Peter Rosa

„Florian der Zunftübergreifende“ heißt der Bock der 550. Jubiläums-Chilbi. Sein Namensgeber ist der 37-jährige Florian Schwald. Als Bockgötti wird er sich die kommenden zwei Wochen bis zur Bockverlosung um den „Schafbock mit stolzem Gehörn“ kümmern.

Mehr als 200 Schaulustige hatten sich zur Bocktaufe vor dem Metzgertörle eingefunden. Die Ehemaligen sorgten für Bewirtung.
Mehr als 200 Schaulustige hatten sich zur Bocktaufe vor dem Metzgertörle eingefunden. Die Ehemaligen sorgten für Bewirtung. | Bild: Peter Rosa

Rund 200 Schaulustige waren ans Waldshuter Metzgertörle gekommen, um der traditionellen Bocktaufe beizuwohnen. Nachdem Junggesellen-Zunftmeister Werner Späth die traditionelle Bocktaufe mittels eines halben Pils vollzogen hatte, bescheinigte er Schwald eine besondere Nähe zur Chilbi und den Waldshuter Traditionsvereinen. Als Ehemaliger der Junggesellen und Vorstandsmitglied bei der Narro-Zunft sei er stets engagiert und zunftübergreifend aktiv.

"Gerade bei der 550. Jubiläums-Chilbi zum Bockgötti ernannt zu werden, ist ein unbeschreibliches Gefühl", sagte Florian Schwald nach ...
"Gerade bei der 550. Jubiläums-Chilbi zum Bockgötti ernannt zu werden, ist ein unbeschreibliches Gefühl", sagte Florian Schwald nach seiner Ernennung. | Bild: Peter Rosa

Besonders in Zeiten rückläufiger Mitgliederzahlen sei die gegenseitige Unterstützung besonders wichtig, so Späth. Darüber hinaus war Schwald regelmäßig entscheidend an der Organisation der Bocktaufen beteiligt. „Ich fühle mich mega“, sagte Schwald kurz nach der Bekanntgabe. „Auch wenn man es schon vorher weiß, ist die Ernennung zum Bockgötti – gerade zur Jubiläums-Chilbi – einfach ein unbeschreibliches Gefühl.“

Die Bockreise – dieses Jahr aufgrund der Hitze ohne Bock – kurz vor ihrer Ankunft am Metzgertörle.
Die Bockreise – dieses Jahr aufgrund der Hitze ohne Bock – kurz vor ihrer Ankunft am Metzgertörle. | Bild: Peter Rosa

Wie jedes Jahr wurde auch die diesjährige Bocktaufe mit der Bockreise eingeläutet, bei der die Junggesellen Freunde und Gönner des Heimatfests und der Traditions-Zünfte besuchten und sich damit auf die Bocktaufe, die Chilbi-Vorzeit und die eigentliche Chilbi einstimmten.

Die Junggesellen tanzen nach der Bocktaufe 2018 den traditionellen Male Walzer.
Die Junggesellen tanzen nach der Bocktaufe 2018 den traditionellen Male Walzer. | Bild: Peter Rosa

Nachdem das zweijährige, rund 40 Kilogramm schwere und aus dem Hotzenwald stammende Tier schließlich traditionsgemäß mit einem halben Pils auf seinen neuen Namen getauft wurde, tanzten Junggesellen und Bockgötti den "Male Walzer". Begleitet wurden sie von der Bockmusik, einer Abordnung der Stadtmusik.

Traditionell wurde der Chilbibock vor dem Waldshuter Metzgertörle durch den Zunftmeister der Junggesellen, hier Werner Späth (links), ...
Traditionell wurde der Chilbibock vor dem Waldshuter Metzgertörle durch den Zunftmeister der Junggesellen, hier Werner Späth (links), mit einem Krug Bier auf seinen neuen Namen "Florian der Zunftübergreifende" getauft. Zuhilfe kam bei der kühlen Dusche der erste Lademeister Philippe Dietzsch. | Bild: Peter Rosa

Florian der Zunftübergreifende wurde kurz darauf auf eine geheime Weide gebracht. Dort soll er die kommenden zwei Wochen über seine Ruhe haben. Die 200-köpfige Taufgesellschaft feierte danach noch bis weit in den hochsommerlichen Abend hinein weiter, bewirtet von Ehemaligen der Junggesellenschaft an Grillstand und Bier-Rondel und unterhalten von der Schweizer Band JazzCube.

