Was wird aus der Klinik-Immobilie in Waldshut, wenn das Krankenhaus nach Albbruck umgezogen ist? Diese Frage wurde in den zurückliegenden Wahlkämpfen in Waldshut-Tiengen heiß diskutiert. Ideen gab und gibt es viele. Doch was ist aus ihnen geworden – und wie geht es jetzt weiter? Im Gespräch mit unserer Zeitung gibt Oberbürgermeister Martin Gruner einen Ausblick.

„Kette von Abhängigkeiten“ bremst Nachnutzungsplanung

In der Debatte um die mögliche Nachnutzung des Gebäudes ist eine gewisse Ruhe eingekehrt. Doch vergessen sei das Thema keineswegs, wie Gruner betont: „Natürlich ist die Nachnutzung des Spitalgebäudes für unsere Stadt eines der wichtigsten Themen der nächsten Jahre. Aktuell haben wir aber so viele dringendere Vorhaben und Aufgaben zu erfüllen, dass wir priorisieren müssen.“

„Aktuell haben wir so viele dringendere Vorhaben und Aufgaben zu erfüllen, dass wir priorisieren müssen.“Martin Gruner, ...
„Aktuell haben wir so viele dringendere Vorhaben und Aufgaben zu erfüllen, dass wir priorisieren müssen.“Martin Gruner, Oberbürgermeister Waldshut-Tiengen | Bild: Fw

Dabei spiele besonders der Umstand eine Rolle, dass die Stadt aktuell keine Möglichkeit habe, überhaupt etwas zu tun, denn sie befinde sich in einer „Kette von Abhängigkeiten“, wie Gruner es nennt. Folglich müssten zunächst andere Faktoren geklärt sein, ehe die Kommune gefordert sei.

Konkret sehe die Sache so aus: „Für das nächste Jahr rechnet der Kreis mit der Förderzusage für den Klinik-Neubau in Albbruck“, so Gruner. Erst wenn dieser vorliege, können Landkreis und Klinikum Hochrhein eine verbindliche Zeitplanung vornehmen. „Aus unserer Sicht macht es auch erst dann Sinn, in eine konkrete Planung einzusteigen“, so Gruner weiter.

Stadt setzt Prioritäten

Selbst im optimalen Fall kalkuliert der Landkreis mit einer Eröffnung des Klinikums in Albbruck frühestens Ende 2029. Die Stadt Waldshut-Tiengen habe also noch genügend Zeit, bis es ernst wird. Bis dahin sollen andere Vorhaben abgearbeitet werden. Aus zwei Gründen hält der OB dieses Vorgehen für sinnvoll: Nach wie vor habe die Verwaltung begrenzte personelle Ressourcen, die möglichst gewinnbringend eingesetzt und nicht überstrapaziert werden sollen.

Außerdem: „Gewisse städtebauliche Maßnahmen sind vordringlicher, denn unter anderem geht es um Fördermittel und zeitlich gebundene Vorgaben“, so Gruner. Die Sanierung der Rheinstraße in Waldshut sei so ein Thema, bei dem es zügig vorwärtsgehen soll. Nachdem jetzt Bodenproben genommen wurden, soll möglichst Anfang 2026 mit den Arbeiten gestartet werden.

Auch in Tiengen stehen im Bereich Innenstadt mit der Neugestaltung der unteren Hauptstraße und dem Marktplatz sowie mit der Sanierung der Heckerstraße große Vorhaben ins Haus, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollen. Bis das Thema Spital-Nachnutzung akut werde, sollen in diesen Bereichen zumindest sichtbare Fortschritte erzielt sein, so Gruners Vorstellung.

Stiftungssatzung setzt Visionen enge Grenzen

Wenn es dann an die konkrete Planung für die Nachnutzung gehe, wolle die Stadt ohnehin auf breiter Basis agieren. Über einen mehrstufigen Ideenworkshop sollen Bürger in die Nachnutzungsplanung einbezogen werden. In diesem Zusammenhang sei freilich auch zu berücksichtigen, dass die Stadt bei der Nachnutzung der Klinik-Immobilie nicht vollkommen freie Hand habe.

Eigentümer des Gebäudes ist bekanntlich der Spitalfonds Waldshut, folglich muss die Spitalsatzung bei allen weiteren Planungen berücksichtigt werden. Diese schreibt auch für eine künftige Nutzung eine karitative, pflegerische Ausrichtung vor. Ein rechtliches Gutachten hatte dies vor zwei Jahren noch einmal unterstrichen.

Gruner zeigt sich überzeugt: „Sicherlich lassen sich gewisse Anpassungen vornehmen. Es hat aber keinen Sinn, Visionen zu entwickeln, die nicht von einem rechtlichen Rahmen gedeckt sind.“ Denn der Stiftungszweck lasse sich nicht vollständig entfernen.

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Ideen, die ein Einkaufszentrum oder etwas in der Art zum Ziel haben, dürften dementsprechend vom Tisch sein. Den gemäß den Vorgaben sind sie nicht realisierbar.

Von MVZ bis soziale Wohnformen vieles vorstellbar

Durchaus gute Aussichten hätten derweil nach Einschätzung des OBs Pflegeangebote, gegebenenfalls auch soziale oder betreute Wohnformen oder ein weiteres medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Dies könne als Ergänzung zu dem von Investor Claus Schleith anstelle des Altbaus des Matthias-Claudius-Hauses fungieren, so Gruner: „Der demografische Wandel erhöht auch den Bedarf an solchen Einrichtungen.

Auch die Notfallambulanz werde weiterhin einen Standort in der Stadt benötigen. Es sei auch zu erwarten, dass das Klinikum weiterhin als eine Art Brückenkopf erhalten werden könnte. All das sei aber Bestandteil detaillierterer Planungen und Gegenstand künftiger Gespräche.

Integriertes Stadtkonzept als Gesamtunterbau

Gerne würde Gruner das Thema Klinikum ohnehin in die Erarbeitung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes einbauen, wie er sagt. Dieses solle alle Aspekte von Gewerbe und Handel über Wohnen bis hin zu Ehrenamt und demografischen Wandel berücksichtigen.

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„Viele Punkte wurden bereits unabhängig voneinander thematisiert. Gerade Veranstaltungen wie der Generationen-Dialog haben dabei schon wichtige Impulse gegeben“, schildert Gruner. Nun gelte es, diese Teile zu einem Gesamtbild zusammenzubringen.