Zahlreiche Leser verfolgen inzwischen meinen Selbstversuch, bei dem ich mich bis Ostern ausschließlich von Produkten ernähren will, die in einem Umkreis von 100 Kilometern angebaut oder hergestellt wurden. Dies zeigen die Rückmeldungen, die ich per E-Mail und telefonisch erhalten habe. Einen Teil davon stelle ich auf dieser Seite vor.

In der vergangenen Woche schrieb ich unter anderem darüber, dass der Großteil der Äpfel in dem derzeit von mit verwendeten Apfelessig, den das Feinkost-Unternehmen Steck in Schönau im Schwarzwald produziert, nicht aus der Region stammt. Daraufhin meldete sich Adelheid Gerard aus Lauchringen bei mir, die mit ihrem Mann Apfelessig seit vielen Jahren selbst aus Obst aus der unmittelbaren Umgebung – aus Klettgau und Küssaberg – herstellt.

Das könnte Sie auch interessieren

Beim Thema Speiseöl machte mich ein Kollege darauf aufmerksam, dass es in Tiengen ja die aus dem Mittelalter stammende Ölmühle in der Fahrgasse gebe. Daraufhin erkundigte ich mich bei Hubert Boll, dem Vorsitzenden des Ölmühlenvereins, ob auch heute noch – zumindest gelegentlich – in Tiengen Öl hergestellt wird. Boll erzählt mir, dass die Ölmühle bis in die 1950er-Jahre Öl produziert hat. Inzwischen dürfe sie dies aus hygienischen Gründen nicht mehr. "Wir sind nicht zertifiziert", sagt Hubert Boll. Vor ein paar Jahren sei zuletzt zu Anschauungszwecken Öl in Tiengen hergestellt worden.

Das könnte Sie auch interessieren

Vor ein paar Tagen wurde ich gefragt, was ich denn während meines Selbstversuchs trinke. Normalerweise stille ich meinen Durst bei der Arbeit mit Mineralwasser, das wir ins Büro geliefert bekommen. Dieses stammt allerdings nicht aus der Region – zwar aus Baden-Württemberg, aber nicht aus einem Umkreis von 100 Kilometern. Einen regionalen Ersatz zu finden, war allerdings die leichteste Aufgabe während des Experiments: Wasser gibt es zum kleinen Preis und ohne Kistenschleppen aus dem Wasserhahn.

Das könnte Sie auch interessieren
Das könnte Sie auch interessieren

Bratwurst und Milch vom Automaten

Karin Störk aus Degernau hat zwei Tipps, wo man regionale Produkte einkaufen kann.

„Schauen Sie auf dem Lindenhof in Wutöschingen vorbei“, schreibt mir Karin Störk aus Degernau per E-Mail. Dort würde ich am Automaten 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, regionale Produkte aus Direktvermarktung erhalten.

An einem Samstagnachmittag mache ich mich auf den Weg nach Wutöschingen. Am Automaten in der Friedhofstraße decke ich mich mit frischer Milch, Eiern, Wurst, Käse und Honig ein, die allesamt auf dem Lindenhof der Familie Burkard produziert wurden.

Auch Linsen kaufe ich am Automaten. Diese stammen vom Geflügelhof Kaiser in Stühlingen-Wangen, wie mir das Etikett verrät. Der Geflügelhof, der genau wie der Lindenhof einen Hofladen hat, ist ein weiterer Tipp von Karin Störk.

Vor allem die Eier gehen am Automaten in Wutöschingen weg wie warme Semmeln, wie mir Christina Burkard, die mit ihrem Mann Florian in dritter Generation den Lindenhof führt, erzählt, als sie gerade vorbeikommt, um die Milchkanne zu wechseln.

„Am Wochenende müssen wir die Eier zweimal auffüllen“, sagt die Landwirtin, die derzeit übrigens in der aktuellen Staffel „Lecker aufs Land“ des SWR-Fernsehens zu sehen ist. Die Folge, in der sie ihre Gäste bekocht, wird am Sonntag, 7. April, 16.30 Uhr, ausgestrahlt.

Christina Burkard, die mit ihrem Mann den Lindenhof in Wutöschingen führt, füllt die Milch am Automaten nach.
Christina Burkard, die mit ihrem Mann den Lindenhof in Wutöschingen führt, füllt die Milch am Automaten nach. | Bild: privat

Eine Ernte für viele Familien

Sonja Kaiser aus Klettgau-Bühl versucht, alles selbst anzubauen.

„Ihren Selbstversuch lebe ich seit zehn Jahren. Meine Ausnahmen sind Schokolade, Kaffee, Tee, Bionella (Nuss-Nougat-Creme), Reis sowie Katzen- und Hundefutter, wenn das eigene Fleisch aufgebraucht ist oder die Zeit zum Tierfutter kochen zu knapp ist“, schreibt mir Sonja Kaiser aus Klettgau.

Im Ortsteil Bühl bewirtschaftet sie mit ihrer Familie den Kaiserhof. Ihr Ziel sei es, alles selbst anzubauen. Um ihrem Vorhaben näher zu kommen, hat die Familie vor einem Jahr eine solidarische Landwirtschaft gegründet – die Gemeinschaft wachse „fast von alleine“.

„Wir bauen zusammen mit einer Bio-Gärtnerin etwa 50 Sorten Gemüse, Kartoffeln, Obst und Beeren an – genug für die derzeit etwa 30 Mitglieder mit ihren Familien“, schreibt Kaiser. Das Saatgut sei sortenrein, bio und kann nachgezüchtet werden.

„Wir verteilen die ganze Ernte, egal ob mal angeknabbert von Maus oder Käfer. Egal ob zu groß, zu klein oder krumm. Beikraut und Rüstabfälle kriegen die Hühner. Wir schmeißen nichts weg.“

50 Sorten Gemüse und Obst werden auf dem Kaiserhof angebaut.
50 Sorten Gemüse und Obst werden auf dem Kaiserhof angebaut. | Bild: Jens Büttner

Leben vom eigenen Garten

Johanna Skriver aus Ühlingen schlägt einen eigenen Garten vor.

Sich regional zu ernähren funktioniere gut, bestätigt mir Johanna Skriver aus Ühlingen. „Es wäre zugegebenermaßen etwas leichter, wenn Sie einen Garten hätten und die Zeit, ihn zu bearbeiten und die jeweilige Ernte zu konservieren, dann erweitert sich der Speisezettel um den Spinat und die Aprikosen vom vorigen Jahr“, schreibt mir die Pfarrerin in Rente in einer E-Mail.

Sie selbst habe 20 Jahre lang vom eigenen Garten gelebt. Mehl und Haferflocken kamen vom Bauern nebenan. „Einzige Ausnahme: Kaffee, Tee, Zitrusfrüchte wachsen nun mal nicht bei uns“, fügt sie hinzu.

Auch ich mache beim Kaffee während meines Selbstversuchs eine Ausnahme. Während ich bei anderen Produkten streng darauf achte, dass sie aus der Region kommen, schummle ich beim Kaffee. Weglassen kam für mich nicht in Frage, denn ohne das belebende Getränk komme ich morgens nicht in die Gänge. Allerdings habe ich meinen Kaffeekonsum auf eine Tasse am Tag reduziert und Kaffee aus fairem Handel aus dem Weltladen bei mir um die Ecke gekauft. Das dämpft ein wenig mein schlechtes Gewissen.

Obst aus Ländern zu kaufen, das es im Sommer auch bei uns gibt, hält Johanna Skriver für „Quatsch“. „Wunderbar wäre es, wenn die Leser aufgrund Ihres Artikels etwas zurückhaltender würden mit Brombeeren aus Mexiko und Erdbeeren aus Marokko“, schreibt sie.

Alternative zu Pads: Fairer Kaffee, zubereitet im Mokka-Kocher.
Alternative zu Pads: Fairer Kaffee, zubereitet im Mokka-Kocher. | Bild: Schlichter, Juliane

Superfood aus der Region

Roswitha Preis aus Kadelburg sieht sogenanntes Superfood wie Chiasamen kritisch.

Der Begriff Superfood ist seit einiger Zeit in aller Munde. Dabei handelt es sich um Lebensmittel, die eine besonders positive Wirkung auf die Gesundheit haben sollen. Die Werbung schreibt die angeblichen Vorteile beispielsweise der in Brasilien beheimateten Açai-Beere und den Chiasamen aus Lateinamerika zu. Ich halte dies für eine Marketing-Strategie.

Roswitha Preis aus Kadelburg, die sich telefonisch bei mir meldete, nachdem sie in der Zeitung von meinem Selbstversuch gelesen hatte, stimmt mir zu: "Wir haben auch heimisches Superfood. Leinsamen zum Beispiel – die sind genauso gesund wie Chiasamen, wenn nicht sogar gesünder, und kosten nur ein Drittel", empfiehlt sie.

Roswitha Preis kennt sich mit regionalen und saisonalen Produkten aus: Sie bietet solche Lebensmittel im Auftrag regionaler Hersteller zur Verkostung in Einkaufsmärkten an. Geschult wurde sie vom Landfrauenverband Südbaden. Im Winter sei die Auswahl an heimischem Gemüse zwar begrenzt. "Es gibt aber jetzt Weißkohl, Sauerkraut, Lauch, Kartoffeln, Endivien, Chinakohl, Chicorée und Winterrettich", zählt sie auf.

Einige dieser Sorten habe ich in den vergangenen Wochen während meines Selbstversuchs bereits zubereitet. Zum Thema Obst sagt Roswitha Preis: "Man braucht keine zehn Sorten und vor allem braucht man im Winter keine Erdbeeren", sagt sie. Diese seien bestrahlt und hätten sowieso keine Vitamine mehr, fügt sie hinzu.

Derzeit sind bei uns in der Region nur regionale Äpfel als Lagerware erhältlich. Ich habe mich für mein Experiment mit Äpfeln aus Rechberg und Birkingen eingedeckt. Diese habe ich sowohl als Snack für zwischendurch gegessen, in mehrere Salate – Feldsalat und Rote Bete – geschnippelt und mir daraus Apfelpfannkuchen gebacken.

Zum Schluss unseres Telefonats gibt mir Roswitha Preis einen Tipp, wo es außer in Hofläden und auf dem Wochenmarkt weitere regionale Produkte gibt: "Gehen Sie doch mal in einen der Raiffeisen-Märkte", schlägt die Kadelburgerin vor.

Leinsamen sind genauso gesund wie Chiasamen, kosten aber viel weniger.
Leinsamen sind genauso gesund wie Chiasamen, kosten aber viel weniger. | Bild: Madeleine Steinbach