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Das Brauchtum rund um den Chilbibock

  • Der Bockgötti: Der Bockgötti wird traditionell vom Zunftmeister der Junggesellenschaft 1468, in diesem Fall Werner Späth, ernannt. Er muss als Freund und Gönner der Zunft anerkannt sein und sich bereits in den Vorjahren um die Chilbi verdient gemacht haben. Seine Aufgaben entsprechen denen eines Kindspaten, also „Göttis“. Hierzu gehört die Betreuung des Chilbibocks bis zu dessen Verlosung am Chilbisonntag. Er trägt bis dahin die Verantwortung für das Tier. Außerdem springt er ein, sollte der spätere Gewinner des Bocks nicht in der Lage sein, das Bockessen auszurichten. Dabei landet der Bock traditionell im Kochtopf und wird verspeist.
  • Der Chilbibock: Der Legende nach hat die verbürgte Belagerung Waldshuts 1468 durch 16 000 Eidgenossen nur dank des Chilbibocks einen guten Ausgang genommen. Die Belagerten mästeten den Bock mit ihren letzten Vorräten und ließen ihn auf der Stadtmauer spazieren, um vorzutäuschen, dass die Vorräte noch für lange Zeit reichen würden. Nur dadurch hätten sich die Eidgenossen auf Verhandlungen eingelassen und Waldshut blieb die Zerstörung erspart. Die Junggesellenschaft 1468 Waldshut hält diese Überlieferung an der alljährlichen Chilbi lebendig. Der Diesjährige Chilbibock stammt von einem Hof im Hotzenwald. Die Hauptkriterien sind das richtige Alter und ein stolzes Gehörn. Der letztjährige Bock stammte aus Niederhof.
  • Die Bocktaufe: Der Chilbibock wird rund zwei Wochen vor der Chilbi in Anlehnung an seinen Götti getauft. Traditionell geschieht dies mit einem halben Pils. Davor besuchen die Junggesellen verschiedene Freunde und Gönner. Danach wird der „Male Walzer“ getanzt und gefeiert.
  • Die Bockverlosung: Wer eine Chance auf den Gewinn des Bocks haben will, braucht eines der 1000 Bocklose. Diese werden ab der Bocktaufe für einen Euro und ausschließlich an auserwählte Freunde und Gönner der Chilbi verkauft. Bei der Verlosung selbst fiebern die Loskäufer dabei mit, wie der Zunftmeister und seine Zunftbrüder je 100 Zahlen in ihrem eigenen Tempo vorzählen. Zuvor bindet der Altgeselle, das an Zunftjahren älteste Mitglied, einen Faden um eine Kerze, an dessen Ende ein Glas hängt. Sobald die Hitze der Flamme den Faden durchtrennt und das Glas zu Boden fallen lässt, ist die Verlosung beendet. Das Gewinnerlos ist das mit der zuletzt aufgerufenen Zahl.
  • Schicksal des Bocks: Was mit dem Bock tatsächlich geschieht, entscheidet sein Gewinner. Dieser ist verpflichtet, nach der Chilbi, meist im Herbst, ein Bockessen für die Junggesellen und weitere geladene Gäste auszurichten. Hin und wieder wird der Bock begnadigt und darf nach seiner Chilbi-Karriere wieder ganz so leben, wie er selbst Bock hat.
  • Die Bock-Entführung: Als „abscheulichstes Verbrechen“ in die Geschichte der Stadtvereinigung eingegangen ist der Diebstahl des Chilbibocks im Jahr 2010. Das Bekanntwerden seiner Weide hatte damals die Tiengener Surianer zu der Tat bewegt. Der Bock war danach aber rechtzeitig wieder aufgetaucht und die an der Tat Beteiligten mussten während des Gulaschessens hinter Bauzaun-Gitter. Seither wird die Chilbibock-Weide geheim gehalten.

Bisherige Bockgöttis und Bockgewinner

  • 2017: Gilberto Cammisa, mit „Gil der Kreative“; Gewinner: Thomas Adlung.
  • 2016: Uli Lienhard, mit „Uli der ehemalige Waldshuter“; Gewinner: Claus Schleith.
  • 2015: Markus „Mörser“ Müller mit „Mörser, der Heimatverbundene“; Gewinner: Stephan Vatter.
  • 2014: Jochen Seipp mit „Jochen der Waldshut-Tiengener“; Gewinner: Ralf Bartram.
  • 2013: Joe Keller mit „Joe der Zünftige“; Gewinner: Robert Boll.
  • 2012: Claus Schleith mit „Claus der Treue“; Gewinner: Joachim Mei.
  • 2011: Klaus Danner mit „Klaus der Fahnder“, Gewinner: Manfred Müller.
  • 2010: Ralf Bartram mit „Ralf der Gemütliche“; Gewinner: Oscar Maier.
  • 2009: Richard Börtzler mit „Richard der Offenherzige“; Gewinner: Robert Hildebrandt.
  • 2008: Joachim Schneider mit „Joachim der Närrische“; Gewinner: Ulrich Lienhard.
  • Die Chronik der Junggesellen reicht bis in das Jahr 1946 zurück. Erster Bockgötti war Ernst Lang mit „Rubo II“. Diesen gewann später Hermann Dietsche.