Frau Trautwein-Domschat, waren Sie am 15. Dezember überrascht über das Wahlergebnis?
Wenn man sich zur Wahl stellt, muss man damit rechnen, dass man nicht wiedergewählt wird. Trotzdem ist es natürlich schade, dass ich nicht weitermachen kann. Ich habe noch viele Ideen, die ich gerne umgesetzt hätte. Ich bedauere es auch, dass ich nicht mehr Teil des tollen Teams des Rathauses sein werde, das wir über acht Jahre aufgebaut haben, und aller Gemeindebediensteten. 2017 war hier strukturell aber auch emotional einiges im Argen. Das haben wir zum Guten gewendet. Davon möchte man natürlich auch die Früchte ernten.
Sie verzichten auf eine Verabschiedungsfeier, nachdem der Gemeinderat das Budget dafür gekürzt hat…
Es geht nicht um das Budget. Es geht um den Stil. Es ist nicht die Aufgabe der Bürgermeisterin, ihre Verabschiedung zu organisieren. Deswegen habe ich mich da rausgehalten und es dem Gemeinderat überlassen. Ich habe ein anderes Werteverständnis. Aber es geht hier nicht um mich. Ich bin nicht wichtig, die Gemeinde ist wichtig. Wenn der Gemeinderat das für richtig erachtet, dann ist das seine Entscheidung. Ich kommentiere das jetzt nicht weiter.
In der letzten Gemeinderatssitzung vor der Wahl sind Sie wegen eines für den Bauhof angemieteten Gießanhängers hart kritisiert worden. Wie haben Sie das so unmittelbar vor der Wahl empfunden? War das Wahlkampf?
Ich weiß es nicht. Für mich war das eine Lappalie. Den Gemeinderäten ist es aber offenbar aufgestoßen. Mir ist einfach nur wichtig, dass meine Mitarbeitenden mit gutem Arbeitsmaterial arbeiten können, das auch wirtschaftlich vertretbar ist.
Auf welche Projekte sind Sie besonders stolz? Was ist gut gelaufen?
Gut gelaufen ist die Zusammenarbeit mit den Gemeindebediensteten, allen ehrenamtlichen und externen Partnern. Schwörstadt hat sich mit vielen guten Umsetzungen Anerkennung über seine Grenzen hinaus erarbeitet. Das Gemeindeentwicklungskonzept „Schwörstadt 2035“ hat sich als guter strategischer Fahrplan bewährt. Es wurde gemeinsam mit umfassender Gemeinderats- und Bürgerbeteiligung erstellt. Ich bin stolz darauf, dass ich alle Wahlversprechen aus dem Jahr 2017 einhalten konnte. Eine ganz wichtige Sache war für mich immer der Schutz der Bevölkerung. Die Feuerwehr haben wir gut aufgestellt – von neuen Uniformen und Schutzkleidung über das GWL2 sowie LF10 Einsatzfahrzeuge, Rheinrettungsvereinbarung, Rettungsboot bis hin zur Wärmebildkamera. Den Starkregenschutz haben wir am Ossenberg und in Niederdossenbach vorangetrieben. Wichtig war mir auch, dass wir die frühkindliche Bildung stark ausgebaut haben. In der Schule am Heidenstein konnten wir einen zweiten gemeindeeigenen Kindergarten aufbauen, beide Naturpark-zertifiziert. Mit dem Kinderbildungszentrum sind wir eine Fördermodellkommune geworden. Wir sind eine der ersten Kommunen im Landkreis, die Tempo-30 auf der Bundesstraße bekommen hat. Kürzlich konnten wir das auch auf den Kreisstraßen von Dossenbach umsetzen. Wir konnten also große Erfolge erzielen. So hat die Gemeinde beispielsweise in den vergangenen acht Jahren Fördergelder in Höhe von drei Millionen Euro eingeworben. Aber acht Jahre sind natürlich lang und da gerät vieles wieder in Vergessenheit.
Würden Sie das Neubaugebiet am Rhein ebenfalls als Erfolg verbuchen?
