Erstmals seit dem Ende des Kalten Kriegs muss sich das deutsche Krankenhauswesen wieder für den Ernstfall wappnen. Die Forderung der Politik lautet, dass auch es „kriegstüchtig“ zu werden habe. Laut geworden ist die Forderung unter dem Eindruck des seit 2022 in Europa wieder präsenten Kriegs und der von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen „Zeitenwende“.
Mit der „Kriegstüchtigkeit“ verbunden sind auch neue Anforderungen an die Bausubstanz von Krankenhäusern und Kliniken. Gemeint sind etwa unterirdische Anlagen und Bunker, worin der Betrieb, notfalls auch während Luftangriffen, weitergehen kann. Vorbild ist hier unter anderem Israel, in dem Krankenhäuser über Tiefgaragenbereiche verfügen, die bei einem Massenanfall von Verletzten als Intensivstation genutzt werden können. Dem Vorbild erstmals nacheifern wollen jetzt die städtischen Kliniken Köln, die im Zuge einer Zentralisierung an einem Standort einen solchen Tiefgaragenbereich bis 2031 verwirklichen wollen. Dieser sei nur im Bedarfsfall eingerichtet. Im Normalbetrieb diene er indes als Tiefgarage. Es wäre die erste derartige Intensivstation in Deutschland.
Damit hat das Projekt Ähnlichkeit mit den regionalen Plänen, die bestehenden Krankenhäuser in der Stadt und im Kreis Lörrach durch ein zentrales Klinikum zu ersetzen. Aber: „Die Planungen für das neue Dreiland-Klinikum waren beim Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine bereits abgeschlossen“, sagt Fabian Kaden, Leitung Marketing und Kommunikation der Kliniken des Landkreises Lörrach GmbH. Eine nachträgliche Anpassung mit Blick auf die sogenannte „Kriegstüchtigkeit“ sei bislang auch nicht von den zuständigen Behörden gefordert worden.

Eher Souterrain als echter Keller in Lörrach
Grundsätzlich ließen die baulichen und technischen Strukturen im Untergeschoss des Klinikums eine Ertüchtigung bestimmter Bereiche zu – etwa für geschützte OP- oder Intensivkapazitäten, erklärt Kaden. Dies wäre allerdings mit erheblichem finanziellem Aufwand verbunden, vor allem hinsichtlich einer unabhängigen Energie- und Medienversorgung, räumt er ein. Auch gleiche das Untergeschoss mehr einem Souterrain als einem echten Keller. Eine Tiefgaragenlösung à la Israel sei auch deshalb nicht umsetzbar, weil das entstehende Dreiland-Klinikum nur über ein oberirdisches Parkhaus verfügen wird.
Keine unterirdischen Anlagen in Albbruck
Auch der Landkreis Waldshut, Bauherr des Gesundheitsparks und des Klinikneubaus in Albbruck, sieht laut Sprecherin Julia Fohmann-Gerber dort „keine baulichen Planungen für unterirdische Anlagen oder Schutzräume für den Kriegsfall“ vor. Tiefgaragenbereiche als Notfall-Intensivstationen seien am neuen Standort keine vorgesehen. Offenbar sind die dortigen Planungen lange vor 2022 erfolgt, also noch zu Zeiten, in denen von „Kriegstüchtigkeit“ keine Rede war.
Und selbst wenn diese später erfolgt wäre, hätte man den Landkreis als Bauherr wohl kaum dazu gezwungen. „Spezifische Vorgaben werden von Landesseite derzeit nicht gemacht“, sagt Markus Jox, Sprecher des Stuttgarter Sozialministeriums, das für die Krankenhausplanung zuständig ist. Sein Haus beschäftige sich aber intensiv mit der Vorbereitung auf zukünftige Krisenszenarien. Im Rahmen von Krankenhausneu- und -umbauten würden Überlegungen der Krankenhausträger zu möglichen baulichen Erweiterungen für den Bündnis- oder Verteidigungsfall durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration „deshalb auch begrüßt“, so Jox.

Auf Massenanfall von Verletzten vorbereitet
Aber auch ohne den Schutz baulicher Anlagen im Untergrund sehen sich die regionalen Klinikbetreiber in der Lage, ein im Kriegsfall wahrscheinliches Massenaufkommen an Patientinnen und Patienten sowie Kriegsverletzten gut zu versorgen, gestützt auf „umfangreiche Kompetenzen in der Notfall- und Intensivmedizin“, wie Kaden ausführt. Alarm- und Einsatzpläne würden regelmäßig erstellt, mit den zuständigen Behörden abgestimmt und aktualisiert, unterstreicht er. Auch Fohmann-Gerber betont: „Ein Manv-Konzept (Massenanfall von Verletzten) ist bereits heute vorhanden und wird regelmäßig aktualisiert.“ Und: „Übungen und Vorbereitungen für den Ernstfall finden regelmäßig im Rahmen unseres Krisen- und Katastrophenschutzmanagements statt.“