Julian Kares / Tobias Kaiser

Das Regierungspräsidium Freiburg setzte damit die Vorgaben der Strahlenschutzkommission des Bundes um, die nach dem Reaktorunglück in Fukushima eine Erweiterung der Grenzen forderte. Wie genau eine Evakuierung im Landkreis Waldshut im Ernstfall aussehen soll, will das Referat für Katastrophenschutz in diesem Jahr erarbeiten.

Welche Zonen gibt es nun?

Die neue Vorgabe definiert rund um die Atomkraftwerke drei Zonen, für die im Notfall spezielle Notmaßnahmen getroffen werden. Die sogenannte Zentralzone liegt nun in einem Umkreis von fünf Kilometern um das Atomkraftwerk (bisher waren es zwei Kilometer), die Mittelzone ist maximal 20 Kilometer von der Anlage entfernt (bisher zehn Kilometer), die Außenzone zieht einen Umkreis mit einer maximalen Entfernung von 100 Kilometern um das Atomkraftwerk (bisher 25 Kilometer). Die Maßnahmen im Fall eines Notfalls sind entsprechend dieser Zonen abhängig von der genauen Entfernung des Ortes zur Anlage. Bei einem Störfall im Atomkraftwerk in Leibstadt liegt auch Waldshut-Tiengen in der fünf Kilometer großen Zentralzone. 

Was bedeuten die Evakuierungszonen?

In der Zentralzone müssen innerhalb von sechs Stunden Jodtabletten verteilt werden, in der Mittelzone muss dies innerhalb von zwölf Stunden geschehen. Aktuell erstellt der Bund ein neues Lagerungskonzept, das die dezentrale Bereitstellung von Jodtabletten in zahlreichen Lagern vorsieht. Die Zeitvorgabe für Evakuierungen liegt in der Zentralzone bei sechs Stunden, die Mittelzone muss innerhalb von 24 Stunden evakuiert werden. Das zu evakuierende Gebiet erstreckt sich damit vom östlichen Klettgau über den Hochschwarzwald bis ins westlich gelegene Bad Säckingen. Die Gemeinden rund um die Atomkraftwerke sind in der Mittelzone (20 Kilometer) jeweils nochmal in sieben Sektoren aufgeteilt.

Je nach aktuellen Bedingungen kann dann hier gezielt eingegriffen und evakuiert werden. Thomas Hosp, Sachbearbeiter für Katastrophenschutz im Regierungspräsidium: „Im Ernstfall muss beispielsweise je nach Windrichtung oder Niederschlag ein Sektor priorisiert werden. So können wir zielgenauer die Gemeinden schützen.“

Die Bevölkerung wird im Notfall durch verschiedene Kanäle gewarnt. Neben Sirenen und Warndurchsagen über Lautsprecherfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr gibt es auch die Warn-App „Nina“ und Informationen über Rundfunk, Fernsehen und Videotext.

Welche Maßnahmen werden im Ernstfall ergriffen?

Wie bei einem tatsächlichen Störfall im Atomkraftwerk vorgegangene wird, will das Referat für Katastrophenschutz in diesem Jahr erarbeiten. Das betrifft unter anderem folgende Fragen: Welche Sammelstellen gibt es für evakuierte Bürger? Welche Straßen müssen gesperrt werden? Welche Transportmöglichkeiten gibt es?

Bei einem Ernstfall geht das Regierungspräsidium davon aus, dass sich zwei Drittel der Bevölkerung selbst in Sicherheit bringt. Besonders auf der „kritischen Infrastruktur“ liegt im Notfallplan das Augenmerk – dazu zählen Krankenhäuser, Gefängnisse, Schulzentren oder Kindergärten. Auch sollen neue Sammelstellen mit den Gemeinden und dem Landratsamt festgelegt werden. Jede Gemeinde sei im Ernstfall dazu verpflichtet ein Prozent ihrer Bevölkerung aufzunehmen, so Hosp.

Die Waldshuterin Monika Herrmann-Schiel, Sprecherin der Bürgerinitiative Zukunft ohne Atom, sieht bei einem schweren Atomunglück die umliegende Bevölkerung im Kreis Waldshut in einer äußert bedrohlichen Lage: „Wir sitzen hier in der Falle. Schauen wir uns im Landkreis die Straßensituation an, dann wissen wir, dass wir es im Ernstfall nicht schaffen werden.“

Notfallschutz

2012 veröffentlichte das Regierungspräsidium Freiburg auf seiner Homepage einen Ratgeber für die Bevölkerung in der deutschen Umgebung der schweizerischen Atomkraftwerke Beznau und Leibstadt. In der Broschüre informiert der Katastrophenschutz über die vorgesehenen Schutzmaßnahmen und gibt Empfehlungen für das Verhalten im Ernstfall ab. Solange der neue Notfallplan nicht vollständig fertiggestellt ist, gelten die dort beschriebenen Schutzmaßnahmen.