaubhaft belegen können, dass seine Kündigung nur erfolgt sei, um ihm den Bonus vorzuenthalten.

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Hat der Kläger Anspruch auf den Exit-Bonus?

Im zweiten Punkt ging das Obergericht der Frage nach, ob der Kläger Anspruch auf den Exit-Bonus von 1.134.454 Franken hatte. Auch hier entschied das Gericht klar gegen den Kläger. Zwar sah der Bonusplan den „Exit Multiple“ ausdrücklich vor, doch enthielt er gleichzeitig eine Klausel, wonach das Unternehmen den Plan jederzeit auflösen konnte – und zwar gegen Auszahlung des tieferen „Good Leaver“-Bonus.

Der Kläger argumentierte, dass diese Klausel bei einem bevorstehenden Verkauf nicht mehr gelten dürfe. Doch das Gericht fand keinen Hinweis, dass der Bonusplan in einem solchen Fall automatisch den „Exit Multiple“ zwingend gemacht hätte. Weder im Vertragstext noch in der Vorgeschichte ließ sich das belegen.

Das Gericht sieht es als freiwillige Sonderzahlung an

Aus Sicht des Gerichts handelte es sich beim Bonus nicht um einen festen Lohn, sondern um eine freiwillige Sonderzahlung – auch wenn sie rechnerisch am Unternehmenswert hing. Entscheidend sei, dass die Firma nicht verpflichtet war, diesen Bonus zu zahlen. Das Gericht legt den Bonusplan nach dem Vertrauensprinzip aus und betont, dass der Arbeitgeber jederzeit entscheiden durfte, ob und wie der Bonus ausgezahlt wird. Gemäß Gericht sei die Vergütung des Bonusplans „als einmalige freiwillige Leistung konzipiert“. Dies „nicht als Hauptvergütung für die Arbeitsleistung“, sondern „als zusätzlicher Anreiz“.

Auch der Umstand, dass der Kläger ein Jahreseinkommen von über 480.000 Franken bezog, spielte eine Rolle: In solchen Gehaltsklassen greife der besondere Schutz des Arbeitsrechts nur eingeschränkt.

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Keine Entschädigung, stattdessen hohe Kosten

Das Obergericht wies die Klage vollständig ab. Der Kläger erhält keine Entschädigung und keinen weiteren Bonus. Stattdessen muss er: 25.680 Franken Gerichtskosten bezahlen – durch Vorschuss bereits gedeckt – und zusätzlich 31.065 Franken Anwaltskosten an den Beklagten erstatten.

Das Urteil (ZOR.2024.15) ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann Beschwerde beim Bundesgericht erheben.

Der Autor ist Redakteur der ‚Aargauer Zeitung‘. Dort ist dieser Artikel zuerst erschienen.