St. Blasien – Der historische Bezug zur Feier des 1000 Jahre alten St. Blasien hatte sich nicht unbedingt aufgedrängt. Die nicht völlig gesicherte Gründung einer Albzelle um 945 oder der Eintritt des Schweizers Reginbert von Seldenbüren um 946 herum, also vor einem möglichen Jahrtausend, der seither wegen seiner umfangreichen Schenkungen als wirtschaftlicher Stabilisator des jungen Klosters betrachtet wird, waren lockere Dreh- und Angelpunkte für das angesetzte Jubiläum. Um dieselbe Zeit soll auch der erste Prior des aufwachsenden Benediktinerklosters gewählt worden sein – also durchaus geringe Ereignisse, die nicht unbedingt einer festlichen Erinnerung nach einem Jahrtausend harrten. Aber darum ging es 1946 auch gar nicht. Vielmehr verspürten die damaligen Verantwortlichen der kirchlichen und politischen Gemeinde die Herausforderung, nach zwölf Jahren brauner Diktatur und dem unvorstellbaren Rasen und Wüten des Weltenbrandes den Menschen eine andere Werteordnung und Besinnung auf das historische Erbe anzubieten.
Die zwar nicht gerade an den Haaren herbeigezogene, aber auch nicht übermäßig begründete Jubiläumsfeier kam den meisten St. Blasiern wie gerufen; der überlieferte Feuereifer belegt, wie die Mehrzahl der Bürgerschaft die Gestaltung der Festfeier, der Gottesdienste und des berühmten Festspiels „Ein Gottestag“ des einheimischen Autors und Geschichtsforschers Bernhard Steinert an und mit der Säulenhalle des Doms mittrug. Nebenbei: Das Festspiel zur Tausendjahrfeier war übrigens der ideelle und inhaltliche Vorläufer zu den Domfestspielen 1993. Als historische und geistige Gäste hätten sich zwar die Mönche von St. Paul in Kärnten, bekanntermaßen die Nachfolgeabtei für das 1807 aufgelöste St. Blasier Kloster, angeboten. Aber eigentlich gab es da bedauerlicherweise noch keine Beziehungen ins österreichische Bundesland, sodass naheliegend die Erzabtei Beuron den Benediktinerorden vertrat.
Zum erhebenden und bewegenden Festwochenende am 20.¦und 21.¦Juli 1946 waren der Erzabt Benedikt Baur (als 5.¦Erzabt von Beuron Vorsteher des Klosters von 1938-1955, verstorben Ende 1963) und der aus St. Blasien stammende Prior Matthäus Mutter an die tausendjährige Wirkungsstätte der Benediktiner gekommen.
Im Reise- und Gratulationsgepäck führten sie eine kleine, aber feine und in der ideellen Bewertung eindrucksvolle Kostbarkeit mit sich. Kunstfertige Mönche der Beuroner Erzabtei hatten in mühevoller Kleinarbeit eine wertvolle, mit den Wappen von Beuron und St. Blasien geschmückte Glückwunschurkunde gefertigt. Den eigentlichen Blickfang bildete der Lebensbaum, das Symbol des Ordensgründers Benedikt. Das mit Ornamenten verzierte Dokument muss ein Fest fürs Auge gewesen sein. Nachprüfen lässt es sich nicht, denn das Jubiläumsgeschenk ist verschollen. Sollte es den rücksichtslosen Weg alles Irdischen gegangen sein? Oder schlummert es in irgendeinem privaten Archiv? Einen Finderlohn auszusetzen, dürfte nach rund 80 Jahren von vergeblicher Hoffnung begleitet sein.