Absolut. Schwörstadt braucht attraktive Wohnungen für Familien und junge Menschen. Die Flächen für das Baugebiet waren ja schon im Jahr 2009 gesetzt. Dann wurde das aber wieder verworfen, weil das Gebiet nicht so einfach war. Da konnten wir Synergien schaffen. Wir haben mit Bürgerbeteiligung den Kinderspielplatz an der Hebelstraße umgebaut. Ein anderes Hindernis war, dass es in dem Gebiet mehr als 20¦private Grundstückseigentümer gab, die man alle unter einen Hut bringen musste. Aber auch das ist geschafft und die Erschließung beider Teilgebiete ist abgeschlossen, sodass nun oben in der Rheinstraße der Dorfbach saniert, der Entlastungskanal und weitere Leitungen verlegt werden können. Wir sind im Zeitplan, die Baufirma leistet gute Arbeit. Im Januar haben wir uns mit zwei Investoren getroffen, die im Neubaugebiet leicht zugängliches Wohnen realisieren möchten. Auch die Baulücken, Leerstände und Sanierungen in der Ortsmitte konnten in das ISEK aufgenommen werden. Gemeinderat und Bürgerschaft haben erste Ideen entwickelt, wie wir den Ortskern fit machen könnten, wenn dann die Autobahn kommt.
Was ist in den vergangenen acht Jahren nicht gut gelaufen in Schwörstadt? Welche Fehler haben Sie gemacht?
Die Infrastruktur ist ein großes Problem in Schwörstadt und Dossenbach. Da ist uns natürlich der Hangrutsch der Bergstraße in die Quere gekommen. Dann ist dort auch noch ein Verkehrsschild mit einer Tonnenbeschränkung hinter einem Baum zum Vorschein gekommen, um das sich zuvor niemand gekümmert hatte. Man kann das bewerten, wie man möchte. Hänge rutschen eben mal und man muss sie wieder herrichten. Dass das allerdings so eine Bürokratie ist und so lange dauern könnte, habe ich nicht abschätzen können. Die Straße war aber nie gesperrt und der Planungsauftrag wurde 2024 vergeben. Der Dorfbach war das nächste Problem. Aber auch da haben wir Lösungen gefunden, dass die Eltern ihre Kinder zum Kindergarten bringen können und dass die Verkehrsteilnehmer aufeinander Rücksicht nehmen. Vielleicht war das eine Fehleinschätzung von mir, dass ich gesagt habe, wir arbeiten diese Dinge Step by Step ab.
Fühlen Sie sich weiterhin als Teil der Gemeinde? Werden Sie auch in Zukunft Veranstaltungen besuchen?
Ja, ich fühlte mich weiterhin als Teil der Gemeinde. Daran hat der Wahlausgang nichts geändert. Ich fühle mich der Gemeinde verbunden, seit ich ein Kind bin. Ich habe hier im Schwimmbad und im Rhein schwimmen gelernt. In Dossenbach liegt ein Teil meiner Wurzeln. In den letzten Wochen nach der Wahl habe ich viele Briefe, Mails, Dankesschreiben, wertschätzende Worte des Abschieds und Worte des Sich-Wiedersehen-Wollens erhalten. Für diese große Wertschätzung bin ich sehr dankbar. Das macht glücklich. Vereine haben mich angefragt, ob ich ihre Veranstaltung weiterhin besuchen möchte. Da antworte ich: Selbstverständlich, gerne! Außerdem bin ich jetzt zwar Bürgermeisterin im Ruhestand, aber ich bin ja auch noch aktive Kreisrätin. Wenn ich irgendetwas für die Gemeinde tun kann, sei es beim Thema Mobilität, Bildung oder beim Bevölkerungsschutz, dann werde ich das natürlich tun.
Wie geht es für Sie persönlich weiter?
Die Zukunftsthemen der Gemeinde habe ich schon seit dem Wahlsonntag in andere Hände gelegt. Ich mache jetzt erstmal Urlaub. Ich werde den Tag genießen und Dinge tun, für die ich früher keine Zeit hatte: Meine sozialen Kontakte pflegen und mich natürlich meinem Hobby widmen. Das Segeln wird einen ganz großen Teil meines Lebens einnehmen. Und Segeln heißt eben, nicht an einem Ort zu verharren, sondern sich neuen Ufern zuzuwenden. Wenn der Wind woanders her weht, dann werden die Segel neu gesetzt.
Fragen: Stefan Ammann