Von der Stadt Waldshut-Tiengen selbst gedruckte Ersatzknöllchen sind im April vor 20 Jahren hinter die Scheibenwischer von falsch geparkten Autos geklemmt worden. „Sehr geehrte Verkehrsteilnehmerin, sehr geehrter Verkehrsteilnehmer“, stand darauf zu lesen, „Sie haben eine Ordnungswidrigkeit begangen und werden hiermit verwarnt.“
Weshalb genau verwarnt wurde und wie hoch das Verwarnungsgeld war, stand nicht darauf. Dafür aber die Ankündigung, dass der Halter des Fahrzeugs „in den nächsten Tagen“ schriftlich über die Art der Ordnungswidrigkeit benachrichtigt werden würde.
Dabei sollte er dann auch erfahren, wie viel er an die Stadtkasse zahlen sollte. Und wer war schuld daran, dass Parksünder in Waldshut-Tiengen in den nächsten Wochen zunächst einmal rätseln durften, was genau sie falsch gemacht hatten und wie viel das Knöllchen kosten würde? Es war die Bundesverwaltung.
Auftragsboom in den Druckereien
Mit der Umstellung der Ordnungswidrigkeitstarife von D-Mark auf Euro hatte der Bund auch die „Tatbestandskennziffern“ zum 1. Januar 2002 von vier- auf sechsstellig geändert. Da alte und neue Ziffern nicht übereinstimmten, mussten die Städte und Gemeinden neue Strafzettel drucken lassen.
Doch das war für die Druckereien bundesweit ein zeitlich nicht zu bewältigender Auftrags-Boom. Und weil die alten Vordrucke aufgebraucht waren, musste die Stadt sich jetzt mit der auch in anderen Kommunen praktizierten Notlösung selbst gedruckter Strafzettel behelfen.
Noch nicht abzusehen war, wann die Druckerei die bestellten 15.000 neuen Knöllchen – die für fast zwei Jahre reichen sollten – liefern würde.
Manche wurden aber sofort informiert
Manche Falschparker erfuhren Grund und Kosten der Verwarnung dennoch sofort. Wenn der städtische Ordnungshüter bereits über einen der neuen tragbaren Rechner verfügte, in den er Autonummer, Verstoß, Ort, Höhe des Verwarnungsgeldes und Datum eingab, klebte er den Kontrollstreifen aus dem Rechner an das „Ersatzknöllchen“.
Zum Bezahlen mussten die Verkehrssünder allerdings auch den amtlichen Brief abwarten.