Das Amtsgericht Waldshut hat am Mittwoch, 2. April, eine 53-jährige Frau wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von insgesamt 6300 Euro – 90 Tagessätze zu je 70 Euro – verurteilt. Richterin Lea Uttner sah es als erwiesen an, dass der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung gegeben war.

Laut Anklageschrift, vorgetragen von Staatsanwalt Tobias Haselwander, sei die 53-Jährige am Abend des 30. September 2024 mit dem Geschädigten, ihrem ehemaligen Lebensgefährten, in Streit geraten. Dabei habe sie ihn in ihrer Wohnung mit der Hand ins Gesicht geschlagen und ihn für eine nicht unerhebliche Zeit dort eingesperrt. Weiter habe sie am Folgetag versucht, sich durch Eintreten des Glaseinsatzes der Eingangstüre Zugang zur Wohnung des Geschädigten zu verschaffen. Dabei habe die Angeklagte den Ex-Partner mit den Scherben beworfen, wodurch dieser verletzt worden sei.

Angeklagte nimmt zu Vorwürfen Stellung

Die Angeklagte, die zu den Vorwürfen Stellung nahm, schilderte dem Gericht ihre Sicht der Geschehnisse. Sie habe einen „kuscheligen Abend“ mit dem Ex-Partner verbringen wollen, zu dem sie auch nach etwa drei Jahren Trennung immer noch ein gutes Verhältnis habe. Der Plan sei gewesen, in den eigenen Geburtstag „hinein zu feiern“. Man habe bei ihr Zuhause gegessen, etwas getrunken, einen Film angeschaut.

Am Tag darauf, etwa zur Mittagszeit, wollte der Ex-Partner aber nach Hause gehen, was der Angeklagten missfiel. Sie sei nach eigener Aussage „enttäuscht“ gewesen, weil sie noch mehr mit ihm unternehmen wollte. Die Angeklagte erklärte, sie habe im Wohnzimmer geschlafen, als sie wach wurde, sei der Ex-Partner bereits weg gewesen.

Auch hier wichen die Schilderungen der Angeklagten von der Anklageschrift ab. Laut Anklage musste der Ex-Partner aus dem Fenster entkommen, da er gegen seinen Willen in der Wohnung festgehalten worden sei. Die Tür sei abgeschlossen gewesen, aber der Schlüssel nirgends zu finden.

Hier widersprach die 53-Jährige: „Der normale Schlüssel lag auf der Kommode“, beteuerte sie. Auch einen Ersatzschlüssel habe es gegeben, der in der Schublade der Kommode gewesen sei. „Er hätte jederzeit den Zweitschlüssel aus der Schublade holen können.“ Daher könne von einer Freiheitsberaubung keine Rede sein.

Auf jeden Fall sei sie sehr enttäuscht gewesen – sei schließlich zur Wohnung des früheren Lebenspartners gegangen, um die Sache zu klären. Sie habe gegen die Wohnungstüre geklopft, aber er hätte nicht geöffnet. Bei einem stärkeren Klopfen sei dann die Scheibe kaputtgegangen. Allerdings habe die Angeklagte nach eigener Aussage nie eine Scherbe in die Hand genommen, geschweige denn nach ihm geworfen. „Ich war enttäuscht, ich wollte ihm aber nie wehtun.“

Staatsanwalt Tobias Haselwander hatte Fragen zum Beziehungsstand. Anders als von der Angeklagten dargelegt, habe der Geschädigte gegenüber der Polizei ausgesagt: „Sie lässt mich einfach nicht in Ruhe und terrorisiert mich.“ An die Angeklagte gerichtet, stellte der Staatsanwalt die Frage: „Ist ihnen schon mal in den Sinn gekommen, dass der Geschädigte das alles gar nicht wollte?“ Worauf die 53-Jährige keine klare Antwort geben konnte.

Ex-Partner verstrickt sich in Widersprüche

Als erster Zeuge wurde der Geschädigte und Ex-Partner der Angeklagten vernommen. Dieser verstrickte sich in seinen Ausführungen in allerlei Widersprüche zu seiner ursprünglichen Aussage. Der Polizei habe er geschildert, dass es in der Wohnung der Angeklagten zu Handgreiflichkeiten, zu Schlägen ins Gesicht und Beleidigungen gekommen sei. Davor war bei seiner Aussage vor Gericht nicht mehr die Rede, obgleich der Geschädigte zugab, es sei zu „Diskussionen“ gekommen. Die angeblichen Schläge ins Gesicht seien nur ein „Gefuchtel“ gewesen.

