Zehn Jahre, nachdem die ersten Überlegungen für ein neues Rheinschloss am Ortseingang von Waldshut öffentlich geworden sind, ist das Schicksal des ebenso markanten wie baufälligen Objekts aus dem Jahr 1900 weiter ungewiss. Investor Bruno Stärk hat mittlerweile einen Bebauungsplan vorgelegt, machte auf Anfrage jedoch keine näheren Angaben zum aktuellen Konzept.
Erstmals im Mai 2010 hatten drei Waldshut-Tiengener Architekten gemeinsam Überlegungen für eine Neuüberbauung des Rheinschloss-Areals am östlichen Stadteingang präsentiert. Im gleichen Jahr erwarb dann der Waldshut-Tiengener Geschäftsmann Bruno Stärk das leerstehende Wohngebäude, das sich in exponierter Lage über dem Rheinufer erhebt. Der Investor stellte ein anspruchsvolles Konzept für einen Neubau mit Wohn- und Geschäftsnutzung vor, das jedoch nie in die konkrete Planungsphase trat. Nachdem Stärk 2015 noch Kosten von rund 30 Millionen Euro genannt hatte, kündigte er ein Jahr später eine Verringerung der Nutzfläche um mehr als zwei Drittel an. Einen Realisierungszeitraum nannte er dabei nicht.
Sowohl die Zusammenarbeit mit einem ersten als auch die folgende Kooperation mit einem zweiten Architekturbüro wurde inzwischen beendet. Zwei Architektenwettbewerbe, teilweise finanziell unterstützt durch die Stadt Waldshut-Tiengen, befassten sich mit dem Vorhaben. Ein preisgekrönter Entwurf fand 2014 einhellige Zustimmung im Gemeinderat, verschwand dann aber in der Schublade.
Welcher Planer gegenwärtig in seinem Auftrag mit dem Rheinschloss befasst ist, dazu machte der Investor auf Anfrage keine Angaben. Auch zur Größe und zu möglichen Nutzungen gibt es keine Auskünfte. Im Jahr 2013 hat der Gemeinderat den „Städtbaulichen Rahmenplan Bahnhofsvorstadt“ beschlossen, der auch das Gebiet Rheinschloss betrifft. Zu den möglichen Dimensionen, die der Rahmenplan für ein neues Rheinschloss zulässt, machte Bürgermeister Joachim Baumert auf Anfrage dieser Zeitung keine Angaben.
Investor Bruno Stärk wiederum verweist auf Anfrage lediglich auf seine Internet-Seite (rheinschloss.de). Dort finden sich zum aktuellen Gebäudekonzept keine konkreten Informationen. Dafür kritisiert der Investor wie bereits seit Jahren, dass sein Projekt durch bürokratische Hürden aufgehalten werde. Allerdings muss der Rheinschlossbesitzer, weil für das Gebiet nur der Rahmenplan und kein Bebauungsplan vorliegt, für das Projekt gemäß Baugesetzbuch selbst einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erstellen. Die im Rahmen des Verfahrens erforderliche schalltechnische Untersuchung und die naturschutzfachliche Einschätzung liegen laut Auskunft der Stadt erst seit 20. November 2019 vor. Ende Januar, darüber informiert der Investor auf seiner Internet-Seite, hat er nun den Entwurf des Bebauungsplans im Stadtbauamt vorgestellt. Stärk zeigt auf seiner Online-Präsenz eine Zeichnung, auf der die geplante Verkehrserschließung des neuen Rheinschlosses mit Abbiegespuren zu erkennen ist. Dazu soll die B 34 in diesem Bereich auf drei Spuren erweitert werden.
Laut Auskunft von Bürgermeister Joachim Baumert folgt in einem nächsten Schritt die Vorstellung und Beratung des Rheinschloss-Bebauungsplans im Stadtentwicklungsausschuss des Gemeinderats. Nach Mitteilung von Bruno Stärk ist die Sitzung für März geplant. Der Investor zeigt sich jedoch skeptisch, was den Realisierungszeitraum des Projekts betrifft. Vor dem Hintergrund des komplexen Genehmigungsverfahrens schreibt er auf seiner Homepage: „So wie es aktuell ist, bleibt das Rheinschloss noch längere Zeit, mindestens 40 Jahre im derzeitigen Zustand.“
Dass der Stadtentwicklungsausschuss sich bereits im März mit dem Rheinschloss befasst, wollte Bürgermeister Joachim Baumert auf Anfrage nicht bestätigen. Der Erste Beigeordnete machte jedoch deutlich, dass offenbar weitere Hürden aufgetaucht sind: „Die vorgelegte Planung beinhaltet Grundstücksflächen, welche nicht im Eigentum des Investors stehen. Aufgrund dessen haben wir den Investor gebeten, die Grunderwerbsfrage zu klären.“
Eine Chronologie zu den bisherigen Visionen und Planungen für einen Rheinschloss-Neubau finden sie hier.
Gebäude an exponierter Lage
- Das Objekt: Das Rheinschloss am östlichen Stadteingang von Waldshut hat fünf Obergeschosse (Höhe ab Niveau Bundesstraße 21 Meter) und zur Rheinhalde hin drei Untergeschosse. Das markante Gebäude umfasst sechs Wohnungen mit jeweils 160 Quadratmetern Fläche.
- Nutzung: Nach dem Bau im Jahr 1900 durch den Stadtbaumeister Theodor Wagner diente das Rheinschloss über lange Zeit als Wohnsitz gut gestellter Bürgerinnen und Bürger. Im Lauf der späteren Jahrzehnte wechselte das Milieu. Bevor das Gebäude ab 2002 leer stand, war es von der Stadt zur Unterbringung von Flüchtlingen angemietet.
- Verkehr: Als das Rheinschloss 1900 am östlichen Ortseingang von Waldshut gebaut wurde, war erst 14 Jahre zuvor das Automobil erfunden worden. Heute steht das Gebäude nicht mehr an einer beschaulichen Landstraße, sondern an der B 34 als Hauptverkehrsachse. Das wirft die Frage auf, wie eine Großbaustelle zum Abriss des bestehenden Objekts und zum Bau eines neuen Rheinschlosses erschlossen werden könnte. Angesichts von täglich mehr als 20.000 Kraftfahrzeugen sind größere Umleitungen und Sperrungen an diesem Nadelöhr zwischen Rhein und Bahnlinie nicht vorstellbar. Bisherige Überlegungen zielen darauf ab, die Arbeiten über schwimmende Plattformen vom Rhein aus vorzunehmen. Verbunden damit wären jedoch entsprechende Kosten und behördliche Auflagen. Die schwierige Topographie spielt aber auch für den Fall eine Rolle, dass es nicht zu einem Neubau kommt, jedoch beispielsweise Maßnahmen zur Substanzerhaltung oder Sanierung fällig werden. (ger)