St. Blasien Es kann kühl werden in der alten Dorfkirche. Deshalb hängen an den Längswänden unter den hohen Kirchenfenstern Infrarot-Heizstrahler. Die sind aber nur bei Veranstaltungen in Betrieb Der Verein Winterhalter in Menzenschwand achtet auf die Betriebskosten. Die Fußbodenheizung im Untergrund ist deshalb schon lange vom Netz abgeknipst. „Die wurde wohl eingebaut, als der Strom noch zehn Pfennige pro Kilowattstunde gekostet hat“, schätzt Elisabeth Kaiser. Die Vorsitzende des Vereins sitzt mit dem Reporter auf dem weichen Sofa, das in der vor Jahren säkularisierten, zuletzt evangelischen Kirche genau da steht, wo sich früher der Altar befunden hat.

Das Sofa und die Stühle anstelle von Kirchenbänken signalisieren, dass hier wohl keine Gottesdienste mehr stattfinden. Die Kanzel ist ja auch verschwunden. Regelmäßig veranstaltet der Winterhalter-Verein in der alten Dorfkirche jetzt Konzerte. Weitere Programmpunkte im Kirchlein sind daneben auch Lesungen, Filmabende – sowie jährlich der Flohmarkt, falls im Juli das Wetter zu schlecht fürs Freie ist.

Der Winterhalter-Verein ist 2008 gegründet worden, hält mit dem Museum „Le Petit Salon“ die Erinnerung wach an die Menzenschwander Malerbrüder Franz Xaver und Hermann Winterhalter, die zu Lebzeiten zu Europas gefragtesten Porträtmalern unter gekrönten Häuptern gehörten und für deren Gemälde heute schon mal siebenstellige Summen aufgerufen werden. Mit 200 Mitgliedern ist der Verein personell stabil und steht finanziell gesichert da, obwohl er für seine gar nicht so billige Arbeit niemals auch nur einen Cent Zuschüsse öffentlicher Kassen erhalten hat. Aber wieso besitzt ein Kunstverein eine ehemalige Kirche? Und wieso veranstaltet er darin Konzerte?

Die Geschichte beginnt 2013, als die Winterhalter-Freunde sich gerade ernste Gedanken über andere Räumlichkeiten machten. Der Platz im ehemaligen Menzenschwander Rathaus für ihr Museum war äußerst knapp bemessen, das Gebäude musste sich die Kunst mit anderen Nutzern teilen. Da sprach der damalige evangelische Pfarrer die Vereinsmitglieder an. „Ihr könnt die Kirche haben“, bot er an. „Für einen Euro.“

„Echt jetzt?“, habe sie da gedacht, berichtet Elisabeth Kaiser. „Für einen Euro, da überlegt man schon“, sagt Kaiser. „Aber wir dachten damals, das können wir nicht machen.“ 3000 bis 4000¦Euro Kosten wären mindestens für den Unterhalt fällig gewesen, für den jungen Verein eine Stange Geld. So erwarb das Objekt zunächst ein Investor, „den Schwaben“ nennt ihn Kaiser, für sehr viel mehr als einen Euro. Doch der ließ die hübsche alte Kirche verfallen.

Deshalb fragte der Verein den „Schwaben“ 2017, ob er ihnen das Gebäude nicht abtreten wolle. Das tat er, für 16.000¦Euro. Der Verein ließ einen Architekten den Umbau zum Museum planen. Dieser präsentierte Pläne eines aufwendigen „Hauses im Haus“, mit mehreren Etagen und allen Schikanen. Kosten: drei bis vier Millionen Euro. „Anfangs dachten wir, das bringen wir auf“, erinnert sich Elisabeth Kaiser. Doch die Suche nach betuchten Finanziers verlief mittelmäßig. Inzwischen konnte der Verein zudem im alten Rathaus weitere Räume beziehen. Diesen Standort findet Elisabeth Kaiser ohnehin ideal, schließlich hatten die Winterhalter-Brüder dieses Haus einst für die Gemeinde bauen lassen.

Doch das Gebäude gehörte jetzt nun mal dem Verein. „Dann wollten wir es auch nutzen“, sagt Elisabeth Kaiser, es habe nahe gelegen, kulturelle Veranstaltungen abseits der traditionellen Blasmusik in den Ort zu bringen. Mit Konzerten, Lesungen und Kino ging es 2018 los. Allerdings stand dem Verein auch die Sanierung des Gebäudes bevor. Das Geld kam durch Spenden zusammen, großteils von einem Winterhalter-Nachkommen.

Rund 100.000 Euro hat der Verein in die Kirche gesteckt. Sie erhielt nicht nur eine neue elektrische Anlage, die Heizstrahler und mehrere Toiletten, sondern auch den neuen weißen Anstrich außen. Das Weiß sei historisch, darauf hatte das Denkmalamt gepocht. Und die Mitglieder mussten vom Dachboden zentnerweise Müll räumen. Hunderte Kilogramm Abfall schleppten sie in großen Säcken heraus. „Und allein 250 Kilogramm Taubendreck“, erinnert sich Elisabeth Kaiser an die Aktion.