Auch den Tathergang an der eigenen Wohnungstür tags darauf gab der Zeuge anders wieder, als im Polizeiprotokoll festgehalten. Die Angeklagte habe ihn nicht mit den Scherben der zu Bruch gegangenen Scheibe beworfen. Vielmehr habe sie die Scherben, die noch im Türrahmen steckten, in seine Richtung weggeschlagen.

Richterin Lea Uttner machte den Zeugen darauf aufmerksam, dass er vor Gericht dazu verpflichtet sei, wahrheitsgetreue Aussagen zu machen. Auch Staatsanwalt Tobias Haselwander belehrte den Zeugen: „Das hier ist kein Spaß.“ Die ursprüngliche Aussage sei auf Band aufgenommen worden. „Entweder, Sie haben bei der Polizei übertrieben, oder Sie verharmlosen hier.“

Weitere Zeugen wurden vernommen, die mit dem Fall betraut waren. Ein Polizeibeamter gab an, der Geschädigte hätte zum Zeitpunkt der Vernehmung einen Alkoholpegel von knapp über 0,5 Promille gehabt und habe „eingeschüchtert“ auf ihn gewirkt. Bei der Angeklagten habe es deutliche Anzeichen von Alkoholisierung gegeben, ansonsten sei sie aber „orientiert“ gewesen.

Fotos der Verletzungen des Geschädigten wurden als Beweismittel hinzugezogen. Der Zeuge verwies auf die Aussage des Rettungsdienstes, dass „oberflächliche Verletzungen“ vorlagen. Er selbst habe keine konkreten Verletzungen erkennen können.

Geschädigter zieht Strafantrag zurück

Eine Polizeibeamtin – Sachbearbeiterin in dem Fall – sagte aus, der Geschädigte habe später den Strafantrag zurückgezogen, angeblich auf Drängen der Angeklagten. Die Beamtin erklärte, der Geschädigte habe auf sie „zartbesaitet“ gewirkt und wolle „nur seine Ruhe“ haben. Auf jeden Fall habe sie den Eindruck gehabt, der Geschädigte habe sich zur Zurücknahme des Strafantrags gedrängt gefühlt. Die Zeugin bestätigte auf Nachfrage des Staatsanwalts, dass solche Zurücknahmen von Strafanträgen im Bereich Partnergewalt häufiger vorkämen.

Ein dritter Zeuge, der vor Ort war, nachdem der Geschädigte den Notruf abgesetzt hatte, sprach von einem allgemein „sehr aufgebrachten Zustand“. Er erklärte ebenfalls, dass Alkohol im Spiel gewesen sei.

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Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung

Nach Zeugenvernehmung und Beweisauswertung forderte Staatsanwalt Tobias Haselwander für die Angeklagte eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 70 Euro. Er sah den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung als erfüllt. „Der Geschädigte war das Opfer.“ Allerdings stehe auch die uneidliche Falschaussage des Geschädigten im Raum. Haselwander erklärte, er halte die ursprünglichen Angaben gegenüber der Polizei für korrekt. Zugunsten der Angeklagten spräche die Einschränkung des Urteilsvermögens zur Tatzeit aufgrund der Alkoholbeeinflussung.

Verteidigerin Victoria Hanschmann plädierte auf Freispruch. Die Einlassungen ihrer Mandantin seien allesamt klar und schlüssig gewesen, wohingegen die Aussagen des Ex-Partners komplett widersprüchlich gewesen seien. Aussagen der anderen Zeugen, etwa zu Schnittverletzungen, bewertete sie kritisch. Auch seien ihrer Meinung nach auf den Beweisfotos keine eindeutigen Schnittverletzungen beim Geschädigten erkennbar gewesen.

Zuletzt wurde der Angeklagten die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Diese betonte, dass sie niemanden verletzen wollte.

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Das Urteil lautet Geldstrafe

Richterin Lea Uttner verurteilte die 53-jährige Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 70 Euro. Der Vorwurf der Freiheitsberaubung wurde fallen gelassen. In der Urteilsbegründung hieß es, die Angeklagte habe Verletzungen billigend in Kauf genommen. Auf den Beweisfotos seien ihrer Meinung nach klar Verletzungen erkennbar. Zugunsten der Angeklagten spräche die Tatsache, dass diese nicht vorbestraft sei und dass der Schaden an der Tür beglichen wurde.