Historische Bausubstanz erhalten und zugleich ein zeitgemäßes Arbeitsumfeld schaffen – das ist eine der großen Herausforderungen, mit der sich die Stadt Waldshut-Tiengen mit Blick auf ihre Verwaltungsimmobilien in den kommenden Jahren konfrontiert sieht. Nachdem bereits Anfang des Jahres eine Sanierungsplanung für das Rathaus Tiengen vorgelegt wurde, wurden nun im Rahmen einer Machbarkeitsstudie die Rathäuser in der Waldshuter Kaiserstraße und der Wallstraße unter die Lupe genommen.

So viel steht fest: Der finanzielle Aufwand dürfte mit mindestens 12,5 Millionen Euro gewaltig werden und ob das Denkmalamt allen Aspekten der Planung zustimmt, steht in den Sternen. Die positiven Effekte wären aber immens – und saftige Zuschüsse könnte es obendrein geben. Entsprechend erhielt die Planung im Gemeinderat einhellige Zustimmung.

Was ist die Zielsetzung der Stadt?

Insgesamt sei die Stadtverwaltung auf sechs Standorte aufgeteilt, wie Oberbürgermeister Martin Gruner dem Gemeinderat darstellte: „Die Gebäude sind alle in einem baufälligen Zustand, weil über viele Jahrzehnte hinweg selbst notwendige Maßnahmen vernachlässigt wurden.“

Abgesehen davon erfüllten die Gebäude nicht mehr die aktuellen Vorgaben in den Bereichen Brandschutz und Barrierefreiheit. Auch die Anforderungen einer modernen Arbeitswelt könnten nicht mehr erfüllt werden. „Wir stapeln jetzt schon die Leute, weil wir zu geringe Bürokapazitäten haben“, schilderte Gruner. Auch die technische Ausstattung sei nicht mehr zeitgemäß.

Es sei also dringender Handlungsbedarf gegeben, um die Gesamtsituation zu verbessern. Dies soll schrittweise geschehen, beginnend mit den beiden Rathäusern in der Kaiserstraße und der Wallstraße.

Was soll beim Waldshuter Rathaus geschehen?

Blick auf den Hintereingang des Rathauses: Hier soll ein Aufzugsturm gebaut werden, um Barrierefreiheit auf allen Ebenen zu ermöglichen.
Blick auf den Hintereingang des Rathauses: Hier soll ein Aufzugsturm gebaut werden, um Barrierefreiheit auf allen Ebenen zu ermöglichen. | Bild: Baier, Markus

Die Sanierung und Umgestaltung des markanten Rathauses in der Kaiserstraße wird dabei das weitaus aufwendigere Projekt werden. Zu diesem Schluss kommt Architekt Ernesto Preiser, der im Auftrag der Stadt eine Machbarkeitsstudie erstellt hat.

Der zu erwartende Aufwand resultiere unter anderem aus den drei Gebäudeteilen, die im Lauf der Jahrzehnte zum heutigen ortsbildprägenden Komplex verschmolzen wurden, so der Experte. So gebe es derzeit nur einen Rettungsweg durch das historische Treppenhaus, die Raumaufteilung sei alles andere als ideal für die heutigen Anforderungen und Barrierefreiheit sei allenfalls im Erdgeschoss gegeben.

Laut Preiser soll ein Aufzugturm mit umlaufendem Treppenhaus Abhilfe schaffen, der hinter dem Gebäude in der Wallstraße gebaut werden soll. Durchbrüche in der Fassade seien notwendig, um den Zugang zu den Etagen zu ermöglichen. Im Dachgeschoss ist der Zugang durch eine Gaupe geplant. Die Anlage soll so gebaut werden, dass weder der bestehende Brunnen noch die Bepflanzung in Mitleidenschaft gezogen werden.

Details zum künftigen Raumprogramm will der Architekt gemeinsam mit den Mitarbeitern der Verwaltung in Workshops erarbeiten, wie er sagte. Generell sieht er aber Optimierungen als dringend notwendig an. Die neue Aufteilung von Arbeitsplätzen, die Schaffung von Teambüros, die Etablierung von modernen Arbeitsformen – all das soll Verbesserungen bringen. Unter anderem könnte die Zahl der Arbeitsplätze von 54 auf 71 aufgestockt werden.

Was gilt es zu beachten?

Der Baum und der Brunnen hinter dem Rathaus sollen beim Bau eines Aufzugs erhalten bleiben.
Der Baum und der Brunnen hinter dem Rathaus sollen beim Bau eines Aufzugs erhalten bleiben. | Bild: Baier, Markus

Gerade mit Blick auf das Rathaus Kaiserstraße sei klar: „Es sind enorme Eingriffe notwendig, um die gewünschten Optimierungen zu erreichen“, betont Preiser. Mit dem Denkmalamt seien die bisherigen Pläne noch nicht abgestimmt. Die ersten Gespräche deuteten aber darauf hin, dass erhebliche Überzeugungsarbeit notwendig sein dürften.

Freilich seien auch die zu erwartenden Kosten beträchtlich. Die Schätzung auf Basis der Machbarkeitsstudie liegt für diesen Bereich bei 8,3 Millionen Euro. Noch nicht eingerechnet seien Dinge wie die Ausstattung oder die Kosten, die durch die temporäre Umsiedlung von Mitarbeitern in andere Gebäude entstehen.

Wie sieht es beim Rathaus Wallstraße aus?

Das Rathaus Wallstraße bietet aufgrund seiner Bauweise große Flexibilität, was eine Optimierung und Umbau anbelangt.
Das Rathaus Wallstraße bietet aufgrund seiner Bauweise große Flexibilität, was eine Optimierung und Umbau anbelangt. | Bild: Baier, Markus

Da das Gebäude erst gut 40 Jahre alt ist und aufgrund seiner Bauweise sehr viel Flexibilität ermögliche, sieht Ernesto Preiser hier einen deutlich geringeren Aufwand, wenngleich das Gebäude für die geplanten Maßnahmen entkernt und neue Haustechnik installiert werden soll.

Zu den notwendigen Maßnahmen gehöre, das Treppenhaus gemäß der Brandschutzbestimmungen zu optimieren und einen Aufzug zu installieren. Die Einrichtung von Teambüros und zusätzlichen Arbeitsplätzen lasse sich voraussichtlich leicht bewerkstelligen. Auch hier sollen die Mitarbeiter eingebunden werden. Am Ende könnte von 42 Arbeitsplätzen auf 63 aufgestockt werden. Die Kostenschätzung läge demnach bei 4,2 Millionen Euro.

Wie steht es mit Förderungen?

Das Gebäude, in dem Tourismusbüro, Stadtarchiv, Kultur- und Ordnungsamt untergebracht sind, wurde 1984 gebaut.
Das Gebäude, in dem Tourismusbüro, Stadtarchiv, Kultur- und Ordnungsamt untergebracht sind, wurde 1984 gebaut. | Bild: Baier, Markus

Wie OB Gruner darstellte, bestehe die Möglichkeit, eine Aufstockung des Stadtsanierungsprogramms zu beantragen. Dies müsste bis Anfang Oktober geschehen. Dadurch könnte die Stadt etwa fünf Millionen Euro Zuschuss für die Sanierung erhalten – basierend auf den ersten Kostenschätzungen.

Das könnte Sie auch interessieren

Wie beurteilt der Gemeinderat die Sanierungsvorhaben?

Der Gemeinderat stimmte der vorgelegten Machbarkeitsstudie einhellig zu. Die Planung stieß inhaltlich auf viel Zustimmung. Rückfragen gab es derweil vor allem zu Themenbereichen wie der energetischen Sanierung des historischen Rathauses.

Diesbezüglich sieht Architekt Preiser auch nur begrenzten Spielraum: „Das Dach wird natürlich energetisch saniert, wodurch in den oberen Geschossen eine deutliche Verbesserung erreicht wird.“ Bei der Fassade könne aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nichts gemacht werden. Es soll aber ein besonderes Augenmerk auf Klimatisierung des Gebäudes gelegt werden.

Philipp Studinger (CDU) verlieh derweil seiner Freude darüber Ausdruck, dass der Erhalt der historischen Gebäude „mit vertretbarem Aufwand“ machbar sei. Auch Harald Würtenberger (FW) sieht die vorgelegte Planung als „alternativlos“ – erst recht in Verbindung mit der Aussicht auf entsprechende Zuschüsse.

Es bleibt die Frage: Warum baut Waldshut-Tiengen nicht einfach ein neues Zentral-Rathaus? Das erfahren Sie hier.