Ursula Freudig

„Kleine Beträge nehme ich auch und große erst recht“ – nach diesem Wahlspruch war am Samstag mehr als eine Stunde lang ein prominenter „Bettler“ in Tiengens Fußgängerzone unterwegs. Kein Geringerer als Oberbürgermeister Philipp Frank bat so um Spenden zur Aufbesserung der städtischen Finanzen.

Prominenter Bettler: Oberbürgermeister Philipp Frank sammelt gleich Geld für die Stadtkasse und erfüllt damit die Strafe des Tiengener ...
Prominenter Bettler: Oberbürgermeister Philipp Frank sammelt gleich Geld für die Stadtkasse und erfüllt damit die Strafe des Tiengener Narrengerichts. | Bild: Ursula Freudig

In einem notdürftig auf menschliche Maße zugeschnittenen Kartoffelsack – das Werk seiner Frau – schüttelte er eine große Sammelbüchse. Er zeigte dabei keine Zurückhaltung. Nicht nur Menschen auf der Straße haute der OB für städtische Großprojekte wie Schwimmbäder und Klettgau-Carree an, auch in den Geschäften und Cafés war niemand vor ihm sicher.

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Das Spektakel war ein närrischer Nachklang des Narrengerichts der Bürger- und Narrenzunft Tiengen. Es hatte an der vergangenen Fasnacht Oberbürgermeister Frank wegen unzählbarer Missetaten verurteilt.

Kein Entkommen: Selbst gemütlich in einem Tiengener Café sitzende Waldshuter wie Rudolf Straub hat der "Bettler" Philipp Frank ...
Kein Entkommen: Selbst gemütlich in einem Tiengener Café sitzende Waldshuter wie Rudolf Straub hat der "Bettler" Philipp Frank erfolgreich um eine Spende gebeten. | Bild: Ursula Freudig

Den ersten Teil der Strafe, das Füllen der Mägen von Henkern und Narrengericht, hat der Oberbürgermeister schon vor einiger Zeit erfüllt. Mit dem Bettelgang durch Tiengen hat er jetzt den zweiten Teil der Strafe auf sich genommen. Wie Narrenrichter Klaus-Dieter Ritz erinnerte, büßte er für „die Verschwendung öffentlicher Mittel versus privater Lebensführung nach dem Motto ‚Wasser predigen und Glühwein trinken’“. Eine größere Gruppe, vor allem Mitglieder der Zunft und seine Familie, begleiteten den „Bettler“ Philipp Frank auf seiner Tour.

OB Frank kann es kaum glauben: Der Geldbeutel von Oswald Behringer aus Breitenfeld ist tatsächlich leer.
OB Frank kann es kaum glauben: Der Geldbeutel von Oswald Behringer aus Breitenfeld ist tatsächlich leer. | Bild: Ursula Freudig
Der OB nimmt alles: Da der Breitenfelder Oswald Behringer kein Geld im Geldbeutel hatte, kam Philipp Frank die Kreditkarte gerade recht. ...
Der OB nimmt alles: Da der Breitenfelder Oswald Behringer kein Geld im Geldbeutel hatte, kam Philipp Frank die Kreditkarte gerade recht. Nur schade, dass der Schlitz zu klein war, links Edith Kieninger aus Tiengen. | Bild: Ursula Freudig

Der Bettelgang machte allen Beteiligten sichtlich Spaß, er begann mit Glühwein und endete mit Glühwein. Dazwischen füllte sich die Sammelbüchse des Oberbürgermeisters, bis sie schließlich mehr als ein Kilogramm wog. Mit Kraft und geeigneten Werkzeugen wurde sie beim Wagner aufgebrochen und die Summe von rund 200 Euro gezählt. Die Volksbank verdoppelte die Summe, sodass der Stadtsäckel jetzt um 400 Euro voller ist. Das Geld wird von der Stadt ganz regulär als Spende verbucht und kommt, auf Vorschlag von Oberbürgermeister Frank, der Jugend-arbeit in Waldshut-Tiengen zugute. Es wird nicht, wie auch vorgeschlagen wurde, für einen Quadratzentimeter „Edelstahlschwimmbecken“ verwendet.

Großer Missetäter: Vor dem Antritt seiner Strafe bekam Oberbürgermeister Philipp Frank (links) nochmals von Narrenrichter Klaus-Dieter ...
Großer Missetäter: Vor dem Antritt seiner Strafe bekam Oberbürgermeister Philipp Frank (links) nochmals von Narrenrichter Klaus-Dieter Ritz zu hören, für welches Verbrechen er zu büßen hat. | Bild: Ursula Freudig

Frank bekam viel Lob für seine kurzzeitige Betteltätigkeit. „Gut siehst du aus“, sagte ein Geschäftsmann, bevor er einen Schein in die Sammelbüchse steckte. Und da er seine Strafe so willig, engagiert und finanziell so erfolgreich auf sich genommen hatte, blieb auch der Wunsch nach Wiederholungen nicht aus. Jeden Samstag, hieß es, sollte der Oberbürgermeister zukünftig für die städtische Kasse betteln gehen und das nächste Mal in Waldshut.

Geldregen: Rund 200 Euro schüttet Klaus-Dieter Ritz aus der Spendenbüchse des Oberbürgermeisters, 200 Euro legt die Volksbank drauf.
Geldregen: Rund 200 Euro schüttet Klaus-Dieter Ritz aus der Spendenbüchse des Oberbürgermeisters, 200 Euro legt die Volksbank drauf. | Bild: Ursula Freudig