Karin Steinebrunner

Ein bis zum Rand gefüllter Paulussaal erwartete am Mittwochabend den Schulleiter des Kollegs St. Blasien, Pater Klaus Mertes, anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg, vorgenommen durch Ferdinand R. Prostmeier in Vertretung des krankheitshalber abwesenden Dekans Karl-Heinz Braun.

Unter den zahlreichen Gästen befanden sich auch ehemalige Schüler und Weggefährten sowie eine gut 60-köpfige Gruppe von Domfestspielmitwirkenden, hatte Klaus Mertes doch bei der letzten Produktion den Fürstabt Martin Gerbert verkörpert. Musikhochschulprofessor Kilian Herold umrahmte die Verleihungsfeier mit Solowerken für Klarinette von Telemann, Messiaen und Strawinsky, der Fundamentaltheologe Magnus Striet hielt die Laudatio.

Die Laudatio hielt Professor Magnus Striet.
Die Laudatio hielt Professor Magnus Striet. | Bild: Karin Stöckl-Steinebrunner

Er begann seinen Vortrag mit einem Vergleich, bei dem er Mertes dem Jesuiten Karl Rahner zur Seite stellte. Dieser habe Theologie verstanden als Nachdenken nah am Menschen, habe den Glauben an den Mensch gewordenen Gott als fundamental betrachtet. Aus einer ähnlichen Haltung heraus habe Mertes nach Möglichkeiten gesucht, angesichts der traumatisierenden Erfahrung von Gewalt Theologie weiter leben zu können.

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Konsequenter Aufklärungswille

In einem von Mertes verfassten Buch habe er den Satz gefunden „Jesus war kein gehorsamer Mensch“. Das bedeute nicht Widerstand, sondern die Negierung von intransparenter Macht. So habe sich auch Klaus Mertes die Missbrauchsthematik nicht ausgesucht, aber er habe sich den Betroffenen gestellt, habe tatsächlich neben dem konsequenten Aufklärungswillen auch die Rolle des Repräsentanten einer Täterorganisation angenommen. Dafür sei er als Nestbeschmutzer beschimpft worden.

Hellwacher Zeitgenosse

Striet mahnte indes auch an, Mertes nicht auf dieses Thema zu reduzieren. Er sei ein hellwacher Zeitgenosse, der beispielsweise einfordere, dass nach dem gemeinsamen Martyrium im Dritten Reich endgültig die Abendsmahlsdiskrepanz zwischen Katholiken und Protestanten als überwunden gelten müsse.

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Eine Ehrenpromotion sei immer Ehrung und Selbstverpflichtung in einem, Studenten zeitgemäß auszubilden. Mit seiner „Frömmigkeit des Denkens“, scharfzüngig und fromm zugleich, mit seinen hoffnungsbesetzten Texten, könne Mertes als „öffentlicher Intellektueller“ apostrophiert werden, womit Striet ihn als ideale Person für diese Ehrenwürde charakterisierte.

Aufarbeitung als öffentliche Gewissensaufgabe

Die Begründung der Fakultät für die Verleihung der Ehrendoktorwürde fasste Prostmeier dahingehend zusammen, Pater Klaus Mertes habe die Aufarbeitung des Missbrauchs als öffentliche Gewissensaufgabe angesehen und damit Maßstäbe gesetzt weit über den deutschen Sprachraum hinaus.

Mertes gab zunächst seiner Freude Ausdruck, sowohl über die Verleihung als auch über deren große Resonanz. Die Laudatio habe im letzten Punkt etwas erspürt, wofür er sich gerne loben lasse. Im Übrigen glaube er ganz tief, dass Theologie Sprechen über Gott bedeute, und das nicht nur an der Universität.

Drei Anmerkungen wolle er machen. Erstens habe er in Sachen Missbrauch die Erfahrung gemacht, dass das Leiden der Opfer im Grunde nie genug gewürdigt werden könne. Zum Zweiten beginne das Glaubwürdigkeitsproblem der Kirche da, wo Kirchenfeste und eigenes Leben nicht mehr übereinstimmen. Er plädiere für eine sinnvolle Trennung zwischen Amt und Person, frage sich aber, ob man an einen Punkt kommen könne, wo die Glaubwürdigkeit der Person so sehr verletzt sei, dass auch das Amt davon beschädigt werde. Als Drittes erklärte er, es sei schwierig, dem Leid der Opfer gerecht zu werden, indem man darüber theologisch spreche.

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