
Bei Fön der freie Blick bis zu den Alpen, kein Durchgangsverkehr und viel Grün rundherum – keine Sekunde haben es Wilhelm Meier und seine Frau bereut, 2008 ihr Haus in Tiengen in der viel befahrenen Klettgaustraße zugunsten einer Wohnung auf dem Mittleren Berg aufgegeben zu haben.
Der gebürtige Tiengener, Ex-Stadtmusiker und gelernter Kaufmann, war bis zu seinem Ruhestand 2003, 34 Jahre bei der Baugenossenschaft Förderungskreis Tiengen beschäftigt, heute Föfa. Von Berufs wegen hat Wilhelm Meier die Anfänge der Bebauung auf dem Mittleren Berg hautnah miterlebt.

Der Förderungskreis Tiengen hat dort Mitte der 1970er Jahre die ersten Grundtücke von der Stadt gekauft und rund ein Dutzend Häuser gebaut. In einem wohnen Wilhelm Meier und seine Frau. Es handelt sich dabei um ein Mehrfamilienhaus, laut Meier, das einzige auf dem Mittleren Berg. Einfamilienhäuser, teilweise sehr exklusive, prägen das Quartierbild. In ihnen wohnen auch recht viele Kinder.

Bei einem Spaziergang durch die Straßen kann Wilhelm Meier Plätze und Orte für Kinder zum Spielen und Toben zeigen. Es gibt einen Bolzplatz, einen Kinderspielplatz und mit dem „Schwalbennest“, sogar einen privat organisierten Kindergarten. Derzeit besuchen ihn 18 Kinder. Wenn Plätze frei sind, steht der Kindergarten auch auswärtigen Kindern offen.

Dass kein Lebensmittelgeschäft, nicht einmal eine kleine Bäckerei zu finden ist, es auch kein Café oder ein sonstiges Lokal gibt, nimmt Wilhelm Meier gelassen. Er glaubt auch nicht, dass andere dies vermissen. „Bofrost kommt, es gibt Essen auf Rädern, der Eulenhof liefert auf Bestellung und Getränke werden auf Wunsch bis in den Keller hinein getragen“, nennt er Versorgungs-Möglichkeiten frei Haus.
Grundsätzlich gilt: Auf dem Mittleren Berg wohnt man, der „Rest“ erfolgt anderswo. Ohne Auto bleibt einen nur ein Lieferservice, das Taxi und – sollte man meinen – der Bus. Der fährt aber nicht jeden Tag, sondern nur an Schultagen und zu Zeiten, in denen die Schüler es brauchen. Für Wilhelm Meier ist diese fehlende regelmäßige Busanbindung das einzige Manko, dass ihm zum Leben auf dem Mittleren Berg einfällt.
Im Sommer sind für ihn auch „Schusters Rappen“ eine Alternative zum Auto. Rund 20 Minuten braucht er in die „Unterstadt“, zurück zehn Minuten länger, was den Höhenmetern geschuldet ist. Rund 100 sind es nach seiner Aussage. Die gehen nicht nur in die Beine, sondern machen auch einen Unterscheid bei der Lufttemperatur.
„Es ist hier oben im Schnitt zwei Grad kühler als unten, es ist mehr Windbewegung, im Sommer ist das sehr angenehm“, erzählt Meier. Was aber auch heißt, dass im Winter die Straßenverhältnisse etwas „härter“ als unten sein können, aber ein Problem ist das laut Wilhelm Meier nicht: „Der Winterdienst der Stadt funktioniert sehr gut, um 4 oder 5 Uhr morgens ist immer alles geräumt und gestreut.“

Schöner als der Weg nach unten, ist das Spazierengehen in der Umgebung. Vom Mittleren Berg aus ist man schnell im Wald und kann die umliegenden Dörfer erwandern wie Breitenfeld. Keine Wanderung, sondern „nur“ ein Spaziergang ist es bis zum Vitibuckturm. Er liegt mitten im Wald und bietet auf seiner Plattform bei guter Sicht einen wunderbaren Rundumblick.

Wilhelm Meier liebt diese Runden, genau wie der Ex-Landrat Bernhard Wütz. Regelmäßig ist Wütz mit Nordic Walking Stöcken rund um den Mittleren Berg unterwegs.
Er genießt mit seiner Frau seit Ende 1980 das ruhige Leben in einem reinen Wohngebiet und die gute Nachbarschaft zu den angrenzenden Hausbewohnern. Dies seit 15 Jahren als Ruheständler. Dass es auch nachts ruhig ist, schätzt er besonders, weil dies nicht naturgegeben ist, sondern Resultat von Einsatz an vorderster Front.
„Ich profitiere jetzt selbst von meinen Anstrengungen als Landrat für die Nachtruhe beim Flugverkehr“, so Bernhard Wütz. Tagsüber hält er den Fluglärm für verkraftbar. Moderne Zeiten eben, die aber laut dem Ex-Landrat noch nicht überall auf dem Mittleren Berg Einzug gehalten haben.
Bei der Busanbindung stößt Bernhard Wütz ins gleiche Horn wie Wilhelm Meier. Vorsintflutlich nennt er es, dass Busse nur auf Schüler „zugeschnitten“ fahren. „Wir brauchen über kurz oder lang eine regelmäßige Busverbindung zu vernünftigen Zeiten, wenn die Leute merken wie gut es mit dem Bus geht, nützen sie ihn auch“, so Wütz.

Er steht übrigens ganz vorne auf der Liste von bekannten Persönlichkeiten, die öffentliche Positionen inne hatten und auf dem Mittleren Berg wohnen. Wie etwa Helmut Maier, Ex-Schulleiter der Realschule Tiengen, Ex-Bürgermeister Manfred Beck und der Ex-AOK-Chef Dietmar Wieland